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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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wiederholte Mitch die Frage: »Hast du darüber nachgedacht, wer ich bin?«
    Anson hob den Kopf. Seine Augen waren blutunterlaufen, die Lippen hingegen bleich. In seinen Bartstoppeln glitzerten Schweißperlen.
    »Es geht mir gar nicht gut hier drin«, klagte er mit einer Stimme, die Mitch noch nie von ihm gehört hatte. Der weinerliche, beleidigt klingende Tonfall wies darauf hin, dass er sich als Opfer fühlte.
    »Noch einmal: Hast du darüber nachgedacht, wer ich bin?«
    »Du bist Mitch, aber du bist nicht der Mitch, den ich kenne.«
    »Das ist schon mal ein Anfang.«
    »Du hast jetzt etwas an dir … ach, ich weiß nicht, was du bist.«
    »Ich bin ein Ehemann. Ich hege und pflege.«
    »Was soll das denn heißen?«

    »Dass du das kapierst, hätte ich auch nicht erwartet.«
    »Ich muss aufs Klo.«
    »Nur zu!«
    »Ich platze. Ehrlich, ich muss dringend pinkeln!«
    »Tu dir nur keinen Zwang an.«
    »Meinst du etwa, ich soll es hier tun?«
    »Das ist zwar unanständig, aber dafür praktisch.«
    »Tu mir das doch nicht an, Bruder.«
    »Nenn mich nicht so.«
    »Du bist immer noch mein Bruder«, sagte Anson.
    »Biologisch gesehen.«
    »Mann, das ist einfach nicht richtig!«
    »Nein, ist es nicht.«
    Die Stuhlbeine hatten die Glasur der Bodenfliesen inzwischen noch wesentlich mehr in Mitleidenschaft gezogen. Zwei Fliesen waren gesprungen.
    »Wo verwahrst du dein Bargeld?«, fragte Mitch.
    »Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich dir nicht so deine Würde nehmen, wie du es jetzt mir antust.«
    »Du hast mich einer Mörderbande in die Hände gegeben. «
    »Aber ich habe dich vorher nicht erniedrigt.«
    »Du hast gesagt, du würdest meine Frau vergewaltigen und umbringen.«
    »Kannst du damit nicht endlich aufhören? Das habe ich dir doch erklärt !«
    Anson hatte offenbar so verzweifelt versucht, den Stuhl von der Waschmaschine zu befreien, dass das dicke, orangefarbene Stromkabel an einer Stelle das Blech der Maschine eingedellt hatte.
    »Also, wo verwahrst du dein Bargeld, Anson?«
    »Ich habe, weiß auch nicht genau, ein paar Hundert Dollar in meinem Portemonnaie.«

    »Hältst du mich eigentlich für dämlich? Versuch bloß nicht, mir einen Bären aufzubinden!«
    Ansons Stimme wurde brüchig. »Das tut verdammt weh.«
    »Was tut weh?«
    »Meine Arme. Meine Schultern brennen wie verrückt. Lass mich eine andere Haltung einnehmen. Du kannst mir die Hände ja vor dem Körper fesseln. So, wie es jetzt ist, ist es echte Folter.«
    Mit seinem Schmollmund sah Anson aus wie ein großer, kleiner Junge. Ein Junge mit einem kühl kalkulierenden Reptiliengehirn.
    »Sprechen wir erst mal über das Geld«, sagte Mitch.
    »Du meinst wohl, hier liegt massenhaft Geld herum? Da irrst du dich.«
    »Wenn ich das Geld überweise, dann sehe ich Holly nie wieder.«
    »Vielleicht doch. Die wollen schließlich nicht, dass du sie bei den Cops verpfeifst.«
    »Sie werden nicht riskieren, dass Holly sie vor Gericht identifiziert.«
    »Campbell könnte sie dazu bringen, Holly freizulassen.«
    »Indem er ihre Mütter verprügeln und ihre Schwestern vergewaltigen lässt?«
    »Willst du Holly eigentlich wiederhaben oder nicht?«
    »Ich habe zwei seiner Männer umgebracht. Meinst du, da wird er mir noch helfen?«
    »Durchaus möglich. Jetzt hat er nämlich Respekt vor dir.«
    »Das kann ich umgekehrt nicht behaupten.«
    »Mann, was andere Leute angeht, muss man flexibel sein!«
    »Ich werde den Entführern sagen, dass ich das Geld persönlich überbringen will. Im Austausch für Holly.«
    »Dann klappt es gar nicht.«

    »Du hast doch irgendwo Bargeld verstaut«, sagte Mitch hartnäckig.
    »Geld bringt Zinsen oder Dividenden. Das stecke ich nicht in eine Matratze.«
    »Aber du hast früher diese ganzen Seeräubergeschichten gelesen.«
    »Na und?«
    »Dabei hast du dich mit den Piraten identifiziert , weil du sie so cool fandest.«
    Anson zog eine Grimasse, als würde er unter starken Schmerzen leiden. »Bitte, Mann, lass mich aufs Klo gehen. Es geht mir wirklich übel.«
    »Jetzt bist du ein Pirat. Hast sogar dein eigenes Boot und willst deine Geschäfte in Zukunft vom Ozean aus führen. Piraten bringen ihr Geld nicht auf die Bank. Sie fassen es gerne an, wollen es vor sich sehen. Sie vergraben es an mehreren Orten, damit sie leicht daran kommen, wenn sich ihr Schicksal wendet.«
    »Mitch, bitte! Ich habe schon Blasenkrämpfe!«
    »Das Geld, das du als Berater einkassierst – ja, das kommt schon auf die Bank. Aber das Geld aus Jobs, die – wie

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