Todtsteltzers Ehre
interessiert. Ihr seid diejenige, die in dieser Hinsicht mit den ganzen Überraschungen aufwarten kann. Ich bin immer noch nicht
darüber hinweg, daß sich in Nebelhafen dieser Wampyr namens Abbott als einer Eurer Ehemaligen entpuppte.«
»Er war ein Fehler.«
»Und nicht annähernd der erste oder der letzte – nach allem,
was man hört.« Hazel funkelte ihn an. »Wer hat da geplaudert?« »Praktisch jeder. Die Klatschkolumnisten lieben Euch.
Ihr habt Euer eigenes Magazin im Matrix-Internet. Wird täglich aktualisiert.«
»Du hast diesen Müll doch nicht gelesen, oder?«
»Nee. Ich sehe mir immer nur die Bilder an.«
Als sie endlich in der großen Stadt, die Parade der Endlosen genannt wurde und Sitz der Restregierung von Golgatha war,
von Bord gingen, fanden sich Owen und Hazel durch eine
Menge Reporter bedrängt. Die meisten größeren Nachrichtenunternehmen waren vertreten und auch alle kleineren, die Korrespondenten auf Golgatha unterhielten. Owens und Hazels
Abenteuer waren stets nachrichtenwürdig, und die Meldungen,
die schon von ihren Entdeckungen und Taten auf Virimonde durchgesickert waren, hatten die Erwartungshaltung der Journalisten bis zum Siedepunkt angeheizt. Sie drängten sich um
Owen und Hazel, brüllten Fragen, während über ihnen Kameras auf der Suche nach dem besten Blickwinkel herumschwebten. Die Journalisten versuchten, sich gegenseitig mit den Ellbogen aus dem Weg zu schubsen, und weiter hinten kam es zu
Schlägereien. Aber selbst in diesem Tumult kam niemand den
beiden Helden zu nahe. Sie hatten die entsprechende Lektion
gelernt, normalerweise auf die harte Tour. Hazel hatte zwar
noch keinen Reporter wirklich umgebracht, aber die Cleveren
wetteten lieber auf das Wann als das Ob. Was einige der widerwärtigeren Boulevardreporter anging, so hatten sich schon
Wettgemeinschaften gebildet.
Owen wartete geduldig, bis sie sich etwas beruhigt und ihre
Rangordnung geklärt hatten, während Hazel wütend in alle
Richtungen funkelte und die Hände besorgniserregend nahe an
ihren Waffen hielt. Es besserte ihre Laune überhaupt nicht, daß
die meisten Fragen, die ihr heutzutage gestellt wurden, gezielt
ihrer Beziehung zu dem verehrten Todtsteltzer galten. Sie hatte
es mit spöttischen Antworten probiert, aber die Reporter meldeten einfach alles, was sie sagte, als Fakt. Sie versuchte, jeden
anzugreifen, der das Thema ansprach, aber die anderen filmten
sie dann einfach dabei. Heutzutage beließ sie es meist bei dem
Spruch ›kein Kommentar‹ oder einer ähnlichen Bemerkung aus
zwei Worten, wobei das zweite normalerweise ›dich‹ hieß. Bei
all dem half ihr auch gar nicht, daß Owen das alles ungeheuer
amüsant fand und immer in die Kameras blinzelte, wenn er
sein ›kein Kommentar zum besten gab. Und dann brachte einer
der Reporter den jüngsten Todtsteltzer-Film zur Sprache und
trieb die Spannung erneut ein Stück weit höher.
Der Sieg der Rebellion war noch keine Woche alt, als die ersten Dokumentationen über die Holoschirme liefen – ausgewachsene Beiträge, zusammengesetzt aus Aufnahmen unterschiedlicher Klarheit und Zuverlässigkeit. Aber da die Leute
die Tröstungen der Romantik schon immer den trockenen Fakten der Geschichte vorgezogen hatten, dauerte es nicht lange,
bis der erste Todtsteltzer-Spielfilm die Dokumentationen rüde
von den Holoschirmen schubste. Dieser aktionsgeladene und
ungeheuer vereinfachende Streifen brachte allen Beteiligten
Milliarden Kredits ein, außer denen, auf deren Leben er beruhte. Rasch folgten ihm weitere von unterschiedlicher Qualität
und Genauigkeit. Und die Öffentlichkeit verschlang alles – von
Toby Shrecks preisgekrönter Berichterstattung bis hin zu wüsten Phantasien, die nicht einmal immer die korrekten Namen
verwendeten.
Der jüngste und populärste dieser Spielfilme beanspruchte,
die Biographie Owen Todtsteltzers zu sein, in der er durchgängig als heiliger und selbstloser Held dargestellt wurde, seine
Gefährtin Hazel D’Ark hingegen als mörderische Psychopathin, von ihrer unerschütterlichen, hündischen Hingabe an
Owen knapp daran gehindert, in einem fort zu metzeln und zu
massakrieren.
Owen und Hazel erhielten Freikarten zur Premiere zugeschickt, also gingen sie arglos hin. Owen mußte dermaßen lachen, daß es ihm weh tat, und wurde schließlich von einem
Platzanweiser aufgefordert zu gehen, weil er das übrige Publikum störte. Hazel hielt bis zum Ende durch und hielt dabei die
Armlehnen ihres Sitzes
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