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Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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Öffnung und verdickte sich in
der warmen Luft des Korridors zu Nebel. Owen lag hilflos auf
dem Boden, und die entsetzliche Kälte spannte und lockerte
sich in ihm wie herumratschende Rasierklingen. Die geschürte
Hitze des Zorns gloste jedoch immer noch tief in ihm und
brannte die Kälte Zentimeter um Zentimeter weg, bis das Leben in den Körper zurückkehrte und er sich wieder bewegen
konnte. Die Finger rührten sich als erste, beugten und streckten
sich und erzeugten dabei Knacklaute wie Zweige, die zertreten
wurden. Der Körper zog sich mehrfach zusammen und entspannte sich wieder in langsamer Folge, während Wärme in
kältetote Muskeln zurückfloß. Die Schmerzen waren schlimm,
aber Owen begrüßte sie. Sie bedeuteten, daß er wieder zum
Leben erwachte, nachdem er so lange zwischen den Toten geweilt hatte.
Nach einer Weile zwang er sich, sich aufzurappeln und zu
Hazel umzudrehen, und erst in diesem Augenblick wurde ihm
klar, daß sie ihm nicht aus dem Ort der Toten heraus gefolgt
war. Sie war nach wie vor dort drin. Er humpelte mit laut
knackenden Knien zur Öffnung und rief Hazels Namen. Sie
antwortete nicht. Owen schlug mit den Händen nach dem gefrierenden Nebel und bemühte sich, in die darunterliegende
Dunkelheit zu blicken, aber selbst seine Augen hatten ihre
Grenzen. Er rief erneut nach Hazel, aber Kälte und Dunkelheit
verschluckten seine Stimme sofort. Er blickte ins eigene Innere, suchte nach der geistigen Verbindung zu Hazel, aber sie
entzog sich ihm, geschwächt durch lange Vernachlässigung. Er
hatte sie in der Kälte und der Dunkelheit zurückgelassen, im
Reich der Toten. Er mußte dorthin zurückkehren und sie retten.
Etwas in ihm protestierte augenblicklich. Er konnte nicht
wieder in die Kälte. Er brachte es einfach nicht fertig. Die Kälte und die Dunkelheit und das Grauen all dessen hatten ihn
beinahe vernichtet. Es wäre Wahnsinn, ihnen eine zweite
Chance zu geben. Aber noch während er diesen Gedanken
nachhing, wurde ihm klar, daß er wieder hineingehen würde.
Er mußte einfach. Hazel brauchte ihn. Ihm tat von Kopf bis
Fuß immer noch alles weh, aber es würde vorübergehen. Er
fürchtete sich, aber das spielte keine Rolle. Er hatte sich schon
früher gefürchtet. Seit langem war Hazel D’Ark das einzige,
was ihm noch etwas bedeutete.
Und so atmete er in der eisigen Luft tief ein und schob Kopf
und Schultern zurück in die Dunkelheit. Die bittere Kälte
schloß sich um ihn wie die Umarmung eines altvertrauten
Feindes, aber er zwang sich, sie zu ignorieren, und dachte nur
an Hazel. Er überwand sich, in die Dunkelheit zurückzukehren,
und auf einmal blieb ihm das Herz stehen, als sich eine kalte
Hand um sein Handgelenk schloß. Die Luft entrang sich ihm in
einem schmerzhaften Keuchen, und die Vorstellungskraft beschwor für ihn das Bild herauf, wie die Toten ringsherum allmählich lebendig wurden, ihn festhielten, ihn zwangen, in ihrer
Eishölle zu bleiben, bis er tot war wie sie. Und dann setzten
Herzschlag und Atem wieder ein, als er feststellte, daß es Hazels Hand war, die ihn gepackt hatte.
Er packte sie seinerseits ums Handgelenk, versuchte mit
krächzender Stimme etwas Beruhigendes zu sagen, und kämpfte wie rasend darum, sie aus der Kälte zu ziehen. Es dauerte
nur wenige Augenblicke, bis er wieder den Korridor erreichte
und Hazel ins Licht und die Wärme hereinzog. Sie kam in einer
Folge abrupter Bewegungen zum Vorschein, ohne ihm helfen
zu können. Sie war steifgefroren, und als sie endlich auf den
Korridorboden fiel, klang es wie der Sturz eines Baumstamms.
Ihre Augen waren zugefroren, das Gesicht zu einem trotzigen
Knurren erstarrt, die Zähne zusammengebissen. Ihre Haut war
blau.
Owen kniete sich neben sie und rieb kräftig ihre Hände, vor
allem, um überhaupt etwas zu tun. Hazels Körper würde die
Kälte abwerfen, wie seiner es getan hatte, aber Owen brauchte
trotzdem das Gefühl, etwas Hilfreiches zu tun. Dichter Dampf
stieg von ihren starren Kleidern auf. Ihr Haar war dick mit
Rauhreif überzogen, aber der schmolz rasch dahin und floß in
der warmen Luft das Korridors davon. Und langsam, Zentimeter für Zentimeter, entspannte sich Hazel, kuschelte sich
schließlich in Owens Arme und murmelte seinen Namen.
Endlich setzte sie sich auf und schob ihn weg, und er wußte,
daß sie wieder die alte war. Sie schüttelte langsam den Kopf,
als versuchte sie, ihre Gedanken von Spinnweben zu befreien.
»Ich habe mich verirrt. Der

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