Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
hinaus.«
Bereits als sie ausstiegen, wehte ihnen ein verführerischer Duft nach Knoblauch und mediterranen Gewürzen entgegen. Charlottes Magen meldete sich sofort mit einem leisen Knurren.
Joshua führte sie in die Taverne. Die Inneneinrichtung war rustikal gehalten, aber gemütlich. Die notwendigen Modernisierungen waren so durchgeführt worden, dass sie das alte, beinahe mittelalterliche Flair nicht zerstörten.
Der Wirt war ein stämmiger kleiner Mann, dessen italienische Abstammung ihm nicht nur anzusehen, sondern auch seinem Akzent anzuhören war. Er begrüßte Joshua wie einen Stammkunden und reichte Charlotte mit einem charmanten Lächeln die Hand, bevor er sie zu einem Tisch in einer abgelegenen, dämmerigen Steinnische geleitete.
Charlotte studierte in Ruhe die Karte, dann bestellte sie einen Vorspeisensalat und eine ungewöhnliche Lasagne-Variation mit Lachs und Krabben, dazu eine Cola. Sie verzichtete bewusst auf Alkohol, obwohl Weißwein wohl die passendere Wahl gewesen wäre. Joshua wählte Antipasti, Kalbsmedaillons mit einer Weinsauce und dazu Weinschorle. Er war definitiv kein Kostverächter.
Nachdem der Wirt gegangen war, legte sich Schweigen über die Nische. Sie musterten sich gegenseitig, vermieden aber direkten Blickkontakt.
Die Getränke kamen. Nachdem sie beide einen Schluck getrunken hatten, fand Joshua endlich seine Stimme wieder.
»Ich bin froh, dass du diesem Treffen zugestimmt hast. Du bist nicht leicht zu überzeugen.«
Charlotte lächelte verschmitzt. »Du bist auch nicht unbedingt taktisch klug vorgegangen, sondern hast alles auf eine Karte gesetzt.«
»Wann habe ich alles auf eine Karte gesetzt?«
»Na ja … Als klar war, dass du weißt, dass ich eigentlich nicht in der Bibliothek, geschweige denn auf dem Universitätsgelände sein dürfte, hättest du mir versprechen können, es niemandem zu sagen. Oder hättest dir ein Wiedersehen erpressen können. Stattdessen hast du mich im Unklaren gelassen und riskiert, dass ich nicht mehr zurückkomme.«
Joshua schmunzelte. »Das stimmt. Aber ich wollte wissen, wie sehr du an mir interessiert bist. Außerdem bist du nicht der Typ, der sich von so etwas abschrecken lässt. Du wärst auf jeden Fall wiedergekommen.« Er beugte sich etwas vor und flüsterte: »Der Nervenkitzel hat dir doch außerdem gefallen, oder?«
Einen Moment lang war sie versucht, sich nicht auf dieses Spielchen einzulassen. Dann gab sie jedoch zu: »Ja, das tut es noch immer.«
Er lehnte sich zufrieden zurück. »Gut.«
Charlotte versuchte, ihr Lächeln zu unterdrücken. Sie wollte ihm eigentlich nicht zeigen, dass und wie sie auf ihn reagierte. Noch nicht.
Doch sie hatte sich nicht so gut unter Kontrolle, wie sie es gerne gehabt hätte. Deshalb lenkte sie die Unterhaltung auf ein unverfängliches Thema. »Was studierst du eigentlich?«
Joshua blickte von seiner Weinschorle auf. Die Frage schien ihn zu überraschen. Er zögerte. »Geschichte, Philosophie und Literaturwissenschaften.«
»Wow.« Charlotte war ehrlich beeindruckt. »Das ist eine Menge Stoff und eine interessante Kombination.«
»Findest du?«
»Ja.« Sie musterte ihn kurz, versuchte zu durchschauen, warum ihm das unangenehm zu sein schien. Dann lächelte sie. »Ich weiß, der gottgegebene Konflikt zwischen Dichtern und Denkern auf der einen und Technikern und Naturwissenschaftlern auf der anderen Seite. Aber ich halte von diesen ideologischen Feindschaften nichts.«
»Ich auch nicht.«
Aber was war es dann? Vielleicht sollte sie das Thema auf sich beruhen lassen, doch Charlotte hatte einen Hang zur Hartnäckigkeit. »Deine Familie ist nicht so glücklich über deine Entscheidungen«, mutmaßte sie.
Seine Fächerkombination war für die Gesellschaftsschicht, der er offenbar angehörte, schon außergewöhnlich. Die meisten Söhne und Töchter an der Praetorius-Universität studierten entweder Betriebswirtschaftslehre oder Jura oder strebten in einer Naturwissenschaft den Doktortitel an, sofern irgendein Vorfahre diesen Weg bereits glorreich beschritten hatte. In solchen Familien wurden auch Ingenieurwissenschaften und Informatik gerne gesehen.
Joshua schüttelte jedoch den Kopf. »Nein, für die ist das schon okay.«
Seinem Tonfall nach zu urteilen, war seine Familie ebenfalls kein gutes Thema.
»Ich selbst bin auch glücklich mit der Kombination«, fügte er hinzu, »es ist zurzeit nur superstressig.«
Charlotte hoffte, das Gespräch in andere Bahnen lenken zu können, indem sie sich
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