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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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und beugte sich vor. Wie er so dasaß und das Weinglas fast in seinen großen Händen verschwand, sah er sehr eindrucksvoll aus.
    Bullig wirkte er noch immer, aber nicht mehr so, als könnte er kein Wässerchen trüben. Die Frauen, die sonst auf ihn flogen, hätten angesichts dieser Stimmung wohl einen weiten Bogen um ihn gemacht.
    Die Art und Weise, wie Anson den Kiefer vorreckte, wie seine Nasenflügel sich blähten und wie seine Augen, sonst grün wie weiches Meerwasser, in einem harten Türkis leuchteten, machte Mitch Mut. Er kannte diesen Blick. So sah Anson aus, wenn er einer Ungerechtigkeit gegenüberstand, denn das weckte in ihm immer einen ebenso hartnäckigen wie wirksamen Widerstand.
    So erleichtert Mitch war, auf die Unterstützung seines Bruders zählen zu können – er fühlte sich auch schuldig.
»Es tut mir unheimlich leid«, sagte er. »Mann, ich hätte nie gedacht, dass du da reingezogen wirst. Das hat mich kalt erwischt. «
    »Da braucht dir gar nichts leidzutun. Nicht das Geringste. «
    »Wenn ich mich anders verhalten hätte …«
    »Wenn du was anders gemacht hättest, wäre Holly jetzt vielleicht tot. Also war das, was du bisher getan hast, völlig richtig.«
    Mitch nickte. Er musste einfach glauben, was sein Bruder gesagt hatte. Hilflos fühlte er sich trotzdem. »Was wollen sie von uns?«, fragte er zum dritten Mal.
    »Zuerst will ich jetzt alles hören, was bisher geschehen ist, Mickey. Was dieser Bastard mir am Telefon gesagt hat, ist bestimmt nur ein Bruchteil. Ich muss alles von Anfang an erfahren, bis zu dem Augenblick, als du an meiner Tür geläutet hast.«
    Argwöhnisch sah Mitch sich um und überlegte, wo wohl ein Mikrofon verborgen sein mochte.
    »Vielleicht belauschen sie uns jetzt, vielleicht auch nicht«, sagte Anson. »Das ist völlig egal. Sie wissen nämlich schon alles, was du mir erzählen wirst, weil sie es dir angetan haben .«
    Wieder nickte Mitch. Er stärkte sich mit einem Schluck Chianti. Dann berichtete er Anson von diesem höllischen Tag.
    Für den Fall, dass sie überwacht wurden, verschwieg er nur, wie er auf dem Dachboden seiner Garage John Knox begegnet war.
    Anson hörte aufmerksam zu und unterbrach ihn nur wenige Male, um etwas nachzufragen. Als Mitch geendet hatte, saß sein Bruder mit geschlossenen Augen da und grübelte darüber nach, was er erfahren hatte.

    Den höchsten IQ unter den Rafferty-Kindern hatte zwar Megan, doch Anson hatte stets fast ebenso viele Punkte erzielt wie sie. Die Lage, in der Holly sich befand, war noch genauso schrecklich wie vor einer halben Stunde, aber Mitch tröstete sich damit, dass sein Bruder nun an seiner Seite stand.
    Er wiederum hatte bei den Tests fast so gut abgeschnitten wie Anson. Deshalb fühlte er sich nicht etwa besser, weil jemand mit einer höheren Intelligenz sich des Problems annahm, sondern weil er nicht mehr allein war.
    Allein war er nie besonders gut zurechtgekommen.
    Anson erhob sich. »Bleib sitzen, Mickey«, sagte er und verließ die Küche. »Ich bin gleich wieder da.«
    Mitch starrte auf das Telefon. Er überlegte, ob er wohl eine Wanze erkennen würde, wenn er das Gerät auseinandernahm.
    Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es inzwischen zwölf vor sieben war. Man hatte ihm sechzig Stunden gelassen, um das Lösegeld aufzutreiben, und nun waren noch zweiundfünfzig übrig.
    Irgendwie kam ihm dieser Zeitraum unwirklich vor. Nach allem, was er erlebt hatte, fühlte er sich wie am Boden zerstört. Es war, als hätte er bereits die ganzen sechzig Stunden durchlitten.
    Weil das, was er bisher getrunken hatte, keinerlei Wirkung zeigte, leerte er sein Glas.
    Anson kam zurück. Er trug einen Sportsakko. »Wir haben viel zu erledigen. Ich erkläre dir alles, wenn wir im Wagen sitzen. Es ist mir lieber, wenn du fährst.«
    »Moment, lass mich erst mal meinen Wein austrinken«, sagte Mitch, obwohl sein Glas bereits leer war.
    Auf den Notizblock schrieb er eine weitere Botschaft: SIE KÖNNEN MEINEN WAGEN ORTEN.

    Obwohl ihm während der Fahrt zu seinem Elternhaus niemand gefolgt war, hatten die Entführer gewusst, dass er dort gewesen war. Auch später, als er vor der Kirche geparkt hatte, um auf den vorletzten Anruf zu warten, hatten sie genau gewusst, wo er sich befand.
    Ist das die Kirche, die du mit deinen Eltern besucht hast?
    Wenn man in beide Wagen, den Pick-up und den Honda, Sender eingebaut hatte, dann war es kein Problem, ihn elektronisch aus der Ferne im Auge zu behalten.
    Mitch hatte zwar keine

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