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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Bereichen der Wissenschaft, in denen es keine absoluten Antworten gab, vertrat Daniel diese trotzdem.
    » Und mit dem Bildungsminister persönlich«, sagte Daniel.
    Ansons Erfolg wurde von seinen Eltern schon lange dazu missbraucht, ihren zweiten Sohn zu veranlassen, sich beruflich etwas Ambitionierterem zuzuwenden als dem Gartenbau. Die mehr oder weniger feinen Nadelstiche hatten jedoch keine Wirkung auf Mitch. Er bewunderte Anson, ohne ihn zu beneiden.
    Während Daniel ihm weitere Leistungen seines Bruders unter die Nase rieb, warf Mitch einen Blick auf seine Armbanduhr. Er glaubte, gleich gehen zu müssen, damit er ungestört auf den Anruf der Kidnapper reagieren konnte, aber es war erst achtzehn Minuten vor sechs.
    Obwohl er das Gefühl hatte, bereits mindestens zwanzig Minuten in seinem Elternhaus zu sein, waren nur sieben vergangen.

    »Hast du einen Termin?«, fragte Daniel.
    In der Stimme seines Vaters entdeckte Mitch einen hoffnungsvollen Unterton, ärgerte sich jedoch nicht darüber. Schon lange war ihm klar, dass eine so bittere und starke Emotion wie Ärger in diesem Zusammenhang nicht angemessen war.
    Als Autor von dreizehn gewichtigen Büchern hielt Daniel sich für eine einsame Leuchte der psychologischen Wissenschaft, und als Vertreter eiserner Prinzipien und stählerner Überzeugungen glaubte er ein Fels in der Brandung des zeitgenössischen amerikanischen Denkens zu sein, gegen den geringere Geister zur Unscheinbarkeit verblassten.
    Mitch hingegen wusste ohne jeden Zweifel, dass sein Vater keineswegs ein Fels war. Daniel Rafferty war ein flüchtiger Schatten auf dem Wasser, der auf den Wellen schwamm, ohne sie in irgendeiner Weise aufzuwühlen oder zu glätten.
    Hätte Mitch sich über einen derart unbedeutenden Menschen geärgert, so wäre er verrückter gewesen als Kapitän Ahab bei seiner manischen Verfolgung des weißen Wals.
    Als sie noch Kinder gewesen waren, hatte Anson seine Geschwister immer davor gewarnt, mit Wut auf die unbewusste Unmenschlichkeit ihres Vaters zu reagieren. Er hatte ihnen geraten, nachsichtig zu sein und sich mit Humor davor zu schützen. Inzwischen rief Daniel bei Mitch nur noch Gleichgültigkeit und Gereiztheit hervor.
    An dem Tag, an dem Mitch sein Elternhaus verlassen hatte, um mit Jason Osteen zusammenzuziehen, hatte Anson ihm gesagt, wenn er seinen Ärger und seine Wut hinter sich lassen könne, würde sein Vater ihm irgendwann leidtun. Damals hatte er das nicht geglaubt, und tatsächlich war es ihm bisher lediglich gelungen, widerwillig Nachsicht zu üben.

    »Ja«, sagte er nun, »ich habe einen Termin. Muss allmählich los.«
    Daniel musterte seinen Sohn mit einem stechenden Blick, der Mitch vor zwanzig Jahren eingeschüchtert hätte. »Weshalb bist du eigentlich gekommen?«, fragte er.
    Egal, was Hollys Entführer mit Mitch vorhatten, womöglich waren seine Überlebenschancen nicht gerade hoch. Deshalb war ihm in den Sinn gekommen, dass dies eventuell die letzte Chance war, seine Eltern zu sehen.
    »Um mit Kathy zu sprechen«, sagte er, weil er nicht offenbaren konnte, in welcher Zwangslage er sich befand. »Vielleicht komme ich morgen wieder.«
    »Worum geht es denn?«
    Zwar kann ein Kind eine Mutter lieben, die nicht fähig ist, dieses Gefühl zu erwidern, aber mit der Zeit wird es erkennen, dass seine Zuneigung nicht auf fruchtbaren Boden fällt, sondern auf Fels, wo nichts wachsen kann. Danach ist sein Leben womöglich von unterschwelligem Zorn oder Selbstmitleid geprägt. Wenn diese Mutter kein Ungeheuer, sondern nur emotional distanziert und selbstbezogen ist, und wenn sie das Kind nicht aktiv quält, sondern im Haus die Rolle der passiven Beobachterin spielt, so hat das Kind eine dritte Option: Es kann sich dafür entscheiden, ihr Mitgefühl entgegenzubringen, ohne ihr zu verzeihen, weil es erkennt, dass sie durch ihre emotionale Verkümmerung daran gehindert wird, das Leben voll und ganz zu genießen.
    Trotz all ihrer wissenschaftlichen Leistungen hatte Kathy nicht die leiseste Ahnung, was die Bedürfnisse von Kindern und die Verpflichtungen einer Mutter anging. Sie glaubte, die menschliche Interaktion laufe nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung ab. Ein erwünschtes Verhalten musste daher belohnt werden, doch diese Belohnungen waren immer materialistischer Art.

    Kathy glaubte, die Menschheit könne perfektioniert werden. Deshalb sollten Kinder nach einem System erzogen werden, von dem man niemals abwich und mit dem man sicherstellen konnte, dass sie

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