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Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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im Stich gelassen hatten. Lachrymae Christi war eine Leprakolonie.
Die Sonnenschreiter II fiel aus dem Hyperraum und sank in
eine hohe Umlaufbahn über der Welt der ewigen Tränen. Owen
Todtsteltzer saß unbehaglich vor dem Hauptsichtschirm auf der
Brücke seiner Jacht und musterte das Bild des schweigenden
Planeten, der versteckt unter der unaufhörlich wirbelnden Wolkendecke lag. Owen wußte nicht viel über Lachrymae Christi. Da ging es ihm wie den meisten anderen. Es war kein respektables Thema, über das man sich unterhielt, als könnte man
schon durch Gebrauch des gefürchteten Begriffs die Krankheit
auf sich aufmerksam machen. Jahrhundertelang hatte das Imperium geprahlt, seine Wissenschaftler hätten alle Krankheiten
besiegt, und mit Hilfe der Regenerationsmaschinen und der
Klontanks könnte jede Person, die über ansehnliche Mittel verfügte, ein langes und gesundes Leben erwarten. Für die Armen
sah das natürlich anders aus, aber so war es schließlich in allen
Dingen. Und dann war vor siebzig Jahren die Lepra zurückgekehrt – ein fast vergessenes Schrecknis aus der fernen Vergangenheit der Menschen –, und die Wissenschaftler zeigten sich
hilflos. Die Krankheit breitete sich rasch von einem Planeten
zum nächsten aus, infizierte Reiche und Arme gleichermaßen,
und bald war sie überall gegenwärtig. Niemand wußte, was sie
verursachte und wie sie sich ausbreitete, und so fanden die Opfer weder Hoffnung noch Trost. Nur die Isolation, gemieden
von Freunden und Nachbarn. Und damit man die Opfer nicht in
der Nähe hatte, eine stete Erinnerung an das Versagen der Wissenschaft, beschloß man, daß alle als befallen diagnostizierten
Personen einen Fahrschein ohne Rückfahrt zum Abgrund erhalten sollten, auf einen Planeten, den niemand haben wollte, wo
sie unter sich bleiben konnten und der Menschheit Gelegenheit
boten, sie behaglich zu vergessen.
Nur daß manche Menschen nicht vergessen konnten, nicht
vergessen wollten.
Hazel D’Ark kam auf die Brücke gelatscht und fiel kraftlos
auf einen Stuhl neben Owen. Sie finsterte das Bild auf dem
Monitor an und schniefte geräuschvoll. »Ich kann nicht glauben, daß du in diesen Einsatz eingewilligt hast, Owen. Ich
schwöre dir: Sollte ich mit weniger Fingern, als ich normalerweise habe, wieder von hier abreisen, befördere ich dich persönlich mit einem Dropkick aus der nächsten Luftschleuse.«
»Es besteht wirklich kein Grund zur Besorgnis«, fand Owen
und bemühte sich dabei angestrengt um einen beruhigenden
Tonfall. »Die aktuellen medizinischen Informationen besagen,
daß man sich die Lepra nicht durch üblichen Kontakt zuziehen
kann. Ich habe nachgesehen.«
»Das weiß man doch gar nicht! Man weiß überhaupt nichts
mit Sicherheit. Man hat noch nicht mal herausgefunden, woher
zum Teufel sie stammt.«
»Was genau ist diese Lepra?« erkundigte sich Mitternachtsblau von einer Stelle hinter ihnen. Die große, dunkelhäutige Kriegerin lehnte am Türrahmen und trank einen Vitaminextrakt direkt aus der Flasche. »Woher ich komme, kennen wir nichts dergleichen.«
»Gilt auch für mich«, sagte Bonnie Chaos, schob sich an Mitternacht vorbei und besetzte den einzigen noch freien Sitz auf
der Brücke. Ihre diversen Piercing-Schmuckgegenstände klimperten laut, als sie sich setzte. »Hausen da unten wirklich Leute, denen die Einzelteile herunterfallen?«
»Nur in den schlimmsten Fällen«, erläuterte Owen. »Es ist
eine neurologische Krankheit. Die Opfer verlieren jedes Tastgefühl. Selbst kleine Verletzungen heilen nicht mehr und infizieren sich. Das Fleisch verfault. Es ist eine langsame und sehr
üble Todesart. Ein paar Medikamente helfen, aber nicht sehr.«
»Ist es zu spät, dieses Schiff noch zu wenden?« fragte Bonnie.
»Ich dachte, du hieltest Entstellungen für eine Demonstration
von Modebewußtsein«, warf Mitternacht ein.
»Alles hat Grenzen«, fand Bonnie. »Auch wenn ich nicht erwartet hätte, das mal von mir selbst zu hören.« Sie beugte sich
zu Owen hinüber, und er gab sich Mühe, nicht zurückzuschrecken. »Weißt du, Owen, diese Krankheit hört sich zu übel
an, um wahr zu sein. Handelt es sich nicht vielleicht um eine
Biowaffe, die aus dem Labor entwichen ist?«
»Du bist nicht die erste Person, die eine solche Vermutung
äußert«, sagte Hazel. »Um die Wahrheit zu sagen: Niemand
weiß es. Sie scheint mit keiner anderen heute bekannten
Krankheit verwandt zu sein. Vielleicht haben wir es mit der
Vorstellung eines

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