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Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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waren geheilt, alle Schmerzen verschwunden, und er konnte nicht mal mehr eine Narbe vorweisen. Er bemerkte, daß Ruby neben ihm stand und mit dem Fuß
aufstampfte, um sich zu beweisen, daß das Bein nicht mehr
gebrochen war. Sie sah ihn an und lachte ungläubig, und dann
umarmten sie einander heftig.
»Verdammt!« sagte Ruby, als sie einander endlich wieder
freigaben. »Ich fühle mich gut! Ich habe das Gefühl, als könnte
ich es mit einer ganzen verfluchten Armee aufnehmen!«
»Nirgendwo mehr Schmerzen?« fragte Ohnesorg. »Keine
Schwachpunkte?«
»Verdammt, nein! Und bei dir?«
»Ich fühle mich wieder wie zwanzig. Ich fühle mich, als
könnte ich es mit einem Grendel Mann gegen Mann aufnehmen und das Biest mit bloßen Händen auseinandernehmen.« Er
brach ab und musterte Ruby nachdenklich. »Und vor gerade
ein paar Augenblicken noch haben wir beide an die Tür des
Todes geklopft. Ich bin verblüfft, daß wir auch nur den Absturz
überlebt haben, geschweige denn es schafften, uns hierher zu
schleppen. Allein der Schock so vieler starker Wunden hätte
uns gleich umbringen müssen.«
Ruby zuckte die Achseln. »Nicht zum ersten Mal hätte uns
etwas umbringen müssen, und wir haben trotzdem überlebt.
Das gehört mit zu dem, wer und was wir sind.«
»Aber wir haben gerade in wenigen Sekunden geschafft, wozu eine Regenerationsmaschine Wochen gebraucht hätte! Und
ich habe keine Ahnung, wie das möglich war.«
»Ohnesorg, wirst du wohl wenigstens einmal im Leben das
Positive sehen? Wir liegen nicht mehr im Sterben, wir sind
wieder in Form, und die Pinasse ist schließlich doch nicht explodiert. Zähle mal die verdammten Segnungen zusammen!
Schlafen wir jetzt lieber etwas, damit wir beim ersten Tageslicht Richtung Vidar marschieren können.«
»Ja«, sagte Ohnesorg. »Schlafen hört sich wirklich gut an.
Aber wir müssen uns später mal über diese Erfahrung unterhalten, Ruby. Wir wissen nicht annähernd genug über die eigenen
Fähigkeiten. Darüber, was wir alles schaffen können, wenn wir
es uns nur vornehmen.«
»Wir kommen gut klar«, fand Ruby. »Das Labyrinth des
Wahnsinns hat uns schließlich kein Handbuch geliefert. Also
lernen wir durch die Praxis.«
»Trotzdem stellt sich die Frage, wie wir diese Dinge vollbringen. Woher stammt die Energie dafür? Was haben wir gerade eben angezapft, um uns zu heilen, um uns vom Abgrund
des Todes zurückzuholen? Ich vergesse das meiste schon wieder, aber woran ich mich noch erinnere, das macht mir richtig
Angst. Es war, als hätte ich Gott angezapft …«
»Ich denke, du leidest allmählich an Größenwahn«, entgegnete Ruby streng, »Sei jetzt still, leg dich hin und schlafe. Wir
haben morgen früh einen langen Weg vor uns.«
Sie wandte sich von ihm ab, legte sich auf den Höhlenboden
und schloß die Augen, um zu zeigen, daß das Gespräch beendet
war, soweit es sie anging. Ohnesorg betrachtete sie eine Zeitlang und legte sich dann neben sie. Er wußte, daß sich Fragen
nicht in Luft auflösten, nur weil man sich weigerte, über sie zu
reden, aber es hatte keinen Sinn, die Sache jetzt zu forcieren.
Trotzdem – nach Abschluß des laufenden Einsatzes war es
überfällig, daß sich die überlebenden Veteranen des Labyrinths zusammensetzten und versuchten, ein paar Antworten auf die
Frage zu finden, welcher Art ihre einzigartige Verfassung war.
Ohnesorg hatte im Grunde keinen Einwand dagegen, sich über
das rein Menschliche hinauszuentwickeln; er wollte nur eine
Vorstellung davon haben, wohin der Weg letztlich führte.
    Nach Anbruch des Morgens standen sie gemeinsam an der
Höhlenmündung und blickten ins Licht des neuen Tages hinaus. Der Sturm schien tatsächlich ein wenig nachgelassen zu
haben, war aber trotzdem noch kräftig. Die Sonne Lokis war
meist hinter brodelnden Wolken verborgen, aber ihr bleiches
Licht wurde verstärkt durch die ständigen Blitze, die über den
Himmel zuckten und die Landschaft darunter in grelles bläuliches Licht tauchten. Ohnesorg und Ruby nahmen den ersten
richtigen Eindruck von der Landschaft, die sie in der Nacht
durchquert hatten, schweigend in sich auf.
    Das Tal war voller unheimlicher, grotesker Formen aus
schwarzem Fels, die kein erkennbares Muster bildeten, aber an
wachsame Posten erinnerten. Dahinter lag die Pinasse immer
noch an der Absturzstelle vor einer dunklen Felswand. Sie sah
aus wie ein zerbrochenes Spielzeug, zu zerbrechlich für groben
Umgang. Am gegenüberliegenden Talausgang

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