Toechter der Dunkelheit
reden. Ihr wisst, warum ihr hier seid, ja, es geht um den Mann. Wir werden etwas wagen, was noch niemals zuvor geschehen ist: Wir verbünden uns mit dem Volk der Elfen und einem potentiellen Nachfolger auf Roen Orms Thron. Die Vorteile eines solches Bündnisses dürften jeder hier klar sein. Die Nachteile will ich allerdings auch nicht verschweigen. Thamar ist zu jung, dazu an Körper und Geist schwer verwundet. Er ist jetzt noch nicht in der Lage, um den Thron zu kämpfen. Er muss heilen, braucht dazu Ausbildung in Kampf, Politik und zahlreiche andere nützlichen Fähigkeiten, die vernachlässigt wurden, damit er eine bessere Figur im Bruderkampf machen konnte. Vor allem muss er die Schwächen überwinden, die mit den Sitten am Königshof einhergehen. Diese Schwäche haben wir natürlich jahrhundertelang ausgenutzt, aber nun, Schwestern, ändern sich die Zeiten! Auch seine Verbündeten – gewiss, die muss er noch sammeln – müssen im unbewaffneten Nahkampf, mit Messern und an Pfeil und Bogen trainiert werden, um den entscheidenden Vorteil über Ilats Truppen zu erhalten, die gewöhnlich auf das Schwert beschränkt werden.“
„Das wird gut und gerne fünf Jahre dauern!“, rief eine der Hexen.
„Eher zehn Jahre, Lasha, und auch das dürfte vielleicht zu gering gegriffen sein. Doch sieh, in zehn Jahren ist unser kleiner Prinz gerade mal Anfang dreißig, ein angemessenes Alter für einen König. Diese Zeit muss genutzt werden.“
„Wir sollen also zehn Jahre oder länger mit einem Mann in unserem eigenen Reich leben? Seine Verbündeten hier durchmarschieren lassen? Hier, in unserer ureigensten Fluchtwelt? Wie können wir sicher sein, dass keiner von denen unsere wehrlosen Junghexen angreift? Kythara, wie stellst du dir das vor?“
Aufgeregte Stimmen schrien durcheinander. Die Königin ließ den Zorn für eine Weile zu, dann hob sie die Hand, um wieder Ruhe einzufordern.
„Natürlich werden wir hier keinen Truppenübungsplatz aufschlagen! Thamar bleibt für einige Tage in unserer Mitte, bis seine Heilung abgeschlossen ist, danach suchen wir ihm einen verborgenen, sicheren Ort in Enra, an dem er leben kann. Nur erfahrene Hexen werden das Kampftraining und alle weiteren Ausbildungsstunden überwachen. Trotzdem ist es viel, was wir zu leisten haben, denn wir müssen die Verbündeten aus dem ganzen Land zu ihm führen und wieder fortbringen, falls sie ihm heimlich beistehen. Wir brauchen noch viel mehr Schwestern am Königshof, am besten jemanden, der direkt an Ilats Seite steht. Sobald der König stirbt und Ilat die Nachfolge übernimmt, werden die Sonnenpriester aggressiv voranschreiten, denn Ilat ist ein schwacher, leicht zu manipulierender Mann. Es ist nicht zu erwarten, dass Thamar bereit ist, bevor Ilat zum König gekrönt wird, aber das ist das geringste Problem. Die verqueren Gesetze Roen Orms erlauben einen Streit um den Thron zwischen den Königskindern auch dann noch, wenn bereits eines von ihnen die Krone trägt.
Die Gefahren sind immens! Doch am Ende könnte es so viel zu gewinnen geben, wie wir uns es niemals hätten erträumen lassen.“
Eine Weile lang wogte die Diskussion hin und her, Inani hörte nicht mehr zu. All dieses sinnlose Streiten um eine Sache, die längst entschieden war, das war ihr schon immer zuwider gewesen. Erst, als Kythara in die Hände klatschte, blickte sie wieder auf.
„Ich erwarte von jeder von euch, dass ihr brave Mädchen seid und den Prinzen in Ruhe lasst, verstanden? Er soll heute am Stabkampfunterricht der Junghexen teilnehmen. Wenn ich eine von euch erwische, dass sie ihn auslacht, angafft, ihm irgendwelche Streiche spielt, ob nun mit oder ohne Magie, einen Seelenvertrauten auf ihn hetzt oder in sonst irgendeiner Weise in peinliche, schwierige oder gefährliche Situationen bringt, dann gnade euch Pya, denn ich werde es nicht tun!“
Inani zuckte schuldbewusst zusammen und drückte sich noch tiefer in die Schatten nahe der Tür. Ob Thamar sich über sie beschwert hatte? Doch Kythara sagte nichts mehr und bald darauf wurde die Versammlung aufgelöst.
Inani erblickte den Prinzen kurz, als sie zum Übungsplatz kam. Er bemerkte sie nicht. Shinobja, eine der Ausbilderinnen, hatte ihn bereits zur Seite genommen und führte ihn mit energischen Schritten Richtung Wald. Er folgte ihr willig, allerdings etwas verhalten.
Oh je, und du Ärmster ahnst nicht einmal, was da auf dich zukommt, sonst würdest du um Erbarmen flehen!, dachte Inani mitleidig. Shinobja sprang
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