Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
Vom Netzwerk:
stand im Dunkeln da und lauschte.
    Er wusste nicht recht, ob die Stille ihn davon überzeugte, dass er allein war, oder ob die Dunkelheit ihn zu sehr an jene im Kofferraum erinnerte, der er zweimal entkommen war – jedenfalls schaltete er, ohne weiter nachzudenken, das Garagenlicht ein.
    Sein Pick-up stand da, wo er ihn hingestellt hatte. Der Platz für den Honda war leer.
    Mitch stieg die Treppe zum Dachboden hoch. Dort waren die Schachteln noch immer so aufgestapelt, dass sie die Bresche im Geländer kaschierten.
    Auf der gegenüberliegenden Seite angelangt, stellte er fest, dass der Rekorder und die anderen elektronischen Geräte verschwunden waren.
    Offenbar war einer der Entführer dagewesen, um die Ausrüstung abzuholen.

    Was die Bande wohl über das Verschwinden von John Knox dachte? Womöglich hatte es bereits schlimme Folgen für Holly gehabt.
    Als er spürte, dass er zu zittern begann, zwang er sich, diese düsteren Spekulationen abzubrechen.
    Er war keine Maschine, und Holly war das auch nicht. Ihre beiden Leben hatten einen Sinn, sie waren vom Schicksal zu einem bestimmten Zweck zusammengeführt worden, und diesen Zweck würden sie erfüllen.
    Er musste glauben, dass das stimmte. Sonst hatte er nichts, woran er sich festhalten konnte.
    Mitch ging nach unten, schaltete das Licht aus und ging unbekümmert zur Hintertür des Hauses. Beobachtet wurde es nun offenbar nicht mehr.
    Die arrangierte Mordszene in der Küche war noch genauso, wie er sie in Erinnerung hatte. Das auf dem Boden verspritzte Blut und die Handabdrücke auf den Küchenschränken waren nun getrocknet.
    In der Waschküche nebenan zog er die Schuhe aus und untersuchte sie im Licht der Neonröhre an der Decke. Zu seinem Erstaunen fand er keinerlei Blut.
    Auch seine Socken hatten nichts abgekriegt. Er zog sie trotzdem aus und warf sie in die Waschmaschine.
    Auf Hemd und Jeans fanden sich schließlich doch ein paar kleine, verschmierte Blutflecken. In der Hemdtasche entdeckte er die Visitenkarte von Lieutenant Taggart. Er hob sie auf, warf die Kleider in die Trommel, fügte Waschpulver hinzu und startete das Programm.
    Am Spülbecken stehend, schrubbte er sich die Hände und Unterarme mit Seife und einer weichen Bürste. Indizien wollte er damit eigentlich nicht beseitigen. Vielleicht hoffte er, bestimmte Erinnerungen einfach in den Abfluss spülen zu können.

    Mit einem feuchten Tuch wischte er sich Gesicht und Hals ab.
    Urplötzlich spürte er, wie unendlich müde er war. Er musste sich unbedingt ausruhen, aber er hatte keine Zeit zu schlafen.
    Vielleicht war das ganz gut, denn wenn er es trotzdem versucht hätte, wäre sein Hirn nur von teils bekannten, teils namenlosen Schrecken heimgesucht worden.
    In Schuhen und Unterwäsche ging er in die Küche zurück, die Pistole in der Hand. Er holte eine Dose Cola aus dem Kühlschrank und schüttete sie hinunter.
    Als er die Dose absetzte, sah er auf der Arbeitsplatte neben sich Hollys offene Handtasche liegen. Die war ihm schon früher am Tag aufgefallen, doch hatte er sich in der Hektik nicht damit beschäftigt, was daneben verstreut auf der Arbeitsplatte lag. Eine zerknüllte Zellophanhülle. Ein aufgerissenes Pappschächtelchen. Ein kleines Heft mit Anweisungen.
    Holly hatte sich einen Schwangerschaftstest besorgt. Sie hatte ihn geöffnet und offenbar auch verwendet, irgendwann, nachdem Mitch zur Arbeit gefahren war und bevor die Kidnapper sie mitgenommen hatten.
    Wenn du als Kind im Lernzimmer eingesperrt bist und lange Zeit weder mit einem anderen Menschen gesprochen noch eine andere Stimme als deine eigene gehört hast, wenn man dich bis zu drei Tage lang nicht mit Nahrung versorgt hat, nur mit Wasser, und wenn du eine oder zwei Wochen lang kein Licht gesehen hast außer während des kurzen Augenblicks, in dem deine Urinflaschen und der Eimer für deinen Kot ausgetauscht werden – dann erreichst du einen Punkt, an dem Stille und Dunkelheit keine Bedingungen mehr sind, sondern zu etwas Plastischem werden, zu einer Art Gegenstand , der den Raum mit dir teilt und
mit jeder Stunde größer wird. Immer mehr Raum fordern diese Stille und diese Dunkelheit, bis sie von allen Seiten auf dich eindringen, bis sie sich schwer von oben her auf dich legen und dich in einen winzigen Raum pressen, in den dein Körper nur passt, wenn er zusammengequetscht wird wie eine auf dem Schrottplatz komprimierte Autokarosserie.
    Vom Grauen dieser extremen Klaustrophobie erfasst, meinst du, es keine weitere Minute

Weitere Kostenlose Bücher