Todtstelzers Schicksal
verlegen.
»Clarissa und ich haben uns dazu entschlossen, sobald der
Krieg zu Ende ist.«
Evangeline lächelte, runzelte dann aber leicht die Stirn.
»Aber ist sie nicht …«
»Ebenso meine Stiefschwester wie meine Kusine? Ja. Aber
macht Euch keine Sorgen deswegen. Derartige Bindungen sind
praktisch eine Familientradition der Shrecks. Sollte uns jemand
Schwierigkeiten machen, bringe ich zur Hauptsendezeit ein
paar Sonderberichte über seine eigenen kleinen Sünden. Ich
dulde nicht, dass sich irgendjemand zwischen mich und meine
Clarissa stellt. Ich habe vorher noch nie jemanden geliebt. Hätte nie gedacht, dass ich das Zeug dazu habe. Aber Clarissa ist
etwas Besonderes. Ich würde sie gleich morgen heiraten, wenn
sie einverstanden wäre.«
»Nein«, sagte Clarissa entschieden. »Ich kann dich noch
nicht heiraten. Löwensteins Chirurgen haben viel an mir verändert, als ich zu einer ihrer Zofen umgewandelt wurde. Implantate, Modifikationen. Johana Wahn hat einiges davon ungeschehen gemacht, als sie uns befreite, aber das meiste muss
auf die harte Tour revidiert werden. Löwenstein hatte mich in
ein Monster verwandelt, und ich habe monströse Dinge getan.
Manchmal erlebe ich sie in Albträumen erneut. Und dann wurde natürlich noch Tante Grace ermordet und durch eine Furie
ersetzt, und ich war Gefangene von Shub. Genau das, was mir
noch gefehlt hat. Aber Toby war immer für mich da. Seine
Liebe hat mir geholfen, nicht den Verstand zu verlieren. Er
lehrte mich, stark und unverwüstlich zu sein.«
»Du hattest schon immer das Zeug dazu«, sagte Toby. »Du
bist eine Überlebenskünstlerin. Du bist eine Shreck.«
»Ich möchte wieder ein kompletter Mensch sein, ehe ich
meinen Toby heirate«, fuhr Clarissa fort. »Und falls das bedeutet zu warten … Na ja, Toby und ich haben ohnehin schon lange darauf gewartet, einander zu finden. Meine einzige wirkliche Sorge ist, wenn wir endlich vor dem Altar stehen, dass sie
von mir erwarten, das Eheversprechen unter meinem ursprünglichen Namen abzulegen, als Lindsey. Er hat mir nie gefallen,
als Kind schon nicht. Ich habe ihn in Clarissa verändert, kaum
dass ich alt genug war, damit er haften blieb.«
»Sie konnte einen fürchterlichen Wutanfall kriegen, falls man
sie mit dem falschen Namen ansprach«, sagte Toby zärtlich.
»Ich habe sie natürlich immer Lindsey genannt, als wir noch
klein waren, nur um sie wütend zu machen. Ich kann mich
noch erinnern, dass sie einmal versucht hat, mein Ohr mit einem Klammerautomaten zu durchbohren … Ich war schon
damals ein richtiges Ekel.«
»Und Übung hat den Meister gemacht«, bemerkte Flynn.
»Aber alle diese Hochzeiten auf einmal … Es muss etwas in
der Luft liegen. Ich werde versuchen, Toby zu überreden, dass
ich seine Brautjungfer sein darf. In einem hübschen rosa Kleidchen würde ich mich reizvoll machen.«
»Ich denke, du würdest richtig süß aussehen«, pflichtete ihm
Clarissa bei.
»Du bist die Einzige, die süß aussieht«, fand Toby.
»Vielleicht umgibt uns hier einfach nur zu viel Tod«, sagte
Evangeline, und alle nickten ernst.
»Was auch immer«, sagte Toby schließlich. »Falls ihr mich
entschuldigen wollt – ich denke, ich kehre lieber auf den Regiebalkon zurück und kontrolliere, ob auch alles weiterhin glatt
läuft. Es ist jetzt weniger als eine Stunde bis zur großen Feier.
Wir sehen uns später alle wieder. Flynn, du benimmst dich!
Und versprich mir, dass du nicht versuchen wirst, den Strauß
zu fangen, wenn ihn Konstanze wirft!«
Robert Feldglöck betrat ungeduldig ein weiteres dieser anonymen kleinen Privatzimmer, die ans Parkett des Plenarsaals angrenzten. Er gab sich nicht die Mühe, seine finstere Miene zu
verbergen, als er feststellte, dass Kardinal Brendan und Chantelle ihn erwarteten. »In Ordnung, was ist los? Was ist so wichtig, dass ich meine Leute im Stich lassen und privat mit Euch
reden muss? Es geht doch nicht um wieder mal eine neue
Sprachregelung für die Zeremonie, oder? Ich will verdammt
sein, wenn ich eine weitere beschissene Probe absolviere, nur
um noch eine religiöse, historische oder politische Lobby zu
besänftigen!«
»Es hat nichts mit der Zeremonie direkt zu tun«, sagte Chantelle aalglatt. »Es geht eher um Eure und Konstanzes Sicherheit.«
»Falls es um noch eine anonyme Morddrohung geht, sollen
sich die Elfen darum kümmern«, knurrte Robert. »Dazu sind
sie ja hier.«
»Oh, an dieser Drohung ist nichts anonym«, mischte sich
Brendan ein.
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