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Todsünde

Todsünde

Titel: Todsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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einen Mann großziehen?«
    »Nein, wahrscheinlich würdest du das auch ganz alleine hinkriegen. Du würdest schon einen Weg finden, und wenn du dabei draufgehen solltest.«
    »Also, was willst du denn nun von mir hören?«
    »Es ist ja nicht so, als hättest du keine Wahl.«
    »Und ich habe mich entschieden. Wie ich dir schon gesagt habe, ich will das Baby behalten.« Mit entschlossenem Schritt stapfte sie durch den Schnee auf den Hauseingang zu.
    Er hielt sie am Arm fest. »Ich spreche nicht von dem Baby. Ich spreche von uns.« Leise fügte er hinzu: »Entscheide dich für mich, Jane.«
    Sie sah ihm ins Gesicht. »Was soll das heißen?«
    »Es soll heißen, dass wir das auch zusammen schaffen können. Es heißt, dass du bei mir deine Rüstung ablegen musst. Nur so kann es funktionieren – wenn du zulässt, dass ich dir wehtue, und umgekehrt.«
    »Na prima. Dann können wir hinterher beide unsere Wunden lecken.«
    »Oder wir können einander vertrauen.«
    »Wir kennen uns doch kaum.«
    »Wir haben uns immerhin so gut gekannt, dass wir zusammen ein Kind gemacht haben.«
    Sie spürte, wie ihr Gesicht glühend heiß wurde, und plötzlich konnte sie ihm nicht mehr in die Augen sehen. Sie starrte in den Schnee zu ihren Füßen.
    »Ich will ja nicht behaupten, dass es nicht schief gehen kann«, sagte er. »Ich weiß doch selbst nicht genau, wie wir das bewerkstelligen sollen, du hier in Boston und ich in Washington.« Er machte eine Pause. »Und seien wir doch mal ehrlich, Jane. Manchmal kannst du eine richtige Zicke sein.«
    Sie lachte. Fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. »Das weiß ich doch. Das weiß ich nur zu gut.«
    »Aber manchmal ...« Er hob die Hand und berührte zärtlich ihre Wange. »Manchmal ...« Manchmal, dachte sie, siehst du mich auch genauso, wie ich bin.
    Und davor habe ich Angst. Schreckliche Angst.
    Das ist vielleicht das Mutigste, was ich je in meinem Leben tun werde.
    Endlich hob sie den Kopf und sah ihm in die Augen. Sie holte tief Luft und sagte: »Ich glaube, ich liebe dich.«
    Drei Monate später.

24
    Maura saß in der Kirche St. Anthony’s in der zweiten Reihe. Die Orgelklänge riefen Erinnerungen an ihre Kindheit wach. Sie musste an den sonntäglichen Kirchgang mit ihren Eltern denken und daran, wie hart und unbequem die Holzbänke gewesen waren, wenn man eine halbe Stunde lang mucksmäuschenstill darauf sitzen musste. Nach einer Weile hatte sie immer begonnen, unruhig hin und her zu rutschen, und dann hatte ihr Vater sie gepackt und auf den Schoß genommen – den besten Platz von allen, wo sie von zwei schützenden Armen umfangen war. Sie hatte zu den Buntglasfenstern aufgeschaut, und die Bilder hatten ihr Angst gemacht. Die heilige Johanna, gefesselt auf dem Scheiterhaufen. Jesus am Kreuz. Heilige, die mit gesenktem Haupt vor ihrem Henker knieten. Und Blut, so viel Blut, alles vergossen im Namen des Glaubens.
    Doch an diesem Tag hatte die Kirche nichts Abschreckendes. Die Orgelmusik war heiter und festlich. Girlanden aus rosa Blüten schmückten den Kirchenraum. Sie sah Kinder, die fröhlich auf dem Schoß ihrer Eltern herumzappelten, Kinder, denen die Darstellungen des Leidens in den Buntglasfenster keine Albträume bereiten konnten.
    Die Orgel intonierte Beethovens Ode an die Freude.
    Zwei Brautjungfern in hellgrauen Hosenanzügen schritten durch den Mittelgang auf den Altar zu. Maura erkannte sie; beide waren vom Boston Police Department. Die ganze Kirche war heute voller Polizisten. Als sie sich umdrehte, sah sie Barry Frost und Detective Sleeper in der Reihe hinter ihr sitzen. Beide sahen entspannt und zufrieden aus. Wenn sich Polizisten und ihre Familien in einer Kirche zusammenfanden, war der Anlass oft genug ein trauriger – der Abschied von einem Kollegen oder einer Kollegin. Doch heute sah sie nur lächelnde Gesichter und festliche Kleider.
    Und jetzt erschien Jane am Arm ihres Vaters. Ihr dunkler Schopf war zur Feier des Tages in einem eleganten Knoten gebändigt. Der weiße Hosenanzug aus Satin mit der weiten Jacke konnte die Wölbung ihres Bauchs nicht ganz kaschieren. Als sie an Mauras Bank vorbeikam, wechselten sie einen kurzen Blick, und Maura sah, wie Jane die Augen verdrehte, als wollte sie sagen: Wer hätte das gedacht – ausgerechnet ich? Dann ging Janes Blick zum Altar.
    Zu Gabriel.
    Manchmal, dachte Maura, stehen die Sterne eben günstig. Die Götter lächeln auf uns herab, und dann bekommt die Liebe tatsächlich einmal eine reelle Chance. Nicht mehr

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