Todeszorn: Thriller (German Edition)
Zahlencode eingegeben hatte, betrat er einen Raum, der aussah wie ein Lagerraum mit Holzregalen. Indem er gegen die hintere Regalwand drückte, öffnete sich ihm der Zugang zu dem langen, schmalen Übungsraum. Neben der Tür waren an beiden Wandseiten in akkurat aufgereihten Halterungen diverse Schusswaffen befestigt; dahinter erstreckten sich zwei je fünfundzwanzig Meter lange Schießbahnen, an deren Enden die Zielscheiben an Deckenschienen hingen, die von jedem der beiden Schießstände aus per Fernbedienung bewegt werden konnten.
Logan war schon häufiger hier gewesen, staunte aber jedes Mal aufs Neue darüber, wie laut sich die Schüsse in dem geschlossenen Raum anhörten. In der rechten der beiden Kabinen stand Cahill in klassischer Schießhaltung und feuerte auf eine ungefähr fünf Meter von ihm entfernte Zielscheibe.
Logan nahm sich ein Paar Ohrenschützer, setzte sie auf und wartete hinter Cahill, bis der sein Magazin geleert hatte. Es war nie ratsam, einen Mann, der eine geladene Waffe in der Hand hielt, von hinten zu erschrecken– ganz besonders dann nicht, wenn dieser Mann sich in einer derart miesen Stimmung befand wie Cahill.
Anhand der Einschusslöcher in der Zielscheibe konnte Logan erkennen, dass sein Freund bereits eine ganze Batterie Patronen abgefeuert hatte.
Als die Waffe sich nicht mehr durchlud, da er seine Munition verschossen hatte, stellte Cahill sich aufrecht hin und löste das Magazin, das aus dem Griff der Waffe glitt.
»B ist du auf irgendjemanden wütend?«, rief Logan und nahm die Ohrenschützer ab.
Pulverdampf umgab Cahill. Der Geruch von Kordit drang in Logans Nase.
Cahill wandte sich ruckartig um, nahm ebenfalls die Ohrenschützer vom Kopf und legte sie neben die Waffe auf das Stützbrett vor sich.
»I ch bin komplett sauer«, sagte er.
»D as ist nichts Neues.« Logan lächelte ihm zu. Um ihn aufzuheitern, griff er in den Schießstand und drückte einen Knopf, mit dem er die Zielscheibe näher heranholte.
»A ber deine Treffsicherheit hat deine Wut nicht beeinträchtigt«, bemerkte er angesichts der Zielscheibe mit den zahlreichen Einschusslöchern um den Punkt in der Mitte herum.
»G elernt ist gelernt.«
Cahill war der beste Schütze im Team. Ihm machte niemand etwas vor. Aber auch Logan wurde von Mal zu Mal besser und konnte sich bereits mit einigen seiner Kollegen bei CPO Security messen. Cahill schätzte es, wenn seine Angestellten in Wettstreit miteinander traten– er hielt das für eine gute Art und Weise, ihr Potenzial auszutesten, ohne durch eine ernste Situation dazu gezwungen zu sein. Ihm lag viel daran, es in Ausübung ihres Berufs als Personenschützer so selten wie möglich zu körperlichen Auseinandersetzungen kommen zu lassen, denn er wusste aus Erfahrung, dass man noch so durchtrainiert sein konnte– das Pech hatte immer die Eigenschaft, einem im ungünstigsten Augenblick aufzulauern.
»B ist du immer noch wild entschlossen, deine Mission durchzuführen und nach Denver zu fliegen?«, fragte Logan.
»I ch habe gestern Abend schon unsere Flüge gebucht.«
Logan sah ihn fassungslos an.
»M orgen früh um sieben heben wir ab. Sam macht gerade das Gästezimmer zurecht, damit Ellie heute Abend schon zu uns umziehen kann. Es ist alles vorbereitet.«
Logan schaute auf seine Uhr– es ging auf Mittag zu. Ellie würde noch ein paar Stunden lang in der Schule sein, also hatte er vorerst keine Möglichkeit, mit ihr über die neuen Entwicklungen zu sprechen.
»B in ich wirklich so vorhersehbar?«, fragte er und schüttelte den Kopf.
»N icht vorhersehbar. Verlässlich.«
»W ie lange werden wir fort sein?«
»D as weiß ich nicht.«
»A ber du hast doch bestimmt Zimmer reserviert, oder? Schließlich müssen wir ja irgendwo schlafen.«
»K lar. In einem anonymen Hotel für Geschäftsreisende mitten in der Stadt.«
Cahill konnte Logan manchmal wirklich zur Verzweiflung treiben.
»U nd für wie lange hast du dieses Hotel gebucht?«
»D rei Nächte.«
»D u meinst, das reicht?«
»F alls nicht, verlängern wir eben oder suchen uns etwas Neues.« Er breitete in einer weltumspannenden Geste die Arme aus. »W enn du allerdings nicht möchtest…«
»O kay, ich komme ja schon mit. Es ist nur…«
Cahill ahnte bereits, was jetzt kommen würde. Logan setzte sich auf einen Stuhl.
»I ch fühle mich immer ein bisschen verloren, wenn ich mit einem von euch draußen unterwegs bin. Das ist nicht meine Welt. Ich habe noch immer Angst, einen Fehler zu machen.
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