Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
oder Ansichten des anderen bereits absolute Ausschlusskriterien befanden.
Auf Joshuas Liste der Hobbys stand Lesen, Musik hören, Kino und schnelle Autos. Charlotte wartete ebenfalls mit Lesen und Musik auf, mit Filmen konnte sie weniger anfangen, dafür war sie leidenschaftliche Computerspielerin. Zu Autos hatte sie keine bestimmte Meinung, da sie zwar über Fahrpraxis verfügte, jedoch weder einen Wagen noch einen Führerschein ihr Eigen nannte.
Bei Büchern bevorzugte er Klassiker, historische Romane und zeitgenössische Krimis. Sie mochte psychologischen Horror und möglichst blutige Thriller.
Beim Musikgeschmack gab es einige Überschneidungen, jedoch auch ein paar signifikante Unterschiede. Sie diskutierten kurz die Musikentwicklung der letzten Jahre und einigten sich darauf, dass sie beide das sich ständig wiederholende Chartgedudel der Mainstream-Radiosender für maximal zwei Stunden am Tag ertrugen.
Sport empfand Joshua als notwendiges Übel. Er joggte gelegentlich und war ein- bis zweimal im Monat auf dem Fitnesspfad im Wald von Lemanshain unterwegs. Das Sportstudio auf dem Universitätsgelände hatte er nur einmal von innen gesehen. Im Sommer machte er gerne ausgiebige Fahrradtouren.
Charlotte war nie in die Verlegenheit gekommen, etwas für ihre Figur tun zu müssen, allenfalls ging sie mal im Wald spazieren.
Was das Fernsehen betraf, so hatten sie beide nicht genügend Zeit, um regelmäßig Serien zu verfolgen. Wenn Joshua doch mal dazu kam, sich vom Fernsehprogramm berieseln zu lassen, zog er amerikanische Reality-Shows oder Dokumentationen vor. Charlotte erzählte von dem Crime & Comedy-Abend, den Dennis und Gisèle jeden Mittwoch veranstalteten, und an dem sie meistens teilnahm.
Joshuas Stirn legte sich in Falten. »Du wohnst also mit einem Pärchen zusammen?«
»Ja.« Charlotte zögerte kurz, doch es erschien ihr angebracht, möglichst früh die Karten auf den Tisch zu legen. »Sie leben allerdings eine sehr offene Beziehung. Wir wohnen nicht nur zusammen, wir haben auch Sex miteinander.«
Joshua wirkte kein bisschen geschockt, allenfalls überrascht. »Dein Versuch, mich davon zu überzeugen, dass du lesbisch bist, war also lediglich ein Manöver.«
Wäre sie sonst hier? Entweder war er das Risiko eingegangen, sich mit einer Lesbe zu verabreden – was sie bezweifelte – , oder er versuchte, ihr auf die Art weitere Informationen zu entlocken.
»In Teilen, ja.« Charlotte war vorsichtig, denn man konnte nie wissen, wie selbst aufgeschlossen wirkende Menschen auf gewisse Tatsachen reagierten. »Ich bin beiden Geschlechtern zugetan. Besagte Bibliothekarin würde ich trotzdem im Traum nicht anbaggern.«
Joshua lachte, und sie spürte, wie sich die zuvor aufgebaute Spannung löste. Es war offenbar kein Problem für ihn.
Der Wirt räumte die leer gegessenen Teller ab. Sie bestellten beide noch einen Espresso und genossen schweigend den Kaffee.
Schließlich brachen sie auf und fuhren nach »Garten Eden« zurück. Diesmal fuhr Joshua jedoch durch das Tor und hielt auf dem Schotterparkplatz vor dem ehemaligen Verwaltungsgebäude des Campingplatzes, in dem sich inzwischen ein kleiner Kiosk befand.
Der Motor erstarb, und nur noch das Display des Radios spendete Licht. Aus den Lautsprechern drang leise Rockmusik.
Charlotte löste ihren Sicherheitsgurt, blieb aber sitzen und versuchte, Joshuas Gesichtsausdruck im blauen Dämmerlicht zu erkennen. »Das war ein schöner Abend«, sagte sie schließlich. »Und ich muss sagen, ich teile deine Einschätzung, was die Taverne angeht. Echt ein super Restaurant.«
Seine Mundwinkel hoben sich. »Das freut mich. Nur schade, dass du auf ein Dessert verzichtet hast. Die sind klasse, alles hausgemacht.«
»Ich war in Versuchung.«
Joshua sah ihr in die Augen. »Vielleicht beim nächsten Mal.«
»Ja, vielleicht.«
Charlotte kam ihm entgegen und spürte im nächsten Moment seine Lippen auf ihren. Als sie sich von ihm löste, begegnete sie seinen grünen Augen. Eigentlich hatte sie vorgehabt, ihn zu küssen und dann auszusteigen. Doch sein Blick hielt sie gefangen.
Keine Sekunde später lagen sie sich in den Armen. Joshua löste seinen Gurt, zog sie dicht an sich und küsste sie leidenschaftlich. Sie versanken im Mund des anderen und vergaßen Ort und Zeit. Als sie endlich wieder voneinander ließen, ging beider Atem stoßweise.
Charlotte spürte die Erregung wie Feuer in ihrem Schoß, dabei hatte Joshua sie kaum berührt. Sie wollte ihn, auf der Stelle.
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