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Todeswatt

Todeswatt

Titel: Todeswatt Kostenlos Bücher Online Lesen
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stand nun im Badezimmer, um sich zu rasieren.
    »Es ist noch jede Menge Zeit«, rief er seiner Tochter zu. »Außerdem ist Timo nicht fertig.«
    »Stimmt nicht.« Sein Sohn steckte den Kopf durch die offene Badezimmertür. Seine Haare hatte er akkurat mit Gel zurechtgemacht und sein neues Hemd angezogen.
    Er wird langsam groß, dachte Thamsen, als er den
13-Jährigen so sah. Dabei erinnerte er sich noch wie gestern an den Tag seiner Geburt. Timo war damals so winzig gewesen und wenn er ihn heute betrachtete, schienen die Jahre nur vorbeigerast zu sein. Thamsen begutachtete sich im Spiegel und wischte die Reste des Rasierschaums aus dem Gesicht.
    »Ich mach ja schon«, gab er sich geschlagen, »aber verratet mir bitte, seit wann ihr so scharf darauf seid, mit alten Tanten zu Mittag zu essen.«
    Seine Mutter freute sich sehr über Annes Bild und auch sein Vater hatte ein wohlwollendes Nicken für die Zeichenkünste seiner Enkelin übrig. Zusätzlich hatte Dirk einen Gutschein der ortsansässigen Parfümerie besorgt. Er fand es immer wieder schwierig, ein passendes Geschenk zu finden; für solche Dinge hatte er kein besonders gutes Händchen. Man sollte das schenken, was man selbst gern geschenkt bekam, aber er war sich trotzdem nie sicher. Außerdem besitze sie bereits alles, behauptete seine Mutter stets.
    Im Wohnzimmer war der Rest der Familie feierlich versammelt. Seine Tante Margot, die Schwester seines Vaters, saß neben ihrem Mann auf dem Sofa und schlürfte aus einem der guten Kristallgläser Likör. Thamsen mochte sie nicht sonderlich. Ähnlich wie sein Vater war Margot mehr an sich selbst als an anderen interessiert. Außerdem hielt sie sich für etwas Besseres, was sie mit auffälliger Kleidung und schrillem Make-up zu betonen versuchte. Auch heute trug sie wieder ein extravagantes Kostüm und hatte reichlich Lidschatten aufgelegt; ihr kräftiger Lippenstift hinterließ am Rand ihres Glases einen unappetitlichen Abdruck. Der Bruder seiner Mutter und dessen Frau standen am Esstisch, daneben zwei Familien aus der Nachbarschaft, die mit seinen Eltern regelmäßig kegelten.
    Dirk machte artig die Runde und begrüßte jeden der Gäste mit Handschlag. Sein Onkel erkundigte sich sogleich nach dem neuesten Stand in dem Mordfall. Er hatte in der Zeitung darüber gelesen und war ganz wild darauf, Informationen aus erster Hand zu erhalten. Aber sein Vater verstand es wie immer, derartige Gespräche, in denen sein Sohn im Mittelpunkt stand, zu unterbinden.
    »Na, nun ist Wochenende und Dirk darf uns sowieso nichts erzählen. Außerdem sind wir ja zusammengekommen, um Magdas Geburtstag zu feiern. Lasst uns anstoßen!«
    Er hob sein Glas und nickte in die Runde. Seine Mutter beeilte sich, ihre Küchenschürze abzulegen und sich selbst einzuschenken. Aber ihr Mann hatte längst getrunken, ehe sie überhaupt die Gelegenheit hatte, den Gästen zuzuprosten.
    Anschließend verschwand sie sofort wieder in die Küche, während Hans Thamsen die Runde mit Anekdoten aus dem Kegelverein unterhielt.
    Dirk flüchtete unbemerkt zu seiner Mutter, die am Herd stand und eine Soße für den Braten anrührte. »Kann ich dir helfen?«
    Magda Thamsen, die ansonsten niemanden neben sich in der Küche duldete, nickte dankbar. Sie sah müde aus und er ärgerte sich, weil ihr Mann sie nicht unterstützte. Nicht einmal an ihrem Geburtstag. Unter Garantie hatte sie bereits gestern bis spät in die Nacht mit der Zubereitung des Essens zugebracht, während er gemütlich auf dem Sofa gesessen und seine Lieblingssendung angeschaut hatte. Er fragte sich immer wieder, wie sie es mit diesem Egoisten überhaupt aushielt.
    Sie nahm einen kleinen Löffel und schöpfte ein wenig Soße aus dem Bratentopf. »Probier mal. Fehlt noch was?« Er pustete kurz auf die dampfende Flüssigkeit, ehe seine Mutter ihm die Kostprobe – mit einer Hand unter dem Löffel, um ja nicht zu kleckern – in den Mund schob. Er schloss kurz die Augen und ließ die leicht sämige Masse auf der Zunge zergehen. Es schmeckte köstlich. Der würzige Bratensaft wurde hervorragend durch einen Hauch frischer Kräuter ergänzt.
    »Perfekt«, bewertete er die Soße und zerstreute damit Magda Thamsens Zweifel, es könnten noch Zutaten fehlen oder sie habe mit zu viel Salz und Pfeffer gearbeitet. »Komm, ich helfe dir auftragen!«
    Die anderen saßen mittlerweile an dem festlich gedeckten Tisch. Er stellte die Platte mit dem Braten in die Mitte und da Hans Thamsen keine Anstalten machte, die

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