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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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das Verhalten eines solchen Menschen sogar gefördert. Das
hieß, man hatte zumindest ein klein wenig Mitverantwortung an dessen Verbrechen.
    An Selbstkontrolle mangelte es Anson keineswegs. Er sprach nie von Verschwörungen und hatte vor nichts Angst. Was die Fähigkeit anging, Masken aufzusetzen, war er äußerst talentiert darin, andere Menschen in die Irre zu führen und sich zu verstellen. In der Beziehung war er sogar ein Genie. Wahnsinnig war er demnach nicht.
    Entlang den nächtlichen Straßen peitschten die Wedel von Königinpalmen durch die Luft wie Furien, die wild ihr Haar kreisen ließen. Dazwischen standen kleinere Bäume, Zylinderputzer, von deren exotischen Blüten sich Millionen scharlachroter Blättchen lösten.
    Das Land stieg an, und die Hügel wurden allmählich höher. Der Wind trug Papierfetzen und Blätter mit sich, dahinsegelnde Zeitungsseiten, einen großen, durchsichtigen Plastikbeutel, der sich aufblähte wie eine Qualle.
    Das Haus von Mitchs Eltern war das einzige in der Nachbarschaft, dessen Fenster erleuchtet waren.
    Vielleicht hätte Mitch etwas verstohlener vorgehen sollen, doch er parkte einfach in der Einfahrt. Er kurbelte das Fenster hoch. Die Pistole ließ er im Wagen, nur die Taschenlampe nahm er mit.
    Mitch scherte sich nicht um die Türglocke. Er hatte keine falsche Hoffnung, nur das furchtbare Bedürfnis, sich Gewissheit zu verschaffen.
    Wie er gedacht hatte, war das Haus nicht verschlossen. Er trat in den Flur und zog die Tür hinter sich zu.
    Links und rechts von ihm verloren sich unzählige Reproduktionen seiner selbst in einer Spiegelwelt. Alle trugen eine gespenstische Miene zur Schau.
    Es war mitnichten still im Haus, denn der Wind rüttelte an den Fenstern und stöhnte in den Dachgiebeln. An
den Wänden schabten die Zweige der im Garten stehenden Eukalyptusbäume.
    In Daniels Arbeitszimmer glitzerten die Splitter der zertrümmerten Glasregale auf dem Boden. Die farbigen, polierten Kugeln waren überall im Raum verstreut, als hätte ein Poltergeist Billard damit gespielt.
    Zimmer für Zimmer durchsuchte Mitch das Erdgeschoss; wo kein Licht brannte, schaltete er es ein. Eigentlich erwartete er nicht, in diesem Stockwerk etwas zu finden, und er fand auch nichts.
    Er redete sich ein, dass er eben gründlich vorging, und wusste doch, dass sein Verhalten nur dazu diente, den Gang ins Obergeschoss aufzuschieben.
    An der Treppe angelangt, blickte er nach oben und hörte sich »Daniel« sagen, aber nicht sehr laut, und »Kathy«, auch nicht lauter.
    Für das, was Mitch erwartete, hätte er eigentlich in die Tiefe steigen sollen. Zu so etwas hinaufzusteigen, das kam ihm irgendwie verkehrt vor. Schließlich richtete man Grabkammern nicht auf einem Turm ein.
    Während er die Stufen erklomm, wurde der Wind vorübergehend heftiger. Er trommelte gegen die Fenster und ließ die Dachbalken ächzen.
    Im Flur oben lag auf dem polierten Parkettboden ein schwarzer Gegenstand, der wie ein elektrischer Rasierer aussah, jedoch ein wenig größer war. Das vordere Ende bestand aus zwei glänzenden, etwa zehn Zentimeter voneinander entfernten Metallstiften.
    Mitch zögerte, dann hob er das Ding auf. An der Seite befand sich ein Kippschalter. Als er ihn drückte, sprang zwischen den beiden Metallstiften ein zuckender weißer Lichtbogen über.
    Ein Taser, der eigentlich dazu diente, um sich zu verteidigen.
Es war allerdings kaum anzunehmen, dass Daniel und Kathy ihn dazu verwendet hatten.
    Bestimmt hatte Anson das Ding mitgebracht, um die beiden damit anzufallen. Ein elektrischer Schock aus einem solchen Gerät konnte einen Menschen minutenlang außer Gefecht setzen, so weit wusste Mitch Bescheid. Dann lag man hilflos da und spürte, wie die verkrampften Muskeln zuckten, weil alle Nervenbahnen ins Chaos geraten waren.
    Obwohl Mitch klar war, wo er hingehen musste, schob er den schrecklichen Augenblick erneut auf und trat zuerst ins Schlafzimmer.
    Hier brannten alle Lichter mit Ausnahme einer Nachttischlampe, die offenbar bei einem Kampf auf den Boden gestoßen worden war. Ihre Glühbirne war zerborsten. Die Laken waren verknüllt, mehrere Kissen waren vom Bett gerutscht.
    Die Schläfer waren buchstäblich wach geschockt worden.
    Daniel besaß eine große Sammlung an Krawatten. Etwa zwanzig lagen verstreut auf dem Boden wie grelle Seidenschlangen.
    Mitch drehte sich um und ging mit etwas größerer Entschlossenheit auf das Zimmer am Ende des kürzeren der beiden Flure zu. In die Räume, an denen er

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