Todsünde (German Edition)
Küche.
Martha Scott saß bewegungslos und mit Angst in den Augen da und sah dem Geschehen zu.
„Waffe fallen lassen, oder wir schießen!“, schrie Detective Danes.
„Bitte, lass sie fallen, Seth“, flehte Lindsay. „Ich liebe dich, Seth. Du willst doch immer nur mein Bestes, lass nicht zu, dass sie mir auch noch dich wegnehmen. Wenn sie dich erschießen, habe ich niemanden mehr, der mich beschützt. Bitte, Seth. Lass das Messer fallen.“
Langsam ließ er die Hand sinken und das Messer auf den Küchenboden fallen.
Sofort stürzten sich die Cops auf ihn und legten ihm Handschellen an. Detective Danes griff sich Lindsay und zog sie zur Seite.
„Sind Sie okay?“
„Ja, alles gut“, sagte Lindsay. Sie sah zu ihrer Mom, die alles stumm beobachtete. Lindsay fiel ihr um den Hals. „Es ist alles gut, Mom, alles ist gut. Wir sind in Sicherheit.“
22
Fröhlich wartete sie zusammen mit Anthony vor dem Gefängnis, um Tommy abzuholen. Sie fühlte sich frei und unbeschwert. Noch immer war es für sie schwer schwer zu glauben, dass Seth der Mörder war und die Mordwaffe die ganze Zeit in der Küchenschublade ihrer Mutter gelegen hatte.
Nie würde Lindsay Seths Blick vergessen, als er abgeführt wurde.
„Wirst du mich besuchen kommen?“, hatte er gefragt, und sie hatte geantwortet: „Ja, das werde ich.“
Sie meinte es ehrlich. Seth war allem Anschein nach ein sehr kranker Mensch. Der sie aber so sehr liebte, dass er für sie getötet hatte – um sie vor Schmerz und Kummer zu bewahren.
Allmählich ergab alles ein Bild. Seth hatte zu den Tatzeiten einzig und allein das Alibi, das sein 15-jähriger Bruder Howie ihm verschafft hatte. Der hatte auf Druck der Polizei inzwischen gestanden, dass er für Seth gelogen hatte und dafür jedes Mal ein neues Videospiel von ihm bekommen hatte.
Seth hatte Lindsay monatelang heimlich verfolgt und sie beobachtet. So hatte er das von Robert und von Jess erfahren. Er hatte außerdem mit angehört, wie Lindsay sich bei ihrer Mom ausgeweint hatte, weil die beiden ihr so wehgetan hatten.
Dass Karen einen Groll gegen Lindsay hatte, konnte er selbst bei jeder Begegnung sehen. Er war in der Nacht, in der Karen bei den Scott-Geschwistern übernachtet hatte, über den Hintereingang in die Wohnung eingedrungen – mit einem Schlüssel, den er mithilfe eines Abdrucks von Lindsays Schlüssel vor einiger Zeit angefertigt hatte – und hatte die betrunkene Karen erstochen, während alle anderen ihren Rausch ausschliefen.
Er hatte es für Lindsay getan. Aus Liebe.
„Hey, Tommy“, rief Anthony ihm entgegen, als der nach drei Wochen Haft endlich entlassen wurde.
Tommy war entlastet, mit Seths Geständnis war er ein freier Mann.
„Hey, Anthony Banana“, rief Tommy. Es schien ihm gut zu gehen, so gut, dass er schon wieder zu Scherzen aufgelegt war.
Lindsay lief ihrem großen Bruder entgegen und fiel ihm in die Arme.
„Gott sei Dank, du bist wieder frei.“
„Ach, das Essen da drinnen war gar nicht so übel. Es gab sogar Schokoladenpudding zum Nachtisch, es hätte dir gefallen, Schwesterherz.“
„ Sehr lustig! Die hätten dich vielleicht doch noch ein wenig länger drin behalten sollen.“
„ Nein, nein, so scharf bin ich auch nicht drauf. Das Kabelfernsehen war das Letzte.“
„Es tut mir so leid, an dir gezweifelt zu haben“, sagte Lindsay jetzt. Sie hoffte sehr, Tommy konnte ihr verzeihen.
„Ja, Mann, mir tut`s auch leid“, schloss sich Anthony an.
„Ist schon gut. Ich hätte mich selbst auch für schuldig gehalten, bei den Beweisen.“
Lindsay war froh, dass ihr Bruder es ihnen nicht nachtrug.
Jetzt sah er Lindsay fast schüchtern an. „Und mir tut es leid, dass ich dich belogen habe.“
„Mach das ja nie wieder!“ Sie kniff ihm in den Arm. „Ich würde sagen, wie sind quitt, ja?“
Tommy nickte erleichtert.
„Du willst jetzt sicher erst mal nach Hause, oder? Umziehen, duschen …“, fragte Anthony Tommy.
Lindsay hatte sich darum gekümmert, dass eine Reinigungsfirma die Wohnung von oben bis unten sauber machte. Trotzdem fand sie, dass Tommy sich besser was Neues suchen sollte. Sie selbst wollte bei ihrer Mom wohnen bleiben und sich mehr um sie kümmern, sie hatte Schlimmes durchgemacht.
Anthony war ebenfalls wieder nach Queens gezogen, ins Haus seiner Eltern, bis er etwas Eigenes fand. Er hatte außerdem einen Job in einem Copyshop gefunden.
„Machst du Witze? An meinem ersten Tag in Freiheit?“, sagte Tommy
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