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Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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bekommen, nur indem du sie anfaßt«, sagte Hazel.
»Kein Grund zur Sorge«, sagte Owen. »Bei Hofe habe ich
eine Menge Frauen dieser Art gekannt.« Er schüttelte langsam
den Kopf. »Ich dachte, ich hätte schon alles erlebt. Habe geglaubt, ich hätte soviel Tod und Leid gesehen, daß mir dies hier
nichts mehr ausmachen würde. Aber ich habe mich wohl geirrt.«
»Sobald du aufhörst, etwas zu fühlen«, sagte Hazel, »stirbt
auch ein Teil von dir. Der menschliche Teil. Aber so schlecht
du dich auch fühlst, du hast trotzdem vor, diese Aktion durchziehen, oder?«
»Natürlich. Sie ist notwendig. Er hat meine Welt gemordet.«
Owen zog den Disruptor, zielte damit auf die gestapelten
Leichen vor sich und feuerte. Der Energiestrahl riß einen Pfad
durch die froststarren Toten und erzeugte einen Tunnel von
einem knappen Meter Durchmesser. Es sah aus, als hätte sich
ein riesiger Wurm oder eine gigantische Made auf dem Weg zu
einer unbekannten, scheußlichen Bestimmung einen Weg
durch den Leichenberg gefressen. Owen steckte den Disruptor
weg und wandte sich an Hazel.
»Wir kriechen durch den Tunnel, so weit er reicht. Ihr müßt
Leichen hinter uns hereinziehen, um unsere Spur zu verwischen. Was ich uns an zusätzlichem Raum verschafft habe,
ermöglicht es uns, am Ende des Tunnels zu manövrieren.«
Hazel sah ihn für einen Moment an. »Nichts wird dich aufhalten, was, Todtsteltzer?«
»Nein. Ich weiß, daß das schwierig für Euch wird, Hazel,
aber … Ich brauche Euch. Tut es für mich.«
»In Ordnung. Für dich. Dafür schuldest du mir dann jedoch
einen verdammt großen Gefallen.« Finster musterte sie den
Tunnel. »Es wird dunkel sein, sobald wir … innerhalb des Leichenbergs. Wie sollen wir unseren Weg erkennen?«
»Ich weiß, wo ich die Geheimtür finde«, sagte Owen. »Ich
spüre sie in meinen Gedanken. Ihr braucht mir nur zu folgen.
Sorgt Euch nicht. Ihr schwebt ja nicht in Gefahr, Euch darin zu
verirren. Gehen wir.«
Und er wandte sich von ihr ab und betrat die Kammer der
Toten. Die bittere Kälte schnitt ihn förmlich auf, und er zitterte
so heftig, daß ihm die Zähne klapperten. Die gefrorene Luft
brannte in Hals und Lungen, als hätte er Rasierklingen geschluckt. Sofort bildete sich Rauhreif auf Haar und Augenlidern, und die Augen taten ihm weh, als die Flüssigkeit darin zu
frieren begann. Owen blinzelte kräftig, knirschte mit den Zähnen und kniete nieder, um in den Tunnel zu kriechen, den er
eben erzeugt hatte. Nicht einmal mit dem auf volle Kraft und
breite Streuung eingestellten Disruptor hatte er einen besonders
breiten Tunnel schießen können. Er würde auf allen vieren hindurchkriechen müssen. Er stieß sich die Knie an den Leichen,
die so hart wie Beton gefroren waren. Der Energiestrahl hatte
einige von ihnen so sauber aufgeschnitten wie mit dem Skalpell eines Chirurgen und dabei festgefrorene Innereien freigelegt. Sie waren überwiegend grau, mit ein paar blassen Schattierungen von Rosa und Purpur; die schreckliche Kälte hatte
ihnen sogar die Lebendigkeit der Farben entzogen.
Owen rutschte weiter vor, streckte die Hände aus, packte die
Leichen vor sich und zerrte sich hinein. Das tote Fleisch war so
kalt, daß es ihm die nackten Hände verbrannte. Alle Instinkte
schrien ihn an, er solle augenblicklich loslassen, aber er hörte
nicht hin. Er griff fester zu und zog sich voran. Als er dabei
doch den Griff lösen mußte, blieb sein warmes Fleisch am kalten hängen, und er mußte alle Kraft aufwenden, um es loszureißen. Er ließ Hautfetzen zurück, hatte aber keine Schmerzen.
Er weigerte sich, Beunruhigung aufkommen zu lassen. Die
Haut würde nachwachsen, und immer weniger würde überhaupt abreißen, da die Hände allmählich abkühlten. Der Körper
adaptierte sich schon an die scheußliche Kälte; die Körpertemperatur sackte mit einer Geschwindigkeit ab, die jeden anderen
Menschen umgebracht hätte. Nirgendwo fühlte er mehr etwas,
und die Augen waren in geöffnetem Zustand festgefroren, aber
er zitterte nicht mehr. Arme und Beine fühlten sich an, als gehörten sie jemand anderem. Der Atem dampfte nicht mehr vor
ihm in der Luft. Er zog sich weiter durch den Tunnel, tiefer
hinein ins Reich der Toten, und die Dunkelheit schloß sich
langsam um ihn. Er hörte, daß ihm Hazel dicht auf den Fersen
war, vernahm ihren rauhen Atem, und sie war sein einziger
Trost.
Der Tunnel war früher zu Ende, als er erwartet hatte. Er
packte die Leichen vor sich, zerrte

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