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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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hätte anrufen sollen, sobald er hier abgehauen ist. Aber dieser Taggart … der rollt an wie ’ne Reihe Monsterwellen. Scheucht dich vom Brett, bis du bloß noch still und leise am Strand hocken willst, um zuzuschauen, wie die Dinger vor dir brechen.«
    Mitch drückte die Stopptaste, setzte sich an den Schreibtisch und zog die Schublade auf, in der Holly das Scheckbuch und die Kontoauszüge verwahrte.
    Bei seinem Gespräch mit dem Kidnapper hatte er den Stand des Girokontos etwas überschätzt. Der betrug exakt 10.346,54 Dollar.
    Der letzte Monatsauszug des Sparkontos dokumentierte ein zusätzliches Guthaben von 27.311,40 Dollar.
    Es waren allerhand Rechnungen fällig. Die lagen in einer anderen Schublade des Schreibtischs. Mitch schaute sie erst gar nicht durch; er berechnete lediglich die vorhandenen Aktivposten.
    Zins und Tilgung für das Hypothekendarlehen, das sie für das Haus aufgenommen hatten, wurden automatisch monatlich
vom Girokonto abgebucht. Aus dem entsprechenden Bankauszug war ersichtlich, dass noch 286.770 Dollar abzuzahlen waren.
    Vor nicht allzu langer Zeit hatte Holly berechnet, dass das Haus etwa 425.000 Dollar wert war. Das war zwar eine irre Summe für einen kleinen Bungalow in einem alten Wohnviertel, doch sie war realistisch. Das Viertel war alt, aber beliebt, und der Hauptwert bestand in dem großen Grundstück.
    Rechnete man den bereits abbezahlten Wert des Hauses zu den auf den beiden Konten verfügbaren Geldern hinzu, so ergab sich eine Gesamtsumme von etwa 175.000 Dollar. Das war wesentlich weniger als zwei Millionen, und der Kidnapper am Telefon hatte sich nicht wie jemand angehört, mit dem man feilschen konnte.
    Abgesehen davon konnte der Wert der Immobilie nur in Bargeld umgewandelt werden, wenn man entweder eine zusätzliche Hypothek aufnahm oder das Haus verkaufte. Weil sie gemeinsam im Grundbuch eingetragen waren, brauchte er in beiden Fällen Hollys Unterschrift.
    Sie hätten das Haus gar nicht besessen, hätte Holly es nicht von ihrer Großmutter Dorothy geerbt, bei der sie aufgewachsen war. Bei Dorothys Tod war die Hypothekenbelastung kleiner gewesen, aber um die Erbschaftssteuer zu bezahlen und das Haus zu behalten, hatten sie einen neuen Vertrag abschließen müssen.
    Insgesamt betrug die als Lösegeld verfügbare Summe deshalb gerade einmal siebenunddreißigtausend Dollar.
    Bisher hatte Mitch sich eigentlich nicht als Versager gefühlt. Sein Selbstbild war das eines noch ziemlich jungen Mannes gewesen, der verantwortungsvoll an seinem Leben zimmerte.
    Er war gerade siebenundzwanzig, knapp achtundzwanzig.
In diesem Alter konnte man noch niemanden als Versager bezeichnen.
    Dennoch war eine Tatsache unbestreitbar: Holly stand zwar im Mittelpunkt seines Lebens und war unbezahlbar, aber wenn er gezwungen wurde, einen Preis für sie zu nennen, dann brachte er gerade mal siebenunddreißigtausend Dollar auf.
    Er spürte eine Bitterkeit, für die er kein Ziel hatte außer sich selbst. Das war nicht gut. Bitterkeit konnte sich in Selbstmitleid verwandeln, und wenn er sich dem hingab, dann wurde er tatsächlich zum Versager. Und Holly würde sterben.
    Selbst wenn auf dem Haus keine Hypothek gelegen hätte, selbst wenn sie eine halbe Million Bargeld gehabt hätten und für Leute ihres Alters extrem erfolgreich gewesen wären, hätte Mitch nicht genügend Lösegeld aufgebracht.
    Diese Tatsache führte ihn zu der Erkenntnis, dass Holly nicht mit Geld zu retten war. Wenn sie überhaupt gerettet werden konnte, dann nur durch ihn selbst, durch seine Beharrlichkeit, seine Geistesgegenwart, seinen Mut und seine Liebe.
    Als er die Bankunterlagen in die Schublade zurücklegte, sah er einen Umschlag, auf dem in Hollys Handschrift sein Name stand. Darin befand sich eine Geburtstagskarte, die sie schon Wochen im Voraus gekauft hatte.
    Auf der Vorderseite der Karte war das Foto eines uralten Mannes abgebildet, dessen Gesicht voller Runzeln und Falten war. Darunter stand: Wenn du alt bist, brauche ich dich noch immer, Süßer.
    Mitch klappte die Karte auf und las: Bis dahin wird Gärtnern das Einzige sein, was mir noch Spaß macht, und du wirst einen prima Kompost abgeben.

    Er lachte. Er konnte sich vorstellen, wie auch Holly im Laden laut aufgelacht hatte, als sie die Karte aufgeklappt und die Pointe gelesen hatte.
    Dann verwandelte sich sein Lachen in etwas ganz anderes. In den vergangenen fünf Stunden war er den Tränen mehr als einmal nahe gewesen, hatte sie jedoch unterdrückt. Die Karte gab

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