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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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verdammt alberner
Name für ein Schiff, also benenne ich es in Sonnenschreiter III um. Ich würde es mit einer Champagnerflasche am Rumpf taufen, falls wir eine hätten, was jedoch nicht der Fall ist. Und
wenn ich es mir recht überlege: Selbst wenn wir über Champagner verfügten, würde ich solch guten Stoff nicht in dieser
Weise vergeuden. Und das hiesige Gesöff können wir nicht
verwenden, da es Löcher in den Schiffsrumpf fressen würde.«
»Ihr könnt mich nicht einfach hier zurücklassen!«, schrie
Rottsteiner, nutzte die Chance dazu, als Owen Luft holen
musste.
»Warum nicht?«, fragte Owen gelassen. »Nennt mir nur einen guten Grund. Verdammt, nennt mir nur einen schlechten
Grund! Mutter Beatrice kann immer zusätzliche Hilfe vertragen, also werdet Ihr reichlich Gelegenheit haben, Euch zu beschäftigen. Wird Euch gut tun, Euch mal eine Zeit lang wirklich nützlich zu machen. Betrachtet es als Charakterschulung.
Oder auch nicht. Und achtet mal darauf, ob es mir etwas ausmacht. Jetzt entfernt Euch und fallt mir nicht weiter zur Last,
ehe ich mir etwas Amüsantes und schrecklich Gewalttätiges
ausdenke, was ich mit Euch anstellen könnte.«
Exkapitän Rottsteiner entfernte sich ganz leise. Owen machte
eine letzte Runde durch die Mission, sagte Lebewohl und stellte sicher, dass die Projekte, für die er den Grundstein gelegt
hatte, auch ohne ihn fortgeführt wurden. Er zeigte sich höflich
und sogar liebenswürdig, aber die Leprakranken erkannten
trotzdem, dass er mit den Gedanken woanders war. Sie hatten
Verständnis dafür. Sie wussten, dass er sich nur beschäftigte,
bis sein neues Schiff startbereit war. Mond brauchte weniger
als eine Stunde, um das neue Hyperraumtriebwerk einzubauen,
aber für Owen schien es Tage zu dauern. Zum ersten Mal seit
zwei Wochen lächelte er breit, als der Hadenmann wieder auftauchte.
»Ja, es ist geschafft«, berichtete Mond schwerfällig. »Ja, er
wird perfekt funktionieren, und nein, es besteht kein Grund,
warum Ihr nicht jederzeit starten solltet, wenn Euch der Sinn
danach steht. Habe ich etwas ausgelassen?«
»Ich denke, nein«, antwortete Owen. »Danke, Mond. Denkt
nicht zu schlecht von mir. Ich muss das einfach tun.«
»Das weiß ich.« Mond zögerte. »Ich könnte Euch begleiten.
Hazel ist meine Freundin.«
»Ihr werdet hier gebraucht«, wandte Owen entschieden ein.
»Wir können nicht alle vor unserer Verantwortung weglaufen.
Die Leute hier sind darauf angewiesen, dass Ihr ihnen beibringt, wie man mit dem Roten Hirn Verbindung aufnimmt.
Und außerdem: Was ich vorhabe, hat nichts mit dem Gesetz zu
tun und alles mit Rache. Ich möchte nicht, dass Ihr in die Dinge
verwickelt werdet, die ich vielleicht tun muss.«
»Gebt auf Euch Acht, Owen«, bat ihn Mond. »Ihr seid nicht
mehr der Übermensch von früher.«
»Stimmt«, bekräftigte Owen. »Aber das wissen die anderen
nicht.«
Er reichte Mond die Hand, und dann verblüffte der Hadenmann Owen, indem er ihn an sich zog und umarmte. Es wirkte
unbeholfen, als verstünde Mond die Theorie besser als die Praxis, aber es war gut gemeint, und Owen erwiderte den Druck
ausgiebig. Endlich lösten sie sich voneinander und blickten
sich gegenseitig in die Augen. Keiner von ihnen wollte Lebewohl sagen, also nickten sie sich einfach zu, als wollte Owen
mal eben vor die Tür gehen, wandten sich ab und gingen auseinander, jeder seiner Bestimmung zu.
Sie sahen sich nie mehr wieder, außer in Träumen.
    Hazel D’Ark lag auf dem Rücken, auf einer fahrenden RollLiege festgeschnallt, die endlose Steinkorridore entlangfuhr.
Die Liege bewegte sich ruhig über den Boden, wurde aber immer wieder hin und her gezerrt, während es durch eine schmale
Passage nach der anderen ging. Hazel fühlte sich todmüde, als
würde sie von weit mehr niedergehalten als dem halben Dutzend Lederriemen, die sie fest hielten. Ihre Gedanken liefen
langsam und ziellos dahin, und sie hatte das Gefühl, als ginge
das schon eine ganze Weile so. Mit dem Kopf voran beförderte
die Roll-Liege sie weiter in die Düsternis, und es fiel Hazel
schwer, sich um das Wohin oder Warum zu scheren.
    Auf einmal bewegten sich Menschen um sie herum, gingen
schweigend hin und her, ohne sich um sie zu kümmern. Alle
waren große, gertenschlanke Albinos mit funkelnden, blutroten
Augen. Sie trugen lange Gewänder mit leuchtenden Farbspiralen, und die langen knochigen Gesichter waren mit grauenhaften Ritualnarben in wilden, gezackten Mustern bedeckt.

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