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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W. Upfield
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Minuten später hatte er eine weitere Einkerbung entdeckt. Sie befand sich einen Meter sechzig über dem Boden an der Rückseite des Stammes. Bony seufzte zufrieden, dann wandte er sich an die beiden Hunde.
    »Wir machen Fortschritte, meine zwei vierbeinigen Freunde. Ich habe nun einen weiteren Beweis für meine Theorie, daß Anderson umgebracht worden ist. Vermutlich befand sich hier auf dem Gebiet von Meena ein Trupp Eingeborener. Die Schwarzen sahen, wie Anderson jenseits des Zaunes von den Dünen herabgeritten kam, und stießen wohl Schmähungen gegen den Verhaßten aus. Anderson geriet in Wut, sprang aus dem Sattel und band sein Pferd drüben an einen Zaunpfahl. Dann setzte er über den Zaun und ging auf die Schwarzen los, um sie auszupeitschen. Es gab eine wüste Prügelei, in deren Verlauf Anderson bewußtlos geschlagen wurde. Man zerrte ihn zu diesem Baum. Einer der Eingeborenen ging zum Pferd und holte einen Steigbügelriemen. Diesen Riemen legte man dem Mann um den Hals, schnallte ihn auf der Rückseite des Stammes zusammen. Auf diese Weise war Anderson völlig hilflos, konnte auch mit seinen Händen den Riemen nicht lösen. Die Einkerbung befindet sich in einer Höhe von einem Meter sechzig. Anderson war einsachtzig groß, war aber mit den Knien leicht durchgesackt. Als er wieder zu sich kam, sah er sich von Schwarzen umringt. Einer von ihnen hielt seine Peitsche in der Hand, führte zunächst einen Probeschlag aus, um die Länge der Lederschnur festzustellen. Knapp über Andersons Kopf traf der grüne Schnalzer den Stamm. Nun begann die Auspeitschung, die erst wieder aufhörte, als der Mann erneut die Besinnung verlor. Er sackte zusammen und strangulierte sich an dem Riemen. Ja, so dürfte es gewesen sein, meine Freunde. Eine böse Geschichte! Und nun wollen wir uns den Baumstamm noch einmal ansehen. Es könnte ja sein, daß sich an der rauhen Rinde noch etwas verfangen hat.«
    Eine volle Stunde lang suchte Bony, am Boden beginnend, noch einmal den Stamm ab. Eine steile Falte erschien auf seiner Stirn, und als er vor der Markierung stand, die er mit dem Daumennagel angebracht hatte, beugte er sich bis dicht an den Stamm. Nur wenn es von dem sanften Wind bewegt wurde, war das Haar zu erkennen.
    »Damit wären wir also noch einen Schritt weiter!« rief Bony erregt, und die beiden Hunde sprangen kläffend an ihm hoch. »Nun besitzen wir ein Haar des Mannes, der an diesen Baum gefesselt war. Ein hellbraunes Haar, ungefähr fünf Zentimeter lang. Anderson hatte hellbraunes Haar. Ein Glück, daß die Mulgabäume eine harte und rauhe Rinde haben. So, ihr schwarzen Teufel – jetzt hütet euch!«
    Bony verstaute das Haar sorgfältig zwischen Zigarettenpapier, das er in einen Umschlag schob, den er mit ›Beweisstück 3‹ beschriftete.
    »Nun wissen wir, daß Anderson an diesem Baum geschnallt und ausgepeitscht wurde – genau, wie er es seinerzeit mit Inky Boy gemacht hatte«, murmelte Bony. »Er hing also leblos am Steigbügelriemen. Und was geschah dann? Die Schwarzen mußten die Leiche beseitigen. Sie hatten wohl beobachtet, daß John Gordon eine Schafherde von den Channels wegtrieb. Trotzdem mußten sie damit rechnen, daß er zurückkehrte, um nach weiteren Schafen zu suchen. Aus diesem Grunde werden sie den Toten nicht wegtransportiert haben. Es bleiben also zwei Möglichkeiten. Entweder haben sie hier in dem weichen Boden mit Stöcken eine Grube ausgehoben, oder sie haben die Leiche bis zum Fuß der Dünen gebracht und am Osthang begraben, weil sie genau wissen, daß die Westwinde die Dünen in östlicher Richtung wandern lassen. Da wartet also eine Menge Arbeit auf mich.«
    Zwei Stunden lang hatte Bony völlig vergessen, daß man das Deutebein auf ihn gerichtet hatte. Nun pfiff er die Hunde heran, kletterte über den Zaun zurück und brühte den Tee auf. Er befand sich in gehobener Stimmung, denn nun bestand begründete Aussicht, daß er seine Ermittlungen abgeschlossen hatte, bevor er ernstlich krank werden konnte. Er besaß nun schon so viele Mosaiksteinchen, daß er das Bild einigermaßen klar erkennen konnte.
    Als Sergeant Blake um sechs Uhr den Treffpunkt am Grenzzaun erreichte, hatte Bony gerade Tee aufgebrüht. Die Stute und die Hunde hatte er angebunden. Bonys Augen leuchteten, doch seine Wangen waren ein wenig eingefallen, und die Lippen bildeten dünne Striche.
    »Wie geht's?« fragte der Sergeant.
    »Heute morgen hatte ich wieder einen Anfall«, antwortete Bony. »Immerhin konnte ich zu Mittag

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