Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
sie auf einen gemütlichen Abend gehofft hatte, schluckte sie ihre Verärgerung hinunter. Sie sahen sich selten genug, da musste sie nicht auch noch einen Streit wegen ihrer Katze vom Zaun brechen. Immerhin hatte sie schon seine Hoffnung auf ein erotisches Tête-à-Tête im Keim erstickt.
Es war ohnehin ein Wunder, dass Kai es so lange mit ihr ausgehalten hatte. Ihre Beziehung war bereits in den Anfängen ins Stocken geraten, da Jennifer wegen der Mordserie seit Januar kaum noch Zeit für ihn hatte.
Sie schob diese Gedanken weit von sich. Wieder einmal. Solange ihr aktueller Fall sie derart einspannte, konnte sie an der Situation ohnehin nichts ändern.
Sie schlenderte in die Küche und pflückte die Bestellzetteln der örtlichen Lieferdienste von der Pinnwand. Kai folgte ihr und lehnte sich an die Anrichte neben dem Kühlschrank.
»Willst du auch was vom Italiener?«, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe schon gegessen.«
Während sie den Anruf beim Italiener tätigte, der ihr hoffentlich innerhalb der nächsten halben Stunde Salat und Pizza ins Haus liefern würde, öffnete Kai den Kühlschrank und musterte kritisch den Inhalt.
Als sie auflegte, meinte er: »Irgendwann solltest du auch mal wieder selbst was kochen. Ist gesünder als das ganze Fast Food.« Kai war nicht nur begeisterter Sportler, sondern achtete auch auf eine ausgewogene Ernährung. Glücklicherweise hielt er sich mit Kritik an ihren Essgewohnheiten meistens zurück.
Jennifer ignorierte seinen Einwurf aber nicht nur deshalb. Bisher hatte sich noch keine Gelegenheit ergeben, ihm die Wahrheit zu sagen, nämlich dass ihre große und modern eingerichtete Küche eine einzige Lüge war. Jennifer konnte weder kochen noch backen. Jeder entsprechende Versuch endete in einem Desaster, und sie hatte vor ihrer Unfähigkeit längst die Waffen gestreckt.
Stattdessen zog sie ihn in eine sanfte Umarmung. »Was hältst du von einem ruhigen Abend vorm Fernseher?«
»Mir schwebte eigentlich etwas anderes vor.« Mit einem Grinsen drückte er sie noch fester an sich. Kai gab nie einfach auf.
Jennifer schüttelte den Kopf. »Sorry, ich kann nicht … «
Sofort lockerte sich sein Griff. Er stieß ein Seufzen aus, dann ließ er sie endgültig los. »Verdammt. Du verbannst mich also schon wieder von der Bettkante.«
Jennifer spürte Wut in sich aufsteigen, schluckte sie jedoch erneut herunter. Ganz gleich, womit sie sich auf der Arbeit herumschlug, Kai hatte nicht ganz unrecht. In körperlicher und auch emotionaler Hinsicht war sie seit Wochen ein Eisberg.
Trotzdem, entschuldigen würde sie sich nicht noch einmal.
»Ich muss ohnehin noch meine Ma anrufen.«
Kais Gesicht verdunkelte sich, und er trat sogar einen Schritt zurück. »Das ist nicht dein Ernst, oder?«, fragte er. »Wieso zum Teufel hast du mich dann überhaupt angerufen?«
Weil ich dich vermisst habe, wäre vermutlich eine akzeptable Antwort gewesen, doch Jennifer brachte sie nicht über die Lippen. Ebenso wenig das Versprechen, sich kurz zu halten, denn das konnte sie ohnehin nicht halten. »Ich schulde ihr den Anruf seit … Keine Ahnung, wie lange.«
»Scheiße!«
»Sobald der Lieferdienst klingelt, mache ich Schluss. Ich versuche es zumindest.«
»Ja, klar.« Kai schüttelte verärgert den Kopf. »Ist dir eigentlich mal aufgefallen, dass du für alles und jeden Zeit hast, außer für mich?«
Jennifer öffnete den Mund, wusste aber zuerst nicht, was sie darauf antworten sollte. Die Erkenntnis, dass er recht hatte, führte allerdings nicht dazu, dass sie sich schuldig fühlte, sondern machte sie nur noch wütender. Und diesmal zügelte sie sich nicht. »Was erwartest du eigentlich?! Dass ich meine Dienstzeiten einhalte, ganz egal, wie viele Frauen abgeschlachtet werden? Dass ich meine Familie im Stich lasse?!«
Im ersten Moment schien Kai auf den anrollenden Zug aufspringen zu wollen, besann sich im letzten Moment aber anders und hob beide Hände zu einer beschwichtigenden Geste. »Tut mir leid. Das hätte ich nicht sagen sollen.«
»Verdammt richtig, das hättest du nicht!«, blaffte Jennifer. Sie spürte ein verräterisches Brennen in den Augen, nahm das Telefon von der Anrichte und flüchtete aus der Küche. »Ich rufe jetzt meine Ma an. Falls du damit ein Problem hast, du weißt, wo die Tür ist.«
Sie rauschte ins Wohnzimmer und warf sich aufs Sofa. Ihre Hand krampfte sich so fest um das Mobilteil des Telefons, dass das Plastik leise knirschte. So viel zu ihrem Vorsatz,
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