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Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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wurde ihnen in Nasen
und Münder geweht und reizte ihre Kehlen. Der Boden unter
ihren Füßen stieg und fiel ohne erkennbaren Grund und erwies
sich dabei doch als hart und unnachgiebig, so daß mit jedem
Schritt schmerzhafte Schwingungen durch die erschöpften Leiber liefen.
Ohnesorg versuchte, sich einen Eindruck von der Umgebung
zu verschaffen. Die Formen, an denen sie vorübergingen,
schienen aus einer Art schwarzem Basalt zu bestehen, aber die
seltsamen und rätselhaften Gebilde wirkten auf unterschwellige
Weise beunruhigend. Sie erweckten den Eindruck, beinahe
organisch zu sein, auf seltsame Art vertraut, wie Gestalten, die
man im Traum erblickt und die voller Bedeutung sind. Ohnesorg schüttelte den Kopf und bemühte sich, die beunruhigenden Gedanken zu verbannen. Nur die Vorstellungskraft gaukelte ihm vor, die Felsen ähnelten Kreaturen, die jeden Augenblick erwachen, sich umdrehen und ihn mit der böswilligen
Geduld verfolgen konnten, wie sie den Kreaturen in Alpträumen eigen war. Er blickte zur Pinasse zurück. Sie war im
schwindenden Licht der Dämmerung kaum noch zu erkennen,
aber er sah sie noch gut genug, um darüber erstaunt zu sein,
daß er und Ruby überhaupt überlebt hatten. Das Boot war an
mehreren Stellen aufgebrochen, und die dicken Panzerplatten
waren verbogen, zerrissen wie Papier. Mehr als ausreichend,
um jeden menschlichen Fahrgast zu töten. Jeden nur menschlichen Fahrgast.
Wenigstens waren die Triebwerke noch nicht explodiert.
Ohnesorg wandte sich ab und konzentrierte sich auf die
Felswand vor ihm. Sie war definitiv nähergekommen. Was nur
gut war, denn er fühlte sich entsetzlich. Jeder Schritt
erschütterte die gebrochenen Rippen, und er war sich ziemlich
sicher, daß er auch ernste innere Verletzungen erlitten hatte. Er
hatte jetzt fortlaufend Blut im Mund, egal wie oft er es
ausspuckte. Ruby lehnte sich immer schwerer auf ihn und
beschwerte sich inzwischen nicht mehr, was stets ein
schlechtes Zeichen war. Sie mußten bald einen Unterschlupf
finden, wo sie sich ausruhen und hoffentlich gesunden konnten.
Selbst wer über der menschlichen Natur stand, hatte Grenzen.
Als sie endlich an den Fuß der Klippe stolperten, kam es ihnen wie ein Wunder vor. Ohnesorg entdeckte eine Höhlenöffnung und deutete darauf, begleitet von einem heiseren Krächzen – dem äußersten, was seine Stimme noch hervorbrachte.
Sie zerrten sich mit einem letzten Kraftaufwand die schartige
Felswand hinauf, angelockt von einem möglichen Ende ihrer
Mühen. Die Höhlenmündung durchmaß gute drei Meter, und
hinter ihr lauerte undurchdringliche Finsternis. Ohnesorg zog
eine Minitaschenlampe aus dem Ärmel und richtete den dünnen gelben Strahl durch die Öffnung. Die Höhle war tiefer, als
das Licht reichte. Ohnesorg und Ruby stolperten hinein und
stützten sich dabei weiter.
Es ging ein gutes Stück hinein, und sie folgten dem Tunnel,
bis sie das abgeschlossene Ende erreichten. Dort brachen sie
auf dem harten Felsboden zusammen und lehnten sich an die
tröstliche Stütze der Abschlußwand.
Die Luft war hier still und vielleicht sogar eine Spur wärmer,
obwohl der niemals endende Sturm immer noch draußen heulte, als wäre er erbost darüber, um seine Opfer betrogen worden
zu sein. Ohnesorg und Ruby saßen Schulter an Schulter nebeneinander, und beider Atmung und Herzschlag kehrten allmählich zu normalen Werten zurück. Die verschiedenen Schmerzen, unter denen sie litten, schienen sich für den Moment auf
behagliche Distanz zurückgezogen zu haben, aber keiner von
beiden hatte noch die Kraft, sich auch nur einen Zentimeter
weit fortzubewegen. Ohnesorg schaltete die Taschenlampe aus.
Er brauchte die Energie vielleicht noch, und außerdem gab es
im Moment eigentlich nichts zu sehen, was sich gelohnt hatte.
Er war todmüde. Seit er das Labyrinth des Wahnsinns durchschritten hatte, war er daran gewöhnt, daß seine gelegentlichen
Verletzungen rasch heilten, aber es lag jetzt schon lange zurück, daß er zuletzt so übel zugerichtet worden war. Er fragte
sich, ob es letztlich doch eine Grenze für die Wunden gab, die
sein Körper wieder heilen konnte. Falls ja, dann war das wirklich ein beschissener Augenblick, um es herauszufinden. Er
hörte Ruby neben sich, die ruckhaft durch den Mund atmete.
Sie klang wirklich nicht gut.
»Ruby, bist du noch bei mir?«
»Leider ja.« Ihre Stimme klang angespannt und rauh. »Ich
fühle mich beschissen. Wie geht es dir?«
»Bin auf dem Weg

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