Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
Vom Netzwerk:
Lidschatten in jeweils metallischem Grün kraß abhoben. Die Frau bewegte sich mit ungleichmäßiger, wenn auch entschlossener Gangart, wobei sie die
Beine kaum beugte, als funktionierten die Knie nicht richtig. Sie
ähnelte stark einer Marionette, die die eigenen Schnüre durchtrennt und mit dem Puppenspieler etwas sehr Übles angestellt
hatte, ehe sie in die Welt hinauszog, um dort soviel Schaden wie
möglich anzurichten, bis jemand sie schließlich aufhielt.
Owen senkte beiläufig die Hand auf die Schußwaffe an seiner Seite. Die schwarzgekleidete Hexe blieb schwankend vor
ihm stehen, wartete einen Augenblick, um sicherzugehen, daß
sie auch alle ihre Teile mitgebracht hatte, und funkelte Owen
dann mit einem Blick an, den sie eindeutig für freundlich hielt.
»Willkommen in der Hölle, Todtsteltzer. Ich bin Schwester
Marion. Beas Stellvertreterin. Ich führe hier das Kommando,
wenn sie damit beschäftigt ist, die Heilige zu spielen. Als ich
noch jünger war, wollte ich auch eine Heilige werden, aber wie
sich herausstellte, brachte ich dafür nicht die richtige Einstellung mit. Also machten sie eine Ruhmreiche Schwester aus mir
und schickten mich zum Ärschetreten, auf Einsätze, von denen
die Kirche in der Öffentlichkeit lieber nicht redet. Dann fing
ich mir die Lepra ein, und sie schickten mich hierher. Die
Mistkerle. Trotzdem dient eine Nonne dem Herrn, wohin immer man sie auch schickt, und Gott weiß, daß der Haufen hier
alle Hilfe braucht, die er nur kriegen kann. Ihr könnt jetzt hallo
sagen.«
»Hallo, Schwester Marion«, sagte Owen und gab sich Mühe,
völlig ungerührt zu erscheinen. »Ihr tragt da eine bemerkenswerte Kluft.«
Die Nonne dehnte ihre grünen Lippen zu einem beunruhigenden Lächeln, das viel zu viele Zähne freilegte. »Ich ziehe
mich so an, um die Leute zu verwirren. Außerdem helfen das
Makeup und die Handschuhe, die wunden Stellen zu verbergen. Wenn Ihr die Leute hier fragt, werden sie mich exzentrisch nennen. Oder verrückt. Hört nicht auf sie. Jeder von uns
hat eine eigene Art, mit seinem Zustand umzugehen. Meine
fällt nur ein bißchen dramatischer aus als bei den meisten anderen. Bringt jetzt Eure Ärsche in Schwung und folgt mir. Bea
wartet mit dem Abendessen, und wir müssen das eine oder andere besprechen.«
Sie drehte sich scharf um, schwankte einen Augenblick lang
und marschierte steifbeinig los, ohne sich davon zu überzeugen, ob ihr irgend jemand folgte. Andere Leprakranke hasteten
ihr aus dem Weg, während sie einherschritt, unaufhaltsam wie
eine Naturgewalt und doppelt so gefährlich.
»Das ist also eine Ruhmreiche Schwester «, sagte Mond.
»Ja«, sagte Hazel. »Ich weiß nicht, wie sie bei den Hadenmännern ankommen wird, aber mir macht sie eine Mordsangst.
Ist euch aufgefallen, daß sie in der ganzen Zeit, die sie mit uns
redete, nicht einmal geblinzelt hat? Diese Nonne bedarf dringend einer Psychotherapie. Und möglicherweise eines Lochs
im Kopf, wodurch die Dämonen entweichen können.«
»Man wird nicht aufgrund eines ausgeglichenen Wesens aufgefordert, den Ruhmreichen Schwestern beizutreten«, gab
Owen zu bedenken. »Mich persönlich hat diese Begegnung
mehr ermutigt als alles andere, seit wir hier eingetroffen sind.
Man muß einfach Schwester Marions Sicherungsstift ziehen,
sie zum Feind hinüberwerfen und auf sichere Distanz zurückweichen.«
»Ich hoffe nur, wir können sie nachher entschärfen«, sagte
Hazel. »Sie ist eine sehr gefährliche Person.«
»Ihr müßt es ja wissen«, sagte Owen.
Ein kleiner Schwarm Kolonisten wollte ihnen ins Hauptgebäude folgen, um nichts zu versäumen. Schwester Marion erklärte ihnen, es handele sich um ein privates Treffen. Ein Kolonist beging den Fehler, zu laut und ein bißchen zu unverschämt zu protestieren, und Schwester Marion rammte ihm den
Kopf ins Gesicht. Die übrigen Kolonisten stellten fest, daß andernorts dringende Geschäfte auf sie warteten, und brachten
einen Rückzug mit einem Anschein von Würde zustande.
Schwester Marion führte ihre Gäste ins Haus und ließ den bewußtlosen Kolonisten draußen auf der Straße liegen, bis er sich
wieder an seine Manieren erinnerte. Oder wenigstens an seinen
Namen.
Niemand war überrascht, als sich die Mahlzeit überwiegend als
Gemüsegericht entpuppte, angereichert durch Proteinwürfel
mit Geschmack und einen bösartig aussehenden blauen Wein
aus einem einheimischen Gewächs. Owen erkannte nichts von
dem wieder, was er auf seinem Teller vorfand, was ihn in

Weitere Kostenlose Bücher