Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
Vom Netzwerk:
auf uns abgefeuert haben,
sind sie wahrscheinlich davon ausgegangen, daß wir aufgrund
der eingesteckten Schäden beim Landeanflug verbrannt sind.«
»Du benutzt das Wort ›wahrscheinlich‹. An Valentin Wolf ist
überhaupt nichts besonders wahrscheinlich. Er ist höllisch paranoid; er denkt anders als wir anderen.«
»Hazel, vertraut mir. Hier bin ich zu Hause; ich weiß, was
ich tue. Steckt jetzt bitte diese Waffe und die Granate weg, ehe
Ihr einen unglücklichen und sehr lauten Unfall habt. Ich möchte mich mal umsehen.«
»Was gibt es hier schon zu sehen?« fragte Hazel. »Es ist nur
eine Höhle.«
»Die erste von mehreren Höhlen«, sagte Owen und sah bewußt nicht hin, als Hazel die Schußwaffe und die Granate irgendwo an sich versteckte. »Als ich hier noch verantwortlich
war, haben wir in den Zusatzhöhlen all die Sachen gelagert, für
die wir in der eigentlichen Burg keinen Platz fanden. Ihr wärt
erstaunt zu sehen, wieviel Schrott sich ansammelt, wenn eine
Familie so alt ist wie meine. Und natürlich wagt man nicht,
etwas davon wegzuwerfen, weil man fürchtet, künftige Generationen könnten einen als Barbaren beschimpfen. Weil man nie
weiß, wann irgendein jahrhundertealter Mist wieder in Mode
kommt oder sich als praktisch erweist, um eine alte Familienfehde oder einen alten Streit beizulegen. Ich habe die besten
Stücke in der Burg ausgestellt und den Rest hier unten gelagert.
Alles ist sorgfältig katalogisiert. Irgendwo. David sagte, er
würde nach seinem Einzug ordentlich aufräumen, aber ich
denke nicht, daß er genug Zeit hatte. Wie auch immer, ich fühle mich besser, wenn ich nachgesehen habe. Ich mag keine
Überraschungen.«
Er ging auf die Rückwand zu. Hazel verdrehte kurz die Augen, bis sie an die polierte Decke blickte, und folgte ihm, wobei sie den abgestellten Jachten weiträumig auswich, nur für
den Fall, daß sie mit Alarmsystemen ausgestattet waren, die
auf Annäherung reagierten. Owen kam allerdings nicht weit. Er
blieb vor dem Eingang zur nächsten Höhle stehen, der mit einem leuchtenden Kraftfeld blockiert war. Er stand ganz reglos,
und Hazel konnte seiner angespannten Haltung entnehmen, daß
irgend etwas ganz und gar nicht stimmte. Sie beeilte sich, zu
ihm zu gelangen, die Schußwaffe wieder in der Hand. Sie trat
neben ihn und erstarrte, das Gesicht vor Abscheu verzerrt. Hinter dem durchsichtigen Kraftfeld war die Höhle von Wand zu
Wand und vom Boden bis zur Decke mit Leichen vollgepackt.
Nicht respektvoll auf getrennten Platten oder Tischen aufgebahrt, sondern einfach so dicht wie möglich gestapelt. Eine
Temperaturanzeige neben der Öffnung verriet, daß ein Kühlsystem die Leichen auf fast dem absoluten Nullpunkt hielt.
Einige der toten Gesichter waren Owen und Hazel zugewandt, und durch den Frost auf ihnen schimmerten die gefrorenen Augen fast lebendig.
»Nun«, sagte Owen schließlich, »jetzt wissen wir, was sie
mit den Leichen gemacht haben.«
»Owen …«
»Jetzt nicht. Ich möchte die übrigen Höhlen überprüfen.«
Und so gingen sie von einer Höhle zur nächsten, von Öffnung zu Öffnung, und fanden alle restlos mit den eingefrorenen
Toten von Virimonde gefüllt. Owen versuchte zu schätzen, wie
viele Leichen es waren, aber selbst, wenn er die gewaltige
Größe der Höhlen überschlug, konnte er die Dimension nicht
fassen. Die Zahlen waren einfach zu riesig. Er blieb vor dem
Eingang zur letzten Höhle stehen, konnte nicht weitergehen.
Alle Kräfte verließen ihn einfach. Hazel trat neben ihn und
legte ihm tröstend die Hand auf den Arm, aber er spürte es
kaum.
»Ich habe das Gefühl, ich müßte etwas tun«, sagte er leise.
»Ich weiß jedoch nicht, was. Sie waren mein Volk. Sie sind
immer noch mein Volk. Selbst wenn sie tot sind. Aber ich weiß
nicht, was ich tun soll.«
Er hatte die Hände hilflos zu Fäusten geballt. Hazel drückte
sich an ihn, versuchte ihn mit ihrer Nähe zu stützen und zu trösten.
»Ich schätze, Euch macht das nicht viel aus«, sagte er.
»Schließlich wart Ihr eine Klonpascherin.«
»Ich habe die Leichen nie gesehen«, sagte Hazel. »Nur
manchmal hatte ich Alpträume … Warum, denkst du, hat Valentin sie …«
»Wer weiß noch, warum Valentin etwas tut?«
Hazel zögerte, als sie die kalte, bittere Wut in seinen Worten
hörte, redete dann jedoch weiter. »Der Wolf ist verrückt, aber
sein Wahnsinn hat immer Methode. Er muß einen Grund gehabt haben. Warum sollte er sich sonst die Mühe machen, sie

Weitere Kostenlose Bücher