Todsünde (German Edition)

herum befreien durfte.
     
    Sie würden nun wahrscheinlich endlich auf ihn kommen, ihn verdächtigen. Doch er würde so tun, als wisse er von nichts. Man konnte ihm doch nicht wirklich etwas nachweisen, würde es stattdessen IHM anhängen. Da war er sich sicher. 
     
    Es bedrückte ihn ein wenig, dass Lindsay sie nun finden würde, tot in ihrer eigenen Badewanne. Doch diese Gelegenheit hatte er sich einfach nicht entgehen  lassen wollen. Karen durfte sogar noch ein wenig Spaß haben, bevor sie gehen sollte, für immer von dieser Welt. Die Welt war nun von einer weiteren Sünderin befreit … und er war verdammt stolz auf sich.

17
     
    Sprachlos standen die Geschwister vor der Badewanne. Tommy hatte den Vorhang zur Seite gezogen und eine grausame Entdeckung gemacht.
„Oh mein Gott, oh mein Gott ...“, stammelte Lindsay nur.
„Fuck! Wann ist das denn passiert?“, fragte Tommy ungläubig.
„Mir wird gerade voll schlecht“, sagte Lindsay noch, bevor sie sich in die Toilette übergab.
     
    „Karen … oh nein, Karen ...“ Tommy starrte wie gebannt auf die toten Überreste der Frau, mit der er in der letzten Nacht noch intim gewesen war. Blut. Es war überall Blut.
„Wir müssen sofort Detective Danes anrufen, Tommy“, schrie Lindsay und holte ihn aus seiner Trance zurück in die Gegenwart.
„Scheiße, wer war das?“
„Woher soll ich das wissen? Ich habe tief und fest geschlafen. Ihr habt doch hier eure Party gemacht.“
„Das war ganz bestimmt nicht Teil der Party.“
„Ihr wart doch aber nur zu dritt, oder? War sonst noch jemand in der Wohnung?“
„Nein. Ich weiß nicht. Verflucht, ich kann mich an die Hälfte der Nacht nicht mehr erinnern.“
„Das ist aber gar nicht gut, Tommy, weißt du, wie das vor den Cops aussehen wird?“
„Ich weiß. Ich glaube, ich sollte besser verschwinden.“
„Du willst mich doch nicht mit ihr allein lassen?“, fragte Lindsay panisch.
     
    Tommy überlegte kurz. „Nein, natürlich nicht. Wir sollten jetzt dringend die Polizei rufen.“
Lindsay wollte gerade raus aus dem Badezimmer und hinüber zum Telefon stürmen, als sie abrupt in der Tür stehen blieb. Sie schloss die Badezimmertür und sagte: „Was, wenn der Mörder noch hier ist?“
„Ach, Quatsch, wo soll er denn sein?“
„Irgendwo in der Wohnung. Vielleicht versteckt er sich.“
„Dann hätten wir ihn doch schon bemerkt, wir sind immerhin seit einer Weile wach.“
„Wir haben doch auch die Leiche jetzt erst bemerkt.“
Tommy sah sie an. „Du hast Recht. Das ist sowieso komisch. Wieso hast du sie nicht schon vorher entdeckt? Oder Anthony? War denn keiner von euch beiden heute Morgen auf dem Klo?“
     
    Lindsay dachte scharf nach. „Doch, das war ich. Oh Gott, ich habe direkt neben einer Leiche gesessen und gepinkelt, und hab`s nicht bemerkt.“
„Wie kannst du das nicht bemerkt haben?“
„Na, der Vorhang war doch zu. Wenn du nicht hättest duschen wollen, hätten wir sie wahrscheinlich erst wer weiß wann entdeckt.“
„Und Anthony?“, fragte er.
Lindsay dachte an Anthony und an den Morgen, den sie gemeinsam verbracht hatten. Er hatte nichts erwähnt.
    „ Der wusste von nichts. Denkst du nicht, er hätte was gesagt, wenn er eine Leiche in unserem Bad gesehen hätte?“
„Ich weiß gar nicht mehr, was ich denken soll. Ich weiß nur, dass wir letzte Nacht noch zu dritt waren – du nicht mit eingeschlossen. Und jetzt ist einer von uns tot und einer hat die Leiche entdeckt. Was macht das dann aus Anthony?“
„Etwa den Mörder?“ Sie sah Tommy an und er sah sie an. Sie konnten einander die Angst ansehen.
     
    „Ich gehe jetzt zuerst raus, du folgst mir langsam, okay?“, sagte er.
„Okay. Warte! Willst du nicht irgendwas zum Schutz mitnehmen?“
„Was denn? Die Klobürste oder was?“ Typisch Tommy, sogar jetzt noch zu Witzen aufgelegt.
„Nein, Mann. Nimm die Nagelschere.“
„Oh wow, damit werde ich`s dem Killer aber geben.“
„Besser als nichts. Und nun geh endlich, ich mache mir noch in die Hosen vor Angst.“
     
    Tommy ging voran und durchsuchte langsam jedes Zimmer, bis er sicher war: „Hier ist niemand.“
Dann riefen sie auf dem Revier an.
„NYPD, Detective Danes“, meldete sich eine Stimme.
„Detective, wir haben hier ein Problem. In unserer Badewanne ist eine Leiche“, teilte Lindsay ihr mit.
„Wer ist es?“ Detective Danes war sofort hellwach.
„Karen Shaughnessy, eine der Pflegerinnen unserer Mutter.“
„Dieselben Merkmale?“