Todsünde
zukam.
Sie riss die Augen auf und begann langsam zurückzuweichen.
Es war Pater Brophy.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte er. »Beruhigen Sie sich.«
Sie drehte sich zum Haus um, doch sie konnte niemanden sehen. Wo ist er? Wohin ist er verschwunden?
Wieder näherten sich Lichter. Zwei weitere Autos hielten vor dem Haus. Sie sah das blinkende Blaulicht eines Streifenwagens, dessen grelle Scheinwerfer sie blendeten. Sie musste sich die Hand vor die Augen halten, um zu erkennen, wer da auf sie zukam.
Sie hörte Rizzoli rufen: »Doc? Alles in Ordnung?«
»Ich kümmere mich um sie«, sagte Pater Brophy. »Wo ist Sutcliffe?«
»Ich habe ihn nicht gesehen.«
»Das Haus«, sagte Maura. »Er war in meinem Haus.«
»Bringen Sie sie in Ihren Wagen, Hochwürden«, sagte Rizzoli. »Bleiben Sie einfach nur bei ihr.«
Maura hatte sich noch immer nicht von der Stelle gerührt. Sie stand da wie angewurzelt, als Pater Brophy auf sie zukam. Er zog seinen Mantel aus und hängte ihn ihr über die Schultern. Dann legte er den Arm um sie und half ihr auf den Beifahrersitz seines Wagens.
»Ich verstehe nicht«, flüsterte sie. »Warum sind Sie hier?«
»Schsch. Jetzt wollen wir Sie erst mal ins Warme bringen.«
Er stieg neben ihr ein. Aus der Heizung strömte heiße Luft auf ihre Knie, und sie hüllte sich fröstelnd enger in den Mantel. Ihre
Zähne klapperten so sehr, dass sie kein Wort hervorbrachte.
Durch die Windschutzscheibe erblickte sie dunkle Gestalten auf der Straße. Sie erkannte Barry Frosts Silhouette; er ging auf ihre Haustür zu. Gleich darauf sah sie Rizzoli und einen Streifenbeamten mit gezogenen Waffen zum Seitentor vorrücken.
Sie drehte sich zu Pater Brophy um. Sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen, doch sie spürte die Intensität seines Blicks ebenso deutlich wie die Wärme, die von seinem Mantel ausging. »Woher haben Sie es gewusst?«, flüsterte sie.
»Ich konnte Sie am Telefon nicht erreichen, und da habe ich Detective Rizzoli angerufen.« Er ergriff ihre Hand, hielt sie mit beiden Händen gefasst. Die Berührung ließ ihr die Tränen in die Augen steigen. Plötzlich konnte sie es nicht mehr ertragen, ihn anzusehen. Sie blickte geradeaus auf die Straße, doch sie sah alles nur durch einen vielfarbigen Schleier, als er ihre Hand an seine Lippen führte und sie lange und zärtlich küsste.
Sie blinzelte die Tränen weg. Das Bild der Straße wurde wieder scharf – und was sie jetzt sah, erschreckte sie. Hektisch umherlaufende Gestalten. Rizzoli, wie sie im Schein des Blaulichts über die Straße eilte. Frost, wie er mit gezogener Waffe hinter dem Streifenwagen in Deckung ging.
Warum kommen sie alle auf uns zu! Wissen sie etwas, was wir nicht wissen?
»Verriegeln Sie die Türen«, sagte sie. Brophy sah sie verwirrt an.
»Was?«
» Verriegeln Sie die Türen! « Rizzoli schrie von der Straße aus auf sie ein – eine Warnung. Er ist hier. Er versteckt sich hinter unserem Wagen!
Maura drehte sich zur Seite und tastete nach dem Türknopf, doch in der Dunkelheit konnte sie ihn nicht gleich finden. Panik ergriff sie.
Matthew Sutcliffes Silhouette tauchte im Seitenfenster auf. Sie zuckte zurück, als die Tür aufgerissen wurde und kalte Luft hineinströmte.
»Steigen Sie aus, Pater«, sagte Sutcliffe.
Der Priester verharrte reglos auf seinem Sitz. Mit ruhiger Stimme sagte er: »Der Schlüssel steckt. Nehmen Sie den Wagen, Dr. Sutcliffe. Maura und ich steigen beide aus.«
»Nein, nur Sie, Pater.«
»Ich steige nur aus, wenn sie es auch tut.«
» Verdammt, steigen Sie endlich aus! «
Er packte ihre Haare und riss sie an sich.
Sie spürte den kalten Pistolenlauf an ihrer Schläfe.
»Bitte«, flüsterte sie Brophy zu. »Tun Sie, was er sagt. Steigen Sie ganz einfach aus.«
»Okay!« Brophys Stimme verriet Panik. »Ich tu’s! Ich gehe ja schon ...« Er stieß die Tür auf und stieg aus.
»Setzen Sie sich ans Steuer!«, forderte Sutcliffe Maura auf.
Zitternd und mit unbeholfenen Bewegungen kletterte sie über den Schalthebel auf den Fahrersitz. Sie warf einen verstohlenen Blick aus dem Fenster und sah Brophy, der noch immer neben dem Wagen stand und sie hilflos anstarrte. Rizzoli schrie ihm zu, er solle weglaufen, doch er schien wie gelähmt.
»Fahren Sie los«, befahl Sutcliffe.
Maura legte den Gang ein und löste die Handbremse. Sie presste die nackte Fußsohle auf das Gaspedal, dann zog sie den Fuß wieder zurück.
»Sie können mich nicht töten.« Die logisch denkende Dr.
Weitere Kostenlose Bücher