Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
langsam. Seine Kinnpartie zitterte, doch noch hatte er seine Emotionen unter Kontrolle. »Und wie lange ist dir das schon bewusst?«
»Ich … nicht allzu lange.«
»Und was bedeutet ›nicht allzu lange‹ genau?« In seine Stimme hatte sich ein leicht zorniger Unterton geschlichen.
Jennifer trat instinktiv einen Schritt zurück. Wieso fühlte sie sich plötzlich schuldig? Sie hatte nicht den geringsten Grund dazu. »Ich dachte nicht, dass das von Bedeutung ist.«
»Für mich schon, Jennifer. Weil ich irgendwie das Gefühl habe, dass du schon verdammt lange weißt, dass du von mir nichts mehr wissen willst.«
Sie schüttelte den Kopf. »Das ist nicht wahr.«
»Ach, nein?« Kai lächelte bitter. »Dann sag mir doch mal, wann wir uns das letzte Mal wie ein Paar begegnet, als Paar aufgetreten sind. Wann waren wir zum letzten Mal zusammen im Bett? Aufgrund deiner Initiative?«
Wieso musste er jetzt schon wieder damit anfangen? »Du weißt, dass das damit überhaupt nichts zu tun hat. Meine Arbeit … «
»Deine Arbeit!«, rief er aus und schüttelte den Kopf. »Ich schätze, deine Arbeit hat damit weniger zu tun, als du uns beide glauben machen willst!«
Jennifer spürte deutlich, wie sich seine Wut langsam aber sicher auf sie übertrug. Sie atmete tief durch. Sie wollte keinen Kampf, keine Auseinandersetzung. Er sollte ihre Entscheidung einfach akzeptieren und gehen. »Es hat keinen Sinn, jetzt noch darüber zu diskutieren.«
»Findest du?« Kai deutete mit dem Finger auf sie. »Du denkst also, wir sollten nicht darüber sprechen, dass du mich seit Wochen hinhältst? Für wie blöd hältst du mich eigentlich?!«
»Ich habe dich nicht hingehalten, Kai.«
»Nein, hast du also nicht? Glaubst du wirklich, mir wäre nicht aufgefallen, wie ich in deiner Gunst immer weiter abgerutscht bin? Du hattest doch kaum noch Zeit für uns!« Er deutete auf Gaja, die den Streit bisher vollkommen entspannt verfolgt hatte, Kai jetzt aber, kaum dass er ihr seine Aufmerksamkeit zuwandte, anfauchte. »Selbst deine Katze ziehst du mir noch vor!«
»Gaja war eben auch schon ein paar Jahre vor dir hier.« Es würde verdammt viel dazu gehören, dass Jennifer irgendeinem Mann vor ihrer pelzigen Mitbewohnerin den Vorzug gab. Eigentlich ging sie davon aus, dass das niemals passieren würde. »Damit hättest du so oder so leben müssen.«
»Schön! Gut zu wissen! Das gehört also auch zu den Dingen, die du mir vielleicht schon vor ein paar Monaten hättest sagen können!«
Jennifer schüttelte den Kopf. Ein letzter Versuch, ihre Emotionen zu kontrollieren, doch er schlug fehl. Wer gab ihm das Recht, ihr Vorwürfe zu machen? Sie hatte sich verdammt noch mal nichts zuschulden kommen lassen! »Was zum Teufel willst du eigentlich von mir, Kai?! Es ist vorbei, okay? Aus, Ende!«
»So einfach ist das also für dich?«, fragte er. »Aus und vorbei?«
»Ja, das ist es!« Ganz so einfach war es natürlich nicht, doch was brachte es schon, jetzt noch darüber zu diskutieren?
Als sie nichts weiter sagte, erstarrte Kais Gesicht zu einer Maske. »Verstehe. Schon klar.« Er nahm seine Jacke vom Sessel. »Das war es dann wohl.«
Jennifer brachte kaum die Lippen auseinander, während sie flüsterte: »Ja, das war es dann wohl.«
Kai ließ sie im Wohnzimmer stehen, kam aber kurz darauf noch einmal zurück. In seinen Augen glühte kalter Zorn. »Ich weiß jetzt wenigstens, warum dein werter Exmann dich betrogen hat. Wenn du in deiner Ehe genauso frigide warst, ist es wirklich kein Wunder, dass er in der Gegend herumgevögelt hat.«
»Wie bitte?« Zielsicher hatte er ihren wunden Punkt getroffen. Jennifer spürte unbändige Wut in ihrer Brust auflodern. Kai stand noch immer in der Tür, und die plötzliche Genugtuung in seinem Gesicht war zu viel für sie.
Jennifer machte eine unbestimmte Handbewegung in Richtung Wohnungstür. Ihre Stimme hatte den Klang von Eis. »Raus mit dir. Bevor ich mich vergesse.«
Kai warf ihr ein bösartiges Grinsen zu, bevor er aus der Wohnung floh. Er hatte erreicht, was er wollte.
Ohne recht zu wissen, was sie eigentlich vorhatte, verfolgte sie ihn, die Hände zu Fäusten geballt. Einen Moment lang war sie sogar versucht, ihm bis auf die Straße nachzulaufen, ließ ihre Wut dann aber doch an der Wohnungstür aus. Mit einem lauten Krachen fiel sie ins Schloss.
Minutenlang blieb Jennifer im Flur stehen, starrte auf das weiß lackierte Holz und versuchte, ihre Wut zumindest so weit zu zügeln, dass die Tränen es
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