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Todeswatt

Todeswatt

Titel: Todeswatt Kostenlos Bücher Online Lesen
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in die Tat umsetzen. Das jedenfalls war Thamsens Vermutung, denn nie zuvor hatte er sich mit Rudolf Lange privat getroffen.
    Wider Erwarten wurde es ein sehr netter Abend. Nach einigen Bieren hatte sein Vorgesetzter sich sogar dazu hinreißen lassen, über die Flensburger Kollegen zu lästern. »Der eine geht immer, als hätte er einen Stock verschluckt«, hatte er gegluckst und den anderen Beamten als Breitmaulfrosch bezeichnet. »Sag mal Konfitüre.« Rudolf Lange hatte sich kaum mehr eingekriegt vor Lachen, als er seine Lippen mit der Hand zusammen geschoben hatte und ein ›Marmelade‹ herauspresste.
    Es mussten unglaublich viele Gläser Bier gewesen sein. Dazu hatte der Wirt jede Menge Ouzo spendiert. Sie waren die letzten Gäste und hatten das Lokal weit nach Mitternacht verlassen.
    »Papa, aufstehen.« Anne stand in der Schlafzimmertür. Ihre helle, klare Kinderstimme klang in seinem Kopf schrill. Er stöhnte, ehe er die Beine über die Bettkante schwang und sich endlich aufrappelte.
    Zum Frühstück machte er den beiden Cornflakes. Das ging schnell. Außerdem war sowieso kein Brot da, weil er es wieder einmal verschwitzt hatte, einzukaufen.
    Während Timo und Anne knuspernd über ihren Müslischalen saßen, ging er ins Bad und stellte sich unter die Dusche. Wie sollte er den heutigen Tag nur überstehen? Sein Kopf dröhnte und sämtliche Knochen schmerzten. Das warme Wasser half kaum, daher drehte er kurz den Kaltwasserhahn auf, ehe er prustend aus der Duschkabine sprang.
    Er konnte nicht sagen, wie er es schaffte, sich anzuziehen, die Kinder ins Auto zu verfrachten und pünktlich an der jeweiligen Schule abzuliefern, aber schließlich befand er sich auf der B 5 Richtung Süden und spürte langsam das Leben in seinen matten Körper zurückkehren. Im Radio spielten sie Bruce Springsteen und er summte leise mit.
    Der Tipp der drei Freunde hatte ihn nicht weitergebracht. Das Gespräch mit dem Spediteur und seiner Frau war zwar seltsam verlaufen und ohne es erklären zu können, hatte er den Eindruck gewonnen, die beiden hätten etwas zu verbergen. Aber was sollte er tun? Es bestand kein konkreter Verdacht und ohne den konnte er keine offiziellen Schritte einleiten. Er hatte lediglich Björn Funke auf Pellworm angerufen. Er solle sich ein bisschen umhören. Vielleicht kannte jemand den Fuhrunternehmer aus Risum-Lindholm oder hatte ihn in den vergangenen Tagen auf der Insel gesehen.
    Jedenfalls musste er sich nun wieder den weiteren Hinweisen widmen. Das Gespräch mit dem Kollegen von Arne Lorenzen, das er wegen der Unterhaltung mit Tom und Haie verschieben musste, stand immer noch aus. Mittner hatte laut Angaben von Herrn Boltwig, dem Chef der Vermittlertruppe, ein kleines Büro in Friedrichstadt.
    Das Holländerstädtchen lag direkt an Eider und Treene und war berühmt für seine Grachten und den guten Fisch, der hier vor allem während der legendären Matjeswochen serviert wurde. Der Original Matjes wird aus Heringen hergestellt, die noch nicht geschlechtsreif sind, und kann deshalb nur von Ende Mai bis Ende Juni gefangen werden. In   drei bis vier Wochen reift er in Salzlake zu einem delikaten Geschmackserlebnis heran.
    Thamsen fuhr durch die engen Gässchen und hielt an der angegebenen Anschrift. Auf den ersten Blick wirkte das alte Haus aus der Gründerzeit prachtvoll und imposant, doch bereits beim zweiten Hinsehen fielen ihm die großflächigen Stellen abgeblätterter Farbe und die undicht wirkenden Holzfenster auf. Und auch die Messingschilder, auf denen die Namen der Bewohner des Hauses neben der jeweiligen Klingel vermerkt waren, hatten einst glanzvollere Zeiten gesehen.
    »Mittner«, murmelte Thamsen, nachdem er gefunden hatte, wonach er suchte. Er drückte den kleinen schwarzen Knopf.
    Das Summen des Türöffners, ein leises Schnarren mit Unterbrechungen, passte vollkommen zum Gesamteindruck des Hauses. Thamsen warf sich mit Wucht gegen die Tür und betrat den muffigen Hausflur. Seine Augen benötigten einen kurzen Moment, ehe sie sich an die düsteren Lichtverhältnisse im Eingangsbereich gewöhnt hatten. Als sich endlich klare Konturen vor ihm abzeichneten, zuckte er erschrocken zurück. Aus der Parterrewohnung streckte sich ihm ein Kopf entgegen.
    »Moin«, grüßte er den verschlafen aussehenden Mann, der in T-Shirt und Jogginghose vor ihm stand. Dieser erwiderte brummelnd seinen Gruß.
    Kein Wunder, wenn seine Verkaufszahlen Lichtjahre hinter den Ergebnissen von Arne Lorenzen zurücklagen,

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