Todeszorn: Thriller (German Edition)
Seite einer der beiden zu schlagen. Es könnte die falsche sein.
»W as erwarten Sie von mir?«, fragte sie.
»I ch möchte, dass Sie sich von Kenny über die hiesige Drogenszene ins Bild setzen lassen– er soll Ihnen die Vertriebswege, die Hierarchien und so weiter erklären, damit Sie ein Gefühl dafür bekommen, womit wir es hier zu tun haben. Dann zeigt er Ihnen die Fundorte der ersten drei Leichen. Was halten Sie davon?«
»G eht in Ordnung.«
Warren verließ den Raum, und Rebecca folgte Armstrong zu dem Tisch, auf dem die Kaffeekanne stand. Sie nahm sich ein Stück Mürbegebäck und biss hinein.
»S ie mögen Ihren Chef wohl nicht besonders?«, fragte sie.
Armstrong sah sie von der Seite an.
»A ls Vorgesetzter ist er ganz in Ordnung, aber er ist eben noch von der alten Schule. Ein harter Hund, was den Umgang mit Straftätern betrifft. Er sitzt bestimmt nicht auf diesem Posten, weil er Reformpolitik betreiben will.«
Rebecca war bisher davon ausgegangen, dass jemand sich um einen Posten wie den des Direktors der SCDEA nur bemühte, um fortan eine ruhige Kugel zu schieben. Die Stelle war ein Verwaltungsjob, aber doch nichts für einen Polizisten mit Leib und Seele.
»U nd warum dann?«, fragte sie.
»W eil er etwas gegen den Mist unternehmen will, der überall im Land kursiert. Ich spreche von Drogen. Sie werden kaum einen Zweiten finden, der wie er durch und durch Polizist ist.«
»W ie kam es überhaupt zu dieser Task Force?«
»I ch habe DI Fraser, meinem Syndikatsleiter, signalisiert, dass wir nicht weiterkommen, und von da ging die Info ganz schnell in Richtung Spitze. Der Boss übernimmt gern selbst eine Funktion. Er schätzt es nicht, den ganzen Tag lang hinter dem Schreibtisch zu sitzen.«
»U nd er hat sich auch den Namen einfallen lassen?«
»E r möchte die Leute glauben machen, dass alle großartigen Ideen von ihm stammen. Soll mir recht sein.«
Rebecca biss noch ein Stückchen von ihrem Keks ab und legte den Rest zurück auf den Teller. Eigentlich mochte sie Mürbegebäck, aber dieses Zeug war einfach nur billig und nicht besonders gut.
»W as ist mit Fraser?«, fragte sie. »W ie ist der so?«
Armstrong nahm ihren halb gegessenen Keks und steckte ihn sich in den Mund. Rebecca wusste nicht, was sie von seinem Verhalten halten sollte.
»N un, der ist ein echter Politiker. Seine nächste Beförderung interessiert ihn mehr als alles andere.« Armstrong zerdrückte seinen Pappbecher, bevor er ihn in den Papierkorb warf. »A ber denken Sie sich nichts dabei. Ich bin heute nur so ungenießbar, weil ich seit ungefähr einer Woche nicht eine Nacht richtig durchgeschlafen habe und wir mit der Untersuchung trotzdem nicht einen einzigen Schritt weitergekommen sind. Und dann das Mädchen heute Morgen…«
Er beendete den Satz nicht.
»N ormalerweise bin ich wirklich nicht so«, versicherte er ihr. Er versuchte zu lächeln, aber es wirkte nicht überzeugend.
Rebecca trug es niemandem nach, wenn er ungenießbar war– solange es einen guten Grund dafür gab. Und irgendwie mochte sie Armstrong auch– trotz seiner etwas unterentwickelten Teamfähigkeit.
»W ohin geht’s jetzt?«, fragte sie.
»W ie wär’s mit einer Tour durch meine Albträume?«
2 . Teil: Soldaten
1
Denver, Colorado
Montagmorgen
Seth Raines ging in die Küche seines Apartments auf dem Capitol Hill, schenkte sich ein Glas Orangensaft ein und leerte es in einem Zug. Dann schaltete er die Kaffeemaschine ein, setzte sich an den Küchentisch und rieb sich den Schlaf aus den Augen. In seinem Kopf spukten noch die Bilder aus einem Traum herum, einem Traum von Krieg und Tod. Alle Details waren zu erkennen gewesen, die Geräusche hallten ihm noch im Ohr nach, und die Gerüche waren noch so präsent, als wäre alles erst gestern passiert.
Damals, in einem anderen Leben, war Raines in der Provinz Helmand in Afghanistan gewesen– als Oberfeldwebel der sich mit dem Beinamen Charlie Company schmückenden Dritten Kompanie der Ersten Aufklärungsdivision der US Marines. Dann war die simple Kontrollfahrt vor zwei Jahren gekommen, bei der er das Niederbrennen eines Mohnblumenfeldes überwachen sollte. Bevor sein Konvoi auf der Rückfahrt von dem Opiumfeld zum britischen Truppenlager vor der Stadt Lashkar Gah, einem Brigadehauptquartier des 42. Infanteriekommandos der Royal Marines in einen Hinterhalt geraten war.
In seinem Traum gab es nur kurze, bruchstückhafte Bildfetzen von diesem Tag– der klumpige Stumpf eines abgerissenen
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