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Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Titel: Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Saskia Berwein
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auf das Fachliche konzentrierte. »Du machst gerade deinen Master?«
    Erst glaubte sie, er würde versuchen, sein Studium ganz von der Liste der Gesprächsthemen zu streichen. Bevor er jedoch antworten konnte, wurden die Vorspeisen serviert.
    Nachdem er einige Oliven und eingelegte Zucchini gegessen hatte, wirkte er schon wesentlich entspannter. Er griff ihre Frage von zuvor wieder auf. »Unter anderem mache ich gerade meinen Master, du hast recht. Ich habe die Themen für meine Abschlussarbeiten jedoch bisher nur eingegrenzt. Es wird aber wohl auf altgriechische Philosophen und zeitgenössische Literatur in Beziehung zu aktuellen Medien hinauslaufen.«
    »Was ist mit Geschichte?«
    »Geschichte habe ich eigentlich nur belegt, weil geschichtliche und politische Hintergründe für die anderen beiden Fächer sehr wichtig sind. Es hilft ungemein, wenn man einen Überblick über die jeweiligen Verhältnisse hat, in der ein Werk entstanden ist.«
    Charlotte nickte. Wenn sie ehrlich war, fand sie es ein wenig übertrieben, sich deshalb noch mit einem dritten Studienfach herumzuschlagen, behielt ihre Meinung jedoch für sich. Ein erstes Date war nicht dazu geeignet, Diskussionen loszutreten.
    »Was ist mit dir? Hast du schon die Themen für deinen Master?«, fragte Joshua, nachdem zwei Sekunden verstrichen waren.
    »Nein, ich bin noch am Bachelor dran.«
    Joshua war überrascht. »Ohne dir zu nahe treten zu wollen, ich weiß, man sollte das Alter einer Frau niemals und schon gar nicht zu hoch einschätzen, aber … «
    Sie lächelte über seine gespielte Zurückhaltung. »Stimmt schon, ich bin vierundzwanzig.«
    »Und?«
    Charlotte fragte sich, ob er auf ihre Verurteilung anspielte. »Das gehört nicht unbedingt zu den Glanzleistungen in meinem Leben«, erwiderte sie schließlich. »Ich habe das Gymnasium in der zwölften Klasse geschmissen, um eine Ausbildung anzufangen. Die habe ich dann aber auch abgebrochen und das Abitur anschließend auf der Abendschule nachgeholt.«
    »Was für eine Ausbildung?«, fragte Joshua.
    »Hotelfachfrau.« Das war nicht einmal die halbe Wahrheit, sondern eine Lüge, die sie schon seit Längerem benutzte. Sie wollte niemandem erzählen, warum sie die Schule tatsächlich abgebrochen hatte. Nicht, weil sie sich schämte, sondern weil die Episode immer noch dazu geeignet war, ihr Blut zum Kochen zu bringen.
    Clemens war eines der größten Arschlöcher, die auf diesem Planeten wandelten. Zwanzig Jahre älter als Charlotte, hatte er fast ein Jahr lang mit ihr gespielt. Es hatte Monate gedauert, bis sie gemerkt hatte, dass der perfekte Gentleman, der vorgab, ihr die Welt zu Füßen zu legen, wenn sie sich dafür im Bett unterwerfen ließ, dass dieser perfekte Gentleman Frau und Kinder hatte. Mehrmals hatte er sie von sich gestoßen und wieder zu sich herangeholt, immer mit den gleichen Versprechungen, die sie ihm geglaubt hatte – bis er sie unter heftigstem Nachtreten endgültig aus seinem Leben verbannte.
    Er hatte sie damals als Wrack zurückgelassen, am Boden zerstört und ohne einen Funken Glauben an das Gute im Menschen. Es war ihm scheißegal gewesen, dass er ihre Seele in kleinste Stückchen zerfetzt hatte. Als sie versucht hatte, ihn mit einer erfundenen Schwangerschaft zurückzugewinnen, hatte er ihr einfach mehrere Hundert Euro in die Hand gedrückt und ihr die Adresse einer Abtreibungsklinik in Holland genannt.
    Erst da war ihr klar geworden, dass sie weder die Einzige noch die Erste war, die auf diesen Scheißkerl hereingefallen war.
    »Irgendwie habe ich den Eindruck, dass das nicht zu dir passt.«
    Charlotte blinzelte. Sie brauchte eine Sekunde, bis sie in das Gespräch zurückfand und begriff, dass Joshua ihre erfundene Ausbildung zur Hotelfachfrau meinte.
    »Das habe ich nach eineinhalb Jahren auch festgestellt.« Sie zuckte die Schultern. Tatsächlich war sie eineinhalb Jahre nach dem endgültigen Aus mit Clemens in der Psychiatrie gelandet. »Eigentlich wusste ich es von Anfang an, es war aber die einzige Ausbildungsstelle, die zu kriegen war, und das Arbeitsamt war der Meinung, dass meine Eignung und Vorlieben nicht zählten. Die wollten mich nur aus dem Bezug raushaben.«
    Als die Hauptgerichte vor ihnen auf dem Tisch standen, wandte sich ihre Unterhaltung den Themen zu, die für gewöhnlich einem ersten Kennenlernen dienen. Letztlich ging es darum, herauszufinden, welche Gemeinsamkeiten sie teilten und welche Gegensätze bestanden. Und ob sich unter den Freizeitaktivitäten

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