Todeswatt
Besprechung. Das kann dauern«, antwortete der Polizist, dem sie im Flur begegneten. Er kannte die beiden aus den früheren Ermittlungen. »Die Kollegen von der Kripo aus Flensburg sind da«, ergänzte er deshalb flüsternd.
Tom und Haie schauten sich fragend an. Und nun? Sollten sie warten?
»Am besten gehen Sie erst einmal Mittagessen«, riet ihnen der Beamte und lächelte. »Unser Vorgesetzter geht immer Punkt 13 Uhr zu Tisch. Das wird er sich auch anlässlich des Besuchs aus Flensburg nicht nehmen lassen.«
»Großen Hunger habe ich aber keinen«, bemerkte Tom, als sie wieder vor der Polizeistation standen. Da er spät aufgestanden war, hatte er erst vor zwei Stunden gefrühstückt. Gestern Abend hatte er zusammen mit Marlene bis tief in die Nacht in den Urlaubsprospekten geblättert und verschiedene Angebote studiert. Wohin die Hochzeitsreise gehen sollte, wussten sie zwar immer noch nicht, aber der Kreis der möglichen Ziele war deutlich eingegrenzt. Momentan standen die Malediven, Hawaii und Südafrika ganz oben auf der Liste. »Dann lass uns nur eben zum Bahnhof und ’ne Bratwurst essen.«
Sie fuhren die wenigen 100 Meter mit dem Wagen und parkten direkt vor dem Bahnhofsgebäude. Viel Betrieb war um diese Uhrzeit nicht in der Imbissbude, was sicherlich auch an der Jahreszeit lag. Noch waren kaum Touristen auf der Durchreise nach Westerland und die Hauptstoßzeiten des kleinen Bistros lagen hauptsächlich in den Morgen- und Abendstunden, in denen die Berufspendler den Bahnhof in hoher Anzahl frequentierten. Die beiden Freunde bestellten sich jeweils eine Currywurst mit Pommes und setzten sich an einen der Tische.
»Hast du dich denn inzwischen schlaugemacht, ob du trotz Beratungsauftrag eine Aussage gegen Sönke machen kannst?«
Tom schüttelte den Kopf. Er hatte nicht die Zeit dafür gefunden und es schien ihm momentan auch nicht wichtig. Wenn der Spediteur den Banker tatsächlich umgebracht hatte – und danach sah es momentan aus –, war die Schweigepflicht sicherlich nicht vorrangig. Außerdem sollte Haie die treibende Kraft bei dem Gespräch mit dem Kommissar sein. Er würde zunächst von seinen Ermittlungen im Dorf berichten und dann auf den Fuhrunternehmer zu sprechen kommen. So jedenfalls hatten sie es vereinbart.
»Aber wie willst du erklären, woher du die Infos hast?« Tom war sich darüber nicht im Klaren.
»Ach, da fällt mir bestimmt was ein. Kennst mich doch.« Haie hatte versucht, sich eine Geschichte zurechtzulegen. Er würde zunächst seine guten Kontakte im Dorf betonen. Davon hatte Thamsen ja bereits des Öfteren profitiert und vielleicht würde er deshalb auch gar nicht weiter nachhaken, woher er von dem Termin des Spediteurs mit dem Banker wusste. Darauf jedenfalls hoffte Haie, auch wenn er insgeheim wusste, dass Thamsen mit Sicherheit ganz genau würde wissen wollen, wie Haie an derartige Informationen kam. Nur was er ihm dann antworten sollte, das wusste er nicht. Der Kommissar würde ihm kaum glauben, wenn er sagte, Sönke Matthiesen hätte ihm persönlich davon erzählt. Um sich abzulenken, versuchte er, das Thema zu wechseln. »Du hast mir das ja neulich mit den Aktien erklärt. Aber verstanden habe ich es immer noch nicht so richtig.«
Tom war ebenfalls froh, das Thema wechseln zu können. So ganz wohl war ihm bei ihrem Vorhaben nicht. Immerhin bezichtigten sie einen Mann des Mordes und das, obwohl sie gar keine richtigen Beweise dafür hatten. »Und was genau ist dir unklar?«
»Ehrlich gesagt, beinahe alles.« Haie musste zugeben, sich bisher weder mit Aktien noch der Börse an sich jemals beschäftigt zu haben.
»Hm«, entgegnete Tom und überlegte, wo er am besten mit seinen Erklärungen ansetzte. »Im Prinzip ist es eigentlich recht einfach«, begann er nach einer kurzen Denkpause mit seinen Ausführungen. »Die Börse ist wie ein Marktplatz, wo Käufer und Verkäufer sich treffen. Wer eine Aktie kaufen oder verkaufen will, äußert diesen Wunsch meist gegenüber seiner Bank per Internet, Telefon, Fax oder persönlich am Schalter. Diese gibt dann die Order über einen Makler direkt an die Börse. Das nennt man in der Fachsprache auch Parkett«, erläuterte Tom fachmännisch. »Oder aber die Bank stellt den Auftrag in das elektronische Handelssystem ›Xetra‹ ein. Wenn ich zum Beispiel 100 Daimler-Aktien kaufen möchte und bereit bin, maximal 100 Euro pro Stück zu zahlen, dann bedeutet das im Börsenchinesisch den Kauf von 100 Daimler-Aktien mit Limit 100 Euro.
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