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Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)

Titel: Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Saskia Berwein
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intensive Geruch nach Ringelblumen in die Nase. Einen Augenblick lang war sie nicht sicher, ob der Duft in der Luft lag oder von Elisabeth Goldstein ausging. Dann entdeckte sie jedoch die Vase mit frisch geschnittenen Blumen auf dem Fensterbrett.
    Wortlos zog die alte Frau ein Notizbuch zu sich heran, blätterte langsam die Seiten durch, bis sie endlich zu einem Blatt kam, das noch nicht gänzlich vollgeschrieben war. Nachdem sie ihre Brille aufgesetzt und einen antiquierten Füller zur Hand genommen hatte, blickte sie zu Charlotte auf.
    Einen Moment lang schien sie überrascht zu sein, dass überhaupt jemand vor ihr stand. Ihr Gesichtsausdruck erweckte den Eindruck, als hätte sie Charlottes Anwesenheit in den letzten Sekunden vergessen. »Ähm, Ihr Name war Seydel, richtig?«
    »Ja.«
    Elisabeth Goldstein bemerkte Charlottes Verwirrung. Wieder erklang dieses heisere Geräusch in ihrer Kehle, das Charlotte jetzt eindeutig als Lachen identifizierte. »Ich muss Sie eintragen. Ich registriere alle Personen, die das Archiv besuchen.«
    »Ach so.«
    Charlotte sah geduldig zu, wie die Archivarin langsam und mit übertrieben wirkender Sorgfalt das Datum und ihren Nachnamen in das Buch eintrug.
    »Und weswegen wollten Sie noch mal in unser Archiv?«
    »Private Ermittlungen«, erwiderte Charlotte. Ihr entging die Neugier der alten Dame keineswegs, und sie hoffte, dass sie sich mit dieser Auskunft zufriedengeben würde. »Unter anderem ging es um die alten Ausgaben … «
    »Des Herzheimer Anzeigers . Ich erinnere mich.« Wieder notierte sich Elisabeth Goldstein etwas in dem Buch. »Und wo genau kommen Sie her?«
    »Lemanshain. Das liegt in Hessen, im Spessart, zwischen Hanau und Würzburg.«
    »Sind Sie ein Privatschnüffler?«
    Charlotte schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Elisabeth Goldstein stieß einen hörbar enttäuschten Seufzer aus. »Schade.«
    Sie bemerkte Charlottes irritierten Blick, und ein schiefes Lächeln verzerrte ihr Gesicht. »Entschuldigen Sie meine Neugier, junge Frau. Besucher sind äußerst selten. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich zum letzten Mal die Ehre hatte, irgendjemanden von außerhalb in meinem kleinen, bescheidenen Reich begrüßen zu dürfen. Ich hatte gehofft, Sie würden vielleicht die eine oder andere interessante Geschichte zu erzählen haben.«
    Als sie sich jetzt erhob und sich wieder auf ihren Stock stützte, bemerkte Charlotte, dass sie die etwas verschroben wirkende Frau falsch eingeschätzt hatte. Sie war nicht nur neugierig, sondern für ihr Alter auch überraschend aufgeweckt und achtsam. Ihr Geist war noch vollkommen klar, es war nur ihr Körper, der nicht mehr so arbeitete, wie sie es sich wahrscheinlich wünschte.
    »Tut mir leid. Damit kann ich leider nicht dienen. Aber ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mir heute bereits die Möglichkeit geben, Recherchen anzustellen.«
    Elisabeth Goldstein winkte ab. »Ach, Mädchen, ich bin froh, wenn ich mal etwas zu tun bekomme. Kommen Sie, ich zeige Ihnen, wo Sie die alten Ausgaben unseres Dorfblättchens finden.«
    Der Weg endete bereits eine Regalreihe später in der hintersten Ecke des Raumes. Neben einem klapprig wirkenden Tisch stand ein alter Holzschrank, an dessen Türen ein handgeschriebenes Schild klebte. »Anzeiger« stand darauf.
    »Da drin finden Sie sämtliche Ausgaben. Auf den Ordnern stehen die Jahreszahlen, alles ordentlich sortiert.« Elisabeth Goldstein deutete auf den Tisch. »Hier können Sie sich hinsetzen.« Ein Holzstuhl mit geblümtem Polster stand davor. Charlotte hatte den Eindruck, ein paar Jahrzehnte in die Vergangenheit zurückversetzt worden zu sein.
    Sie ließ ihren Rucksack von den Schultern gleiten und stellte ihn neben den Stuhl auf den Boden.
    »Bringen Sie mir ja nur nichts durcheinander.«
    Charlotte nickte und bedankte sich erneut.
    »Wenn Sie mich brauchen, ich bin vorne an meinem Schreibtisch. Noch ein paar Akten sortieren.«
    Charlotte wartete, bis die alte Frau wieder hinter den Regalen verschwunden war, bevor sie sich dem Schrank zuwandte.
    Sie spürte deutlich, wie ihre Aufregung wuchs, als sie die Schranktüren öffnete. In den Regalen stand Ordner an Ordner, die Rücken ordentlich von Hand beschriftet. Jedes Jahr war auf zwei Aktenordner verteilt. Vor ihr standen sechsunddreißig Jahre Dorfgeschichte.
    Zuerst nahm sie sich die beiden Ordner aus dem Jahr 1986 vor. Ihre Vermutung, dass der Zeitungsausschnitt, den sie gefunden hatte, aus Ausgabe 18 des Jahres 1986 stammte, bestätigte sich.
    Die

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