Todeswatt
sagen wir mal, nicht ganz offiziellen Geschäften, die Herr Lorenzen abgewickelt hat, wissen wir bereits«, versuchte Thamsen, Haies Redestrom zu unterbrechen.
Der zog seine rechte Augenbraue hoch, bevor er den Kommissar fragte, ob ihm denn auch bekannt wäre, dass es unter den Geschädigten jemanden gäbe, der besonders tatverdächtig sei. Ein Lächeln umspielte dabei Haies Mund. Er war sich sicher, über exklusive Informationen zu verfügen. Tom signalisierte ihm, sich etwas bedeckter zu halten, indem er leicht seinen Arm berührte. Doch schon sprudelten die Sätze nur so aus dem Freund heraus. Sie hätten Informationen, denen zufolge Sönke Matthiesen von dem Banker in den Ruin getrieben worden war. »Sein letztes Geld hat er diesem Gauner gegeben, und nun? Der Spediteur muss Insolvenz anmelden. Alles, wofür er ein Leben lang geschuftet hat – futsch. Also, wenn das kein Motiv für einen Mord ist, dann weiß ich auch nicht.« Und es kam noch besser: »Am Montag hat Matthiesen einen Termin mit Arne Lorenzen gehabt. Haben Sie herausgefunden, wann der Berater das letzte Mal lebend gesehen worden ist? Wenn Sie mich fragen, mit Sicherheit nicht mehr nach diesem Termin.«
Thamsen, der zunächst nur ruhig den Ausführungen gefolgt war, hatte mittlerweile nach einem Kugelschreiber gegriffen und sich Notizen gemacht. »Und woher haben Sie Ihre Informationen?«
Haie rutschte auf seinem Stuhl hin und her.
»Ja, also, hm«, stammelte er. Da war sie, die Frage, für die er keine passende Antwort parat hatte. Er kannte Sönke Matthiesen lediglich vom Sehen. Näher bekannt waren die beiden nicht, was vielleicht auch am Altersunterschied lag. Der Fuhrunternehmer war gerade Anfang 40, während Haie auf die 60 zuging. Eine gemeinsame Schulzeit konnte er also kaum als Grund einer Bekanntschaft zwischen ihnen angeben, denn als der Spediteur eingeschult wurde, hatte Haie seinen Abschluss in der Tasche gehabt. Wie also sollte er dem Kommissar glaubhaft erklären, woher er von der Pleite wusste? Und dem Termin?
»Ich berate Herrn Matthiesen seit ein paar Tagen«, rettete Tom die Situation und Haie atmete erleichtert auf. Doch bereits im nächsten Augenblick wurde ihm bewusst, in welch heikle Lage er den Freund gebracht hatte. Tom durfte eigentlich nicht über Details seiner Auftraggeber sprechen, trotzdem fuhr er fort. »Herr Matthiesen befand sich zwar schon vor dem Börsencrash in finanziellen Schwierigkeiten, aber wie er mir erzählte, hat der Bankberater ihn geradezu zu einem Aktienkauf gedrängt. Und das, obwohl dem Banker die prekäre Situation der Firma bekannt gewesen sein musste.«
»Ja, und dieser Termin. Was hat es damit auf sich?« Thamsen war neugierig geworden. Scheinbar verfügten die beiden über relevante Informationen.
»Stand in seinem Kalender«, übernahm nun Haie wieder das Gespräch. Das sei doch merkwürdig, oder?
»In der Tat«, musste der Kommissar dem Hausmeister beipflichten. Laut Obduktionsbericht hatte die Leiche des toten Bankers nicht lange im Wasser getrieben. Das bestätigte auch seinen Eindruck, den er durch die Bilder des Toten gewonnen hatte. Wenn der Spediteur sich also am Montag mit Arne Lorenzen getroffen hatte, könnte er als möglicher Täter in Betracht kommen. Was aber, wenn er gar nicht zu diesem Termin erschienen war? Vielleicht war der Banker bereits tot gewesen.
»Was hat denn Sönke Matthiesen gesagt, wie die Verabredung gelaufen ist? Was hat er überhaupt von dem Berater gewollt?«
Tom und Haie zuckten mit den Schultern. »Wir wollten zunächst mit Ihnen sprechen, bevor wir uns da weiter einmischen«, äußerte Haie. »Schließlich handelt es sich hier um Mord. Das fällt in den Zuständigkeitsbereich der Polizei.«
Thamsen zog seine rechte Augenbraue leicht hoch. So zurückhaltend kannte er die beiden Hobbydetektive gar nicht. Sie verfolgten doch sonst jede Spur auf eigene Faust. Scheinbar waren sie bei ihren Ermittlungen nicht weitergekommen.
»Aber auf den Termin haben Sie ihn schon angesprochen«, mutmaßte er daher.
»Nicht direkt«, lenkte Tom nun ein und erzählte, wie er am Samstag das Gespräch zwischen Sönke und Inken Matthiesen mitbekommen hatte. »Rein zufällig«, betonte er.
»Ja, und als Tom ihn auf seinen Kalender angesprochen hat, ist er total aggressiv geworden.« Haie konnte sich nicht mehr zurückhalten. Seiner Meinung nach hatte Sönke Matthiesen etwas mit dem Mord zu tun. Warum sonst verhielt er sich so auffällig? »Das sagt doch schon alles«,
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