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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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worden, über den Augenbrauen sauber abgesägt, sodass die oberen Hirngewebe offen zutage
traten, bleich und glänzend im Fackellicht. Zierliche Metallfäden ragten aus dem nackten Gewebe hervor, und an ihren Enden leuchteten immer wieder Lichtfunken auf. Der Mund zitterte leicht, als stünde er fortwährend im Begriff, etwas zu sagen, ohne dass es herauskam, und die Augen blickten scharf
und klar und voller Leid und entsetzlich vernünftig.
    »Kümmert Euch nicht um ihn«, sagte eine trockene, staubige
Stimme hinter ihr. »Das ist nur mein Orakel. Eine Fundgrube
an Informationen und Schlussfolgerungen. Euren Lektronen
weit überlegen.«
    Hazel ließ den Kopf langsam auf die Seite rollen, gab sich
schwächer, als sie tatsächlich war. Ein Blutläufer stand neben
ihr, ein grausiges weißes Gespenst in knalligen Gewändern.
Und doch erschien ihr etwas an dem Gesicht vertraut oder vielleicht eher an den Narben darin … Auf einmal erinnerte sich
Hazel, wo sie diesen Blutläufer schon gesehen hatte, und eine
kalte Faust packte ihr Herz.
    »Scour …«
»Das stimmt, Hazel D’Ark. Ich wollte Euch schon einmal zu
fassen bekommen, in der alten Burg der Todtsteltzers, aber Ihr
seid mir entwichen.«
»Du bist tot! Owen hat dich umgebracht! Ich habe dich sterben sehen!«
»Blutläufer bleiben nicht tot«, erklärte Scour, Gesicht und
Stimme ruhig und ungerührt. »Darüber sind wir hinaus. Wir
leben seit Jahrhunderten, und der Tod hat keine Macht mehr
über uns. Wir sind eine alte Kultur, Hazel; älter als Euer Imperium. Es ist lange her, seit wir zuletzt etwas Neues gesehen
haben. Irgendwas wie Euch … liebe Hazel. Wir werden so viel
von Euch lernen!«
Hazel funkelte ihn an. »Ich wüsste verdammt noch mal
nichts, was ich dir zu sagen hätte, Blutläufer! Mir ist egal, was
für ein Abkommen mein alter Kapitän mit dir getroffen hat, als
ich noch auf der Scherbe diente. Ich schulde dir nichts!«
Scour zuckte gelassen die Achseln. Seine Stimme war auch
weiterhin nur ein Flüstern, unbekümmert um den nackten Hass
in Hazels Worten und Blick. »Jeder redet irgendwann. Erlaubt
mir, Euch den vorherigen Insassen dieses Gemachs zu zeigen.
Er war sich seiner Sache so sicher, als er hier eintraf, so voller
ergötzlichem Trotz, genau wie Ihr. Hat geschworen, er würde
sterben, ehe wir ihn brechen könnten. Wir waren jedoch nicht
willens, ihm diese Möglichkeit einzuräumen.«
Scour packte die Roll-Liege mit seinen großen weißen Händen an einem Ende. Die Finger waren lang und schlank wie die
eines Chirurgen oder Künstlers. Die Liege fuhr scharf herum
und brachte dabei kurz Hazels Magen in Unordnung, und als
sie wieder zur Ruhe kam, blickte Hazel auf die andere Seite des
Raums. Scour trat ohne Eile neben sie und hob ihren Kopf an,
damit sie besser sehen konnte. Und dort hingen die Reste eines
Menschen an der Wand, die Gliedmaßen mit großen Messingklammern festgeheftet. Das Gesicht war unangetastet und wurde von wild blickenden Augen beherrscht. Unterhalb des Kopfes war der Mann jedoch vom Kinn bis zur Leiste mit einer
perfekt geraden Linie geöffnet worden, und man hatte die Haut
in großen rosa Klappen zu beiden Seiten an der Wand befestigt. Die inneren Organe fehlten. Stattdessen hatte man transparente Schläuche in der großen blutroten Höhlung montiert,
die einmal seine Eingeweide enthalten hatte. Einige der
Schläuche wanden sich wie obszöner Efeu um die freiliegenden Rippen, nährten ihn mit langsam fließenden Substanzen
oder transportierten andere Stoffe ab. Die Schläuche pulsierten
sachte, und der ganze Körper bebte leicht im Rhythmus dieses
entsetzlichen Pulses. Die Genitalien fehlten, und die Lücke war
mit einer einfachen Metallplatte abgedichtet. Blut war vor langer Zeit aus den scheußlichen Wunden über die baumelnden
Beine geflossen und nie abgewaschen worden.
»Er war so tapfer«, berichtete Scour. »Aber Tapferkeit ist
hier nicht genug. Jetzt kommt es nur noch darauf an, wie nützlich Ihr für uns seid. Und dieses Exemplar dort ist nicht mehr
von Nutzen.«
Er ließ Hazels Kopf mit einem schmerzhaften dumpfen
Schlag auf die Liege zurückfallen und schlenderte zu dem hängenden Mann hinüber. Hazel hob angestrengt wieder den Kopf,
gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Scour eine Handvoll der
transparenten Schläuche packte und herausriss. Der ganze Körper des Hängenden zuckte krampfhaft, und ein langes, bebendes Klagen kam aus seinem Hals. Flüssigkeiten liefen aus

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