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Todeswatt

Todeswatt

Titel: Todeswatt Kostenlos Bücher Online Lesen
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zu machen, malte er eine Art Schaubild auf das weiße Blatt Papier. In die Mitte schrieb er Arne Lorenzens Namen, um den er einen Kreis formte. Anschließend zeichnete er mehrere Striche von diesem Kringel in verschiedene Richtungen und versah manche Enden mit den Namen möglicher Verdächtiger: Matthiesen, Boltwig, Bendixen, Mittner. An andere wiederum zeichnete er lediglich ein Fragezeichen. Unter Umständen würde sich unter den Geldanlegern der eine oder andere Tatverdächtige finden, um dessen Namen er das Schaubild später ergänzen konnte.
    Schweigend betrachtete er das wirre Diagramm, aber eine Lösung konnte er daraus nicht ableiten. Den Mann, der eigentlich über ein handfestes Motiv verfügte, hielt er mittlerweile nicht mehr für den Täter. Und Jens Bendixen? Eine simple Verwechslung erschien Thamsen zu profan. Warum sollte er den Leichenfund melden, wenn er selbst der Mörder war? Hätte er nicht vielmehr alles getan, um das Verbrechen zu vertuschen? Oder hatte er geglaubt, es mache ihn am wenigsten verdächtig, wenn er die Polizei zu dem Toten führte? Thamsen seufzte leise. Das Geflecht der möglichen Täter schien undurchdringlich.
    Und das Motiv? War es wirklich wegen der Geldverluste? Oder gab es einen anderen Grund, warum jemand den Banker umgebracht hatte? Gut, Rache war immer ein starkes Motiv, aber trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, es könne in diesem Fall auch etwas anderes dahinterstecken. Ich sollte mich noch einmal stärker mit der Persönlichkeit des toten Beraters auseinandersetzen, dachte Thamsen.
    Er legte das Bild zur Seite, nahm seine Jacke, die an einem schlichten Nagel neben der Tür hing, und verließ das Polizeirevier. Auf dem Weg zur Wohnung des Opfers machte sich in ihm die Hoffnung breit, die Kollegen von der Spurensicherung könnten etwas übersehen haben. So unwahrscheinlich schätzte er diese Möglichkeit gar nicht ein. Immerhin hatten die Kollegen nach dem Fund der Anlegerakten hauptsächlich nach Hinweisen in Bezug auf geprellte Kunden gesucht. Was nahe lag, denn zu dem Zeitpunkt waren sie davon ausgegangen, der Banker sei Opfer eines Racheaktes von einem der geschädigten Geldanleger geworden.
    Thamsen parkte seinen Wagen in der Einfahrt vor dem Einfamilienhaus und stieg aus. Ein kleiner Weg führte direkt   zur Eingangstür. Er ließ seinen Blick über die angrenzenden Häuser schweifen und bemerkte, wie sich am Fenster des Nachbarhauses eine Gardine bewegte.
    »Hallo?« Mit fuchtelnden Armen, um auf sich aufmerksam zu machen, überquerte er den Rasen. Der Vorhang hing nun regungslos vor der Scheibe. Da muss doch jemand sein, dachte er, als er das geschlossene Fenster betrachtete. Der Wind war das jedenfalls nicht.
    Er stieg über eine niedrige Buchsbaumhecke, die als Grenze zwischen den beiden Grundstücken diente. Mit den Händen schirmte er sein Gesicht ab, um eine bessere Sicht durch die Scheibe zu haben. Hinter der gewebten Gardine konnte er eine Gestalt ausmachen. Energisch klopfte er gegen das Fenster.
    »Hallo, aufmachen, Polizei.«
    Zwischen den Vorhängen erschien urplötzlich das grinsende Gesicht einer älteren Dame. Thamsen tat vor Schreck einen Schritt rückwärts und wäre beinahe über einen Holzschuh gefallen, der herrenlos im Garten herumlag. Mit solch einer abrupten Konfrontation hatte er nicht gerechnet.
    »Machen Sie auf«, forderte er die Frau auf, nachdem er sich gefangen hatte.
    Aber die Bewohnerin des Hauses sah sich in keinerlei Weise veranlasst, seiner Anordnung zu folgen. Stattdessen streckte sie ihm die Zunge raus. Thamsen traute seinen Augen kaum. Erneut schlug er mit der Hand gegen die Scheibe. Doch das schien der Oma erst richtig einzuheizen. Sie zeigte ihm eine lange Nase und schob das Gesicht mit ihren Händen zu einer einzigen Falte zusammen.
    Er war schockiert, wusste nicht, wie er reagieren sollte. Was die Alte dort veranstaltete, grenzte ganz klar an Beamtenbeleidigung. Jetzt drehte sie sich sogar um, schwang ihren Rock hoch, streifte ihre Unterhose herunter und zeigte ihm ihren nackten Hintern.
    »Oh Gott, oh Gott«, hörte Thamsen plötzlich hinter sich eine Stimme, als er auf den bleichen Po starrte. Eine schmale Gestalt huschte zum Eingang und schloss behände die Haustür auf. Gleich darauf war die Person verschwunden.
    Nur ein paar Sekunden später wurde die ältere Dame vom Fenster gezerrt und die Vorhänge schwungvoll zugezogen.
    »Sie müssen entschuldigen.« Eine junge Frau mit hochrotem Kopf trat aus dem Haus.

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