Todeszauber
dem Schluß gekommen, daß gerade dieser Teil des Grünen Sumpfes für meine Ermittlungen von größter Wichtigkeit ist. Würde ich nun jeden Tag zum Herrenhaus reiten, ginge mir zuviel Zeit verloren.«
»Aber sicher wird Ihnen mein Vater helfen«, versicherte der junge Lacy. »Ich bin deshalb schon heute morgen gekommen, weil ich heute nachmittag mit dem Lastwagen in die Stadt fahren muß, um Farbe und andere Dinge zu besorgen. Auf der Hinfahrt kann ich Ihnen gleich alles mitbringen, was Sie benötigen. Haben Sie nicht auch einige persönliche Wünsche?«
»Blake kommt heute abend heraus, er kann mir ja die Sachen mitbringen, die ich brauche. Ich schreibe alles auf, und Sie nehmen ihm die Liste mit. Könnten Sie vielleicht einen kleinen Wasserbehälter mitbringen? Sehen Sie, wenn ich nun sowieso ein Lager aufschlagen muß, dann werde ich mich da unten am Fuß der Dünen einrichten, wo der Nordzaun die Channels erreicht. Wenn Sie –«
»Natürlich! Ich bringe Ihnen die Campingausrüstung zu der Stelle, an der Sie es haben möchten. Den Tank fülle ich hier mit Wasser und stelle ihn dann bei Ihrem Lager ab.«
Zum ersten Male glitt an diesem Tag ein Lächeln über Bonys Gesicht.
»Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Hilfsbereitschaft«, sagte er. »Jetzt fühle ich mich schon bedeutend besser. Ich habe eine fürchterliche Nacht hinter mir. Eine kleine Attacke von Rückfallfieber. Vielleicht können Sie mir Aspirintabletten und eine Flasche Chlorodyne mitbringen. Ich kann mir jetzt nicht erlauben, krank zu werden. Übrigens, wie lange geht Ihre Schwester nun schon mit John Gordon?«
»Ein Jahr ungefähr. John ist ein anständiger Kerl – aber wieso wissen Sie darüber Bescheid?«
»Ich habe es erraten«, erwiderte Bony ausweichend.
»Hm. Aber erwähnen Sie bitte nichts dem alten Herrn gegenüber, ja? Er träumt von einer guten Partie für Diana, und John ist im Verhältnis zu uns relativ arm. Vater möchte Diana mit einem Herzog verheiraten, wobei mir allerdings schleierhaft ist, wie sie hier auf Karwir einen Herzog kennenlernen soll. Und nachdem Mutter tot ist, wäre der alte Herr ohne Diana ziemlich hilflos. Aus all diesen Gründen möchten Diana und John die Angelegenheit noch ein paar Jahre geheimhalten.«
»Verstehe«, murmelte Bony. »Genau so habe ich es mir gedacht. Wenn aber nun Ihr Vater mit dieser Verbindung einverstanden wäre, würden die beiden dann heiraten?«
Der junge Mann fuhr sich mit seinen braunen Fingern durch das zerzauste Haar und blickte Bony offen an.
»Ich weiß nicht recht, was ich darauf antworten soll. Wenn sie heiraten, würde das natürlich bedeuten, daß Diana drüben auf Mena lebt. Sie würde aber Vater bestimmt nicht im Stich lassen wollen. Ich werde Karwir einmal erben, John kann also nicht gut hier auf Karwir leben. Außerdem wäre auch noch seine Mutter da.«
»Hm, ich verstehe die Situation durchaus. Aber es wird schon alles gut werden. Die ganze Angelegenheit geht mich ja eigentlich nichts an – vergessen Sie also, daß ich überhaupt davon gesprochen habe.«
»Ach, schon gut. Aber nun muß ich mich auf den Heimweg machen. Ihre Campingausrüstung werde ich gleich zusammenpacken. Gegen drei Uhr bin ich dann hier.«
Bony begleitete den jungen Mann zum Flugzeug, das sich wenige Minuten später vom Boden hob und Kurs auf das Herrenhaus nahm. Als er zum Lagerfeuer zurückkehrte, fühlte er sich wieder deprimiert. Mindestens fünf Stunden würden vergehen, bevor der Lastwagen kam. Er hockte sich an das Feuer, schob Äste nach und versank in tiefes Grübeln. Seine Krankheit konnte keine Medizin heilen. Ein Hypnotiseur vielleicht, aber dazu müßte er seinen Posten verlassen, müßte in die Großstadt zurückfahren.
Man hat das Deutebein auf mich gerichtet! Dieser Gedanke ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Ich bin zum Tode verurteilt! Immer tiefer bohrte sich diese Idee in sein Unterbewußtsein, und es war kein Wunder, daß seine Nerven und Muskeln zu rebellieren begannen. Bony fühlte sich zerschlagen, elend – wie ein Mensch, den eine Grippe in den Gliedern steckt. Aber der Wille zum Leben, dir Wille, seine Pflicht zu erfüllen, war stark, und alles in ihm lehnte sich auf gegen die unausweichlichen Folgen, die der tödliche Zauber mit sich brachte.
Bony sprang auf, als habe er plötzlich eine Todesotter entdeck. Sein Gesicht war verzerrt, und er hob drohend die Fauste in Richtung Meena.
»Tötet mich doch!« schrie er. »Aber ihr werdet es heute nicht schaffen und
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