Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toechter der Dunkelheit

Toechter der Dunkelheit

Titel: Toechter der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
Vom Netzwerk:
draußen begegnen muss. Ich konnte dir nicht früher die Wahrheit sagen ... vergib mir.“
    Verwirrt blickte er zu ihr auf.
    „Vergeben? Was meinst du?“
    „Ich liebe dich zu sehr, das sollst du mir verzeihen. Ich wollte nicht, dass du zu früh von deiner Bestimmung erfährst und vielleicht glaubst, ich hätte dich ausschließlich deswegen adoptiert. Du hattest es schwer genug mit mir und den Eranern, und ich dachte, ich hätte noch viel Zeit. Das war ein Fehler. Maondny, das verfluchte Weib, schickte mir Visionen über dich. Die erste, als ich dich gerade gefunden hatte und nicht wusste, was ich mit dem bewusstlosen, halbtoten Ornkind anfangen sollte. Die zweite dann vor wenigen Tagen. Ich hatte so sehr gehofft, es würden mir noch viele Jahre verbleiben, bis ich dich sorgfältig auf dein Schicksal vorbereiten muss. Du bist nicht gut genug ausgebildet und du kannst dich nicht an deine Bestimmung erinnern.“ Von Angst erfüllt starrte Jordre sie an.
    Chyvile, die immer so sicher und gelassen war, von Zweifeln und Sorge geplagt zu sehen, das war schlimmer als alles andere.
    Sie lächelte und strich beruhigend über seine Wange.
    „In Maondnys erster Vision warst du ein weit älterer Mann, erfahren und bereit für dein Schicksal. Ich hätte wissen müssen, dass die Dinge sich jederzeit ändern können, ich hätte nicht ...“ Sie unterbrach sich selbst und seufzte. „Nun, alles hätte und wäre ist sinnlos. Seit die Elfen fortgegangen sind, haben sie nichts anderes getan als zu versuchen, wieder hierher zurückzukehren. Offenbar befindet sich der einzige Zugang nach Anevy aber in einer Stadt, die sie bis heute nicht einnehmen konnten. Jordre, dies ist nicht dein erstes Leben. Du wurdest bereits Dutzende Male geboren, hast ein mehr oder weniger zufriedenes Dasein als Orn geführt, Nachkommen gezeugt oder auch nicht und bist gestorben, ohne jemals etwas von deinem Schicksal zu erfahren. Dasselbe gilt für die Steintänzerin und eure Gefährtin. Ihr werdet immer wieder neu geboren, ohne euch erinnern zu können.“ Sie hob die Hand, als er bei diesen Worten auffuhr. „Geduld. Sieh, ein möglicher Zeitpunkt für die Erfüllung der Prophezeiung war schon so oft da, aber die Elfen waren nie fähig, zu uns zu gelangen, um sie wahrhaftig werden zu lassen. Ich besitze wenig prophetische Begabung. Es ist schwer für mich, euch drei zu finden, wenn ihr wiedergeboren seid! Fin Marlas Sicht ist mächtig, allerdings nicht stark genug, um über die Grenzen der Welten zu blicken. Manchmal konnte sie einen von euch drei erkennen, doch nie, bevor nicht die anderen beiden bereits gestorben waren. Es wäre auch sinnlos gewesen, denn alles hängt davon ab, dass die Rückkehr der Elfen genau mit der Zerstörung des Siegelsteins zusammenfällt. Nur aus diesem Grund wurde P’Maondny
    gezeugt und geboren. Sie allein kann jederzeit mit mir sprechen. Ich hatte geglaubt, es würde sich alles so fügen, wie sie es mir gezeigt hatte und dabei vergessen, dass die Zukunft mehr als die Summe aller Entscheidungen und Taten aller Lebewesen und Kreaturen ist.“ Ein dunkler Schatten fiel über Chyviles rundes Gesicht. Wütend spreizte sie die Hände, dass die Schwimmhäute zwischen den Fingern sich spannten – eine drohende Geste, die Jordre erschreckte, obwohl er wusste, sie war nicht gegen ihn gerichtet.
    „Erst in zwanzig oder dreißig Jahren, also auf dem Höhepunkt deiner Lebenskraft, hätte sich alles entscheiden sollen. Maondny aber hat die Zukunft ihrer eigenen Welt, in die sie hinein geboren wurde, vorsätzlich verändert. Es ist nicht so, dass ich traurig wäre, wenn wir diesem verzweifelten Sterben womöglich viel früher entkommen könnten, denn in dreißig Jahren gibt es vermutlich nicht mehr allzu viel von Anevy, das sich über eine Rettung erfreuen könnte. Es war schon immer nur eine geringe Hoffnung, dass die Prophezeiung um die Steintänzerin sich erfüllt. Nun, da alles so überhastet losgeschlagen wurde, ist die Hoffnung fast hinfällig. Eitle Dummheit von Narren, die sich an Träume klammern.“
    Mit einem Ausdruck von Verzweiflung blickte Jordre zu Boden.
    „Es gibt also nichts weiter für uns als den sinnlosen Versuch, für eine Prophezeiung zu sterben, die sich kaum erfüllen kann? Für ein Volk zugrunde zu gehen, das vor mehr Jahrzehnten geflohen ist, als ich Jahre gelebt habe. Ein Volk, das die Orn für ein Märchen halten und das schon damals nicht gegen Osmege bestehen konnte, obwohl er da noch lange nicht so

Weitere Kostenlose Bücher