Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
Parkplatz, den ich dir genannt habe, liegt nördlich von hier.«
Jennifer zuckte die Schultern und ließ sich nicht anmerken, dass sie sich über sich selbst ärgerte. Tagsüber hatte sie solche Probleme nicht, doch ihr nächtlicher Orientierungssinn war nicht der beste. Vermutlich war sie an dem Schild, das den Parkplatz auswies, vorbeigefahren, ohne es zu bemerken. »Dafür habe ich den Corsa der beiden Jungs entdeckt.«
Kramer nickte nur wieder. Es schien keine Information zu sein, die ihn sonderlich interessierte.
»Also, was ist hier los?«, fragte Jennifer.
»Die zwei Jungs haben in dem Loch da unten eine Leiche entdeckt. Oder vielmehr das, was davon noch übrig ist. Die Verwesung ist wohl schon ziemlich weit fortgeschritten. Die Überreste stecken in Müllsäcken.«
Jennifer stieß hörbar die Luft aus. »Also nicht unser Mann.«
Kramer nickte. »Unwahrscheinlich, nach dem zu urteilen, was wir bisher haben.«
Jennifer wusste nicht so recht, ob sie erleichtert sein sollte oder nicht. Denn immerhin bedeutete es eine weitere Leiche in ihrem Zuständigkeitsbereich. »Und was haben die Jungs hier mitten in der Nacht verloren?«
»Geocaching.«
»Geocaching?« Jennifer hatte davon schon mal gehört, konnte sich auch entfernt an einen Zeitungsbericht erinnern, doch im Moment sagte ihr der Begriff nichts.
»Versteckte Kisten, nach denen irgendwelche Verrückten suchen, mit nichts als GPS -Daten als Hinweis«, erklärte Kramer in einem Tonfall, der andeutete, dass er dieses Wissen für Allgemeinbildung hielt. »Eine Art moderne Schnitzeljagd.«
Jennifer nickte, auch wenn ihr das Ganze noch immer nur entfernt bekannt vorkam.
»Die Jungs waren auf der Suche nach einem Rätselcache mit mehreren Stationen, der nur nachts gefunden werden kann. Man muss Rätsel lösen, um die Koordinaten der nächsten Station zu ermitteln.« Kramer zuckte die Schultern. »Beim Lösen und Berechnen der Koordinaten für das Ziel haben sie ganz schön Mist gebaut und sind dann hier gelandet. Sie sahen den Zipfel eines Müllsacks zwischen den Granitfelsen und dachten, das sei ihr Schatz.«
»Die Jungs sind in den Schlamm da runtergestiegen?«, fragte Jennifer überrascht.
»Einer von ihnen. Er hat sich an dem Sack zu schaffen gemacht, sah einen eindeutig menschlichen Knochen und … na ja, jetzt sind wir hier.«
Jennifer schüttelte den Kopf. Sie ließ den Blick über den Krater schweifen. Er war vermutlich im Zweiten Weltkrieg entstanden, als eine Bombe, die eigentlich Hanau oder Würzburg hätte treffen sollen, fälschlicherweise über dem Wald abgeworfen worden war. Es war offensichtlich, dass das Loch normalerweise fast bis zum Rand mit Wasser gefüllt und während des ungewöhnlich heißen Sommers teilweise ausgetrocknet war. Die Leiche hatte man vermutlich zu einem Zeitpunkt dort deponiert, als der Wasserstand noch sehr viel höher war.
»Wo sind die Jungs jetzt?«, fragte Jennifer.
»Ich habe sie aufs Revier bringen lassen, damit sich der eine Kerl duschen kann. Sie sind etwas geschockt, aber wenn du willst, kannst du sie heute Nacht noch vernehmen.«
Jennifer dachte kurz darüber nach, doch ein Blick auf die Männer, die sich mit den Säcken in dem Krater abmühten, sagte ihr, dass es noch eine ganze Weile dauern würde, bis sie hier wegkam. »Wohnen sie hier in der Nähe?«
»Ja. Der eine arbeitet in der Möbelfabrik, der andere in der Klinik.«
»Kamen sie dir irgendwie verdächtig vor?«, fragte Jennifer. Sie schätzte Kramers Gespür, Lügen und erfundene Geschichten zu entlarven.
»Die haben meiner Auffassung nach nichts damit zu tun. Selbst wenn der eine nicht in diese Drecksbrühe gestiegen wäre, ihre Geschichte ist glaubhaft. Sie haben die Ausrüstung und die Aufzeichnungen dabei, und auch den Cache gibt es wirklich, habe ich schon überprüfen lassen.«
Jennifer nickte. »Dann schick sie nach Hause und mail mir ihre Daten zu. Sie sollen in der Stadt bleiben und sich morgen früh für eine Befragung bereithalten. Ihr Auto können sie abholen, wenn sie wollen.«
»Okay«, bestätigte Kramer und wandte sich ab, um ihre Anweisungen weiterzugeben.
Jennifer ging zu Jarik Fröhlich und Professor Meurer hinüber. Jarik verständigte sich gerade mit den Männern in der Grube, die es inzwischen geschafft hatten, zwei Müllsäcke zu bergen und auf die Trage zu hieven. Der Koordinator der Spurensicherung sah so erschöpft aus, wie sich Jennifer fühlte. Im Gegensatz zu ihr hatte er es aber geschafft, seine
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