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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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ihren Silberharfen, während der Wind brauste.
    Das Kribbeln im Nacken wurde mit jedem Nagel stärker.
Als alle gezogen waren, klappte Mitch gespannt die Sperrholzplatte hoch.
    Darunter fand er nur Trägerbalken. Die Zwischenräume waren mit Isoliermaterial aus Glasfasern gefüllt.
    Er zog das knisternde Material heraus. Darunter verbargen sich weder eine Stahlkassette noch in Plastikfolie gewickelte Geldbündel.
    Die Vorahnung war ebenso vergangen wie das Gefühl, dass er irgendwie ganz nah bei Holly gewesen war. Verwirrt hockte er da.
    Was zum Teufel hatte das alles zu bedeuten?
    Als er den Blick über den Dachboden schweifen ließ, verspürte er keinerlei Drang, irgendeine weitere Sperrholzplatte zu entfernen.
    Seine ursprüngliche Einschätzung hatte sich als richtig erwiesen. Schon wegen der Gefahr eines Hausbrands würde Anson nirgendwo Geld verstecken, wo er nicht schnell darankam.
    Mitch überließ die Spinnen der Dunkelheit und dem unablässig suchenden Wind.
    Im Kleiderschrank schob er die Leiter zusammen, klappte die Falltür hoch und setzte seine Suche fort. Er spähte hinter die hängenden Kleidungsstücke, untersuchte die Schubladen auf doppelte Böden, betastete die Unterseite jedes Regalbretts und fuhr mit den Fingern an allen Leisten entlang, falls sich dort ein Hebel befand, mit dem man ein Geheimfach öffnete.
    Im Schlafzimmer hob er jedes Gemälde an der Wand an, um nachzuschauen, ob sich dahinter ein Wandsafe verbarg, obwohl er daran zweifelte, dass Anson sich mit einem derart offensichtlichen Versteck zufriedengegeben hätte. Er schob sogar das Doppelbett beiseite, fand jedoch keine lose Teppichfliese, unter der sich ein Tresor befand.

    Als Nächstes machte Mitch sich an die beiden Badezimmer, den Einbauschrank im Flur und zwei zusätzliche Schlafzimmer, die nicht einmal möbliert waren. Nichts.
    Im Erdgeschoss begann er im Arbeitszimmer, dessen Wände Bücherregale aus Mahagoni zierten. Hier gab es so viele mögliche Verstecke, dass er erst zur Hälfte fertig war, als er einen Blick auf seine Armbanduhr warf: drei Minuten nach halb zwölf!
    In siebenundzwanzig Minuten riefen die Entführer an.
    Mitch ging in die Küche, griff nach der Pistole und ging zur Waschküche. Als er die Tür aufzog, stank es nach Urin.
    Er knipste das Licht an und fand Anson in elendem Zustand vor.
    Zum größten Teil war die Flut von der Hose, den Socken und den Schuhen aufgesogen worden, aber zusätzlich hatte sich auf den Fliesen vor den Stuhlbeinen noch eine kleine gelbe Pfütze gebildet.
    Neben ihrem Zorn besaßen Psychopathen nur zwei weitere annähernd menschliche Emotionen – Eigenliebe und Selbstmitleid, die einzige Liebe und das einzige Mitleid, wozu sie fähig waren. Ihre extreme Eigenliebe ging weit über normale Egomanie hinaus.
    Statt etwas so Wertvolles wie Selbstachtung auszudrücken, verkörperte dieses Gefühl eine Art maßlosen Stolz. Anson war zwar nicht in der Lage, Scham zu empfinden, aber dafür war sein Stolz von hoch oben in einen Sumpf aus Selbstmitleid gestürzt.
    Die sportliche Bräune, die er zur Schau trug, hatte einen aschfahlen Unterton. Sein Gesicht sah schwammig aus. In den blutunterlaufenen Augen stand abgrundtiefe Qual.
    »Sieh her, was du mir angetan hast«, sagte er.
    »Das hast du dir selbst angetan.«

    Falls sein Selbstmitleid in ihm noch Raum für Zorn ließ, dann verbarg er diesen gut.
    »Das ist krank, Mann.«
    »Keine Frage«, stimmte Mitch zu.
    »Und du lachst dir ins Fäustchen.«
    »Nein. Lustig ist hier überhaupt nichts.«
    »Du lachst doch innerlich!«
    »Die Sache ist mir zuwider.«
    »Wenn sie dir zuwider ist, wo bleibt dann deine Scham?«
    Mitch schwieg.
    »Wo bleibt dein flammendes Gesicht? Wieso errötest du eigentlich nicht?«
    »Die Zeit wird knapp, Anson. Bald rufen die Entführer an. Ich will das Geld.«
    »Was bekomme ich dafür? Was habe ich davon? Wieso soll ich bloß immer geben und geben?«
    Mitch richtete die Pistole auf das Gesicht seines Bruders. Dabei streckte er den Arm aus und nahm die Stellung ein, in der Campbell ihn bedroht hatte.
    »Du gibst mir das Geld, und ich lasse dich am Leben.«
    »Was für ein Leben hätte ich dann noch?«
    »Du behältst ja alles, was du sonst noch hast. Ich zahle das Lösegeld und erledige die Angelegenheit so, dass die Polizei nie von der Entführung erfährt. Das heißt, niemand wird dich je verhören.«
    Zweifellos dachte Anson an Daniel und Kathy.
    »Du kannst einfach weitermachen«, behauptete Mitch wider

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