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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W. Upfield
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während an dem anderen Ende ein kleiner, spitzer Knochen und zwei Adlerklauen hingen. Während Wandin die Beschwörung noch einmal wiederholte, preßte Nero die Spitzen der Knochen und der Adlerklauen in die Gummikugel, so daß der Fluch auf das Opfer übertragen wurde.
    Nero reichte die Adlerklauen und den kleinen Knochen Wandin, während er selbst die fünf Knochen in die Hand nahm. Mit dem Gesicht zu dem schlafenden Bony kniete er nieder, Wandin nahm hinter ihm die gleiche Stellung ein. Beide Männer waren jetzt durch die Schnur aus Menschenhaar verbunden, sie richteten Knochen und Klauen auf Bony und wiederholten feierlich den Fluch.
    Eine volle Viertelstunde währte die Beschwörung, dann schob Nero das Deutebein in den Brustbeutel und reichte Wandin würdevoll den Ball aus Gummisaft, in den die Zigarettenstummel eingebettet waren.
    Wandin erhob sich und schlich in einem weiten Bogen zur Rückseite der Hütte. Ein lautloser, schwarzer Schatten huschte an der Wand entlang, erreichte die Veranda, glitt dicht zu dem schlafenden Bony und legte die Gummikugel wenige Zentimeter neben dessen Kopf.
    Völlig lautlos, wie bei seiner Ankunft, huschte der Schatten wieder davon.
     
     
     
    14
     
    Es war der dritte Freitag im Monat, und der alte Lacy saß wie üblich in dem kleinen Amtshaus von Opal Town und hielt Gericht. Es war ein heißer Frühsommertag, kein Lüftchen regte sich. Die Vögel dösten in den Blutgummibäumen, die den Bach von Karwir säumten, und rissen ihre Schnäbel auf. Den ganzen Vormittag hatte von der Schmiede herüber der Amboß geklungen, doch nun verstummte das Geräusch, denn der Koch schlug auf den eisernen Triangel und rief die Leute zum Mittagessen. Diana Lacy saß auf der Veranda und gab sich den Anschein zu lesen. Tiefe Stille herrschte, nur gelegentlich brummte eine Schmeißfliege vorbei.
    Der Mittagstisch war ebenfalls auf der Veranda gedeckt, für zwei Personen. Im Haus war der Gong bereits vor einigen Minuten ertönt, und die schlanken Finger des Mädchens trommelten ungeduldig auf der Armlehne des Sessels. Äußerlich schien sie ruhig und beherrscht wie immer, und doch spürte sie eine leichte Erregung, während sie auf den Tischgast wartete.
    Als sich die Tür am Ende der Veranda öffnete, hörte das nervöse Trommeln ihrer Finger sofort auf. Ihre blauen Augen mit der violett schimmernden Iris starrten auf das Buch und blickten erst auf, als Bony dicht vor ihr stand.
    »Ich hoffe, ich habe mich nicht zu sehr verspätet, Miss Lacy«, sagte der Inspektor. »Es war so herrlich unter der Dusche, daß ich kaum aufhören konnte.«
    Desinteressiert musterte sie ihn: den Anzug aus Tussahseide, die weißen Tennisschuhe, die gepflegte Erscheinung. Offensichtlich waren ihre Gedanken noch ganz mit dem beschäftigt, was sie gerade gelesen hatte.
    »Ach, das macht doch nichts, Mr. Bonaparte«, erwiderte sie. »Bei dieser Hitze nehmen wir sowieso nur einen kalten Lunch. Mein Vater und mein Bruder sind in Opal Town, Sie müssen sich also mit meiner Gesellschaft begnügen. Wollen wir Platz nehmen?«
    »Gern.«
    Bony rückte dem Mädchen einen Stuhl zurecht, dann nahm er ihr gegenüber am Tisch Platz. Dabei schob er die Blumenvase etwas zur Seite.
    »Ich traf heute morgen Ihren Vater und Ihren Bruder, als sie nach Opal Town fuhren«, meinte er. »Anscheinend zieht Ihr Vater das Auto dem Flugzeug vor. Wenn ich mich nicht täusche, bereitet ihm die Richtertätigkeit große Freude?«
    »Ja. Er fühlt sich gern als Diktator. Ich habe ihn oft im Gerichtssaal beobachtet. Prinzipiell wird jeder zur Zahlung von zwei Pfund plus Kosten verurteilt, und wenn jemand Einwände erheben will, wird er niedergebrüllt. Aber ich nehme an, daß Sie selbst am besten wissen, wie sich ein Diktator aufführt.«
    »Ich, ein Diktator? Aber Miss Lacy, ich bin selbst ein Opfer mehrerer Diktatoren. Da ist Colonel Spender, dann meine Frau und die Kinder –«
    »Und was ist mit Ihren Opfern? Betrachten die Sie nicht als einen Diktator?«
    Bony lächelte. »Vielleicht als rächende Nemesis, aber nicht als Diktator. Aber auch erst, nachdem ich sie festgenommen habe. Zuvor halten sie sich für die Diktatoren, die mich nach ihrer Pfeife tanzen lassen. Zum Schluß sind sie baß erstaunt, wenn sie merken, daß sie doch den kürzeren gezogen haben.«
    Einige Minuten wurde schweigend gegessen, dann legte Diana ihr Besteck ab und runzelte die Stirn.
    »Wissen Sie, Sie sind ein Rätsel für mich«, sagte sie. »Sie haben behauptet, bisher

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