Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
einen Termin mit Möhring und den leitenden Beamten wegen des, ich zitiere, ›Serienkiller-Problems‹ hat. Im Namen des Bürgermeisters will er sich über den Stand der Ermittlungen informieren.«
Heidrun Ketzer zuckte die Schultern. Sie wirkte immer irgendwie steif, was nicht nur an ihren biederen Kostümen lag, und ließ sich durch fast nichts aus der Ruhe bringen. »Tja, davon weiß ich leider nichts.«
»Ich wusste davon bis vor wenigen Minuten auch noch nichts. Fakt ist aber, dass der Herr in unserem Besprechungszimmer sitzt und der festen Überzeugung ist, einen Termin mit Möhring zu haben. Der noch dazu angeblich abgesprochen ist.«
»Das muss er dann wohl vergessen haben, mir zu sagen.«
»Sie haben ja noch nicht einmal in seinem Kalender nachgesehen.« Jennifer deutete auf den Computerbildschirm der Sekretärin und bereute es sofort.
»Wenn es Sie glücklich macht.« Heidrun Ketzer war seit ihrer Ausbildung bei den Behörden in Lemanshain tätig. Einst mochte sie eine perfekte Sekretärin gewesen sein, doch das Zeitalter der Computer war vollkommen an ihr vorbeigegangen.
Sie brauchte für alles Ewigkeiten, beschwerte sich dauernd über das System und die Programme, obwohl das eigentliche Problem vor dem Bildschirm saß. Trotzdem lehnte sie es kategorisch ab, Computerkurse zu belegen, was die Jungs der IT -Abteilung noch mehr aufregte als ihre beinahe täglichen Anrufe.
Allein die Art, wie sie die Maus hin- und herschob, verriet, dass die Storys keinesfalls erfunden oder übertrieben sein konnten. Die Sekunden verstrichen.
»Mich würde es glücklich machen, wenn Sie mir sagen würden, wo er steckt.«
Die Sekretärin reagierte nicht, sondern starrte weiterhin konzentriert auf den Bildschirm. »Hier ist keinerlei Termin eingetragen, wie ich schon sagte.«
»Wo ist er?«, fragte Jennifer erneut. »In seinem Büro?«
Als sie eine Bewegung in Richtung der Tür machte, hinter der das Reich ihres Chefs lag, setzte sich Heidrun Ketzer sofort alarmiert auf. »Er ist im Moment nicht zu sprechen.«
»Aber Sie sagten doch vor nicht einmal zwei Minuten, dass er gerade keinen Termin hat.« Jennifer dachte ernsthaft darüber nach, ob sie nicht einfach sein Büro stürmen und nachsehen sollte, ließ es dann aber doch bleiben. Nichts machte ihren Chef wütender als unangemeldete Besucher.
»Zumindest nicht mit Ihnen, Kommissarin.« Die Sekretärin verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich würde daher vorschlagen, dass Sie jetzt nach unten gehen und den Vertreter des Magistrats nicht noch länger warten lassen.«
»Mich mit Politikern herumzuärgern, zählt aber eigentlich nicht zu meinem Aufgabenbereich.« Das war ein Seitenhieb auf die Sekretärin, die sich prinzipiell weigerte, irgendetwas zu tun, das nicht explizit in ihrem Arbeitsvertrag stand.
Doch Heidrun Ketzer verstand den versteckten Hinweis nicht einmal. »Zu meinem erst recht nicht. Sie kriegen das schon hin. Unser Chef wird Ihren Einsatz mit Sicherheit zu würdigen wissen.«
Ob er es auch zu würdigen wüsste, wenn Jennifer seiner Sekretärin den Hals umdrehen würde? Gerüchteweise war er schon lange nicht mehr glücklich mit ihr. Sie nach mehr als dreißig Dienstjahren loszuwerden, war allerdings so gut wie unmöglich.
Jennifer gab auf und trat unverrichteter Dinge den Rückzug an. Sie hoffte wirklich, dass Möhring verdammt gute Gründe hatte, sie in dieser Situation hängen zu lassen.
Grohmann wartete vor der Tür zum Besprechungszimmer auf sie. Immerhin würde sie mit dem Politiker nicht gänzlich alleine sein.
»Und?«, fragte der Staatsanwalt, obwohl der Umstand, dass sie ohne Möhring zurückkehrte, schon mehr als genug sagte.
»Ich würde einen Tausender darauf wetten, dass er in seinem Büro sitzt. Dieses Miststück von Sekretärin ist ein Abfangjäger erster Klasse.«
»Dann ziehen wir das eben ohne ihn durch«, erwiderte der Staatsanwalt aufmunternd. »Wird schon nicht so schlimm werden.«
Jennifer verzog das Gesicht. »Hatten Sie schon mal mit irgendeinem Stadtabgeordneten oder überhaupt einem politischen Beamten von Lemanshain zu tun?«
Grohmann schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht.«
Sie lächelte grimmig. »Na dann, willkommen in einer meiner persönlichen Höllen.«
»Sie haben also nichts, habe ich das richtig verstanden?«
Jennifer und Grohmann verschränkten fast gleichzeitig die Arme vor der Brust, taten dem Mann am Ende des Konferenztisches jedoch nicht den Gefallen, allzu zerknirscht zu
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