Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
Vom Netzwerk:
Muirhead.«
    Er sagte bedeutungsvoll: »Und denken Sie daran. Denken Sie daran.«
    Sie lachte: »Ja, ich denk’ daran, darauf können Sie wetten.«
    Er trottete fort, und als er uns nicht mehr hören konnte, fragte ich: »Woran sollst du denken?«
    »An seinen Vorschlag.«
    »Und was ist das für ein Vorschlag?«
    »Nun, er hat ein Appartement in einem Hotel namens DeVinne. Und er sagte, wann immer ich das Bedürfnis hätte, allein zu sein, sollte ich kommen und sein Appartement benutzen. Jederzeit.«
    »Ganz gleich ob Tag oder Nacht, wie?«
    »Stimmt.«
    Wir gingen auf das Flughafengebäude zu, und plötzlich sah ich den tiefen, klaren Himmel, spürte die Frische der Luft, roch den feinen, süßen Duft, den Duft der Orangen.
    »Donna! Du bist in Florida«, rief ich.
    »Das bin ich«, antwortete sie und strahlte. »Menschenskind! Florida!« Sie schnüffelte. »Gott, riech bloß mal die Luft!«
    »Ist es nicht wunderbar?«
    »Orangen«, sagte sie. »Ich rieche Orangen.«
    »Ich auch. Orangen oder Apfelsinen, wie du willst.« Ich konnte den Sonnenschein riechen und die Palmen und die Kokosnüsse, und als ein großer Schmetterling über mir vorübersegelte, konnte ich auch ihn riechen — ganz schwach, wie diese neue Art von Gummierung, die jetzt auf den Briefmarken ist. Eigenartig, aber angenehm.
    »Übrigens«, sagte Donna, »du hattest ja tolle Chancen bei Mr. Nat Brangwyn!«
    »Woher weißt du seinen Namen?«
    »Von Mr. Muirhead. Er kennt Mr. Brangwyn. Ich nehme an, jeder Mensch in Miami kennt Mr. Brangwyn.«
    »Oh! Wieso? Ist er der Bürgermeister oder so was?«
    »Er ist ein Spieler.«
    »Ein was?«
    »Ein Spieler. Er setzt auf Pferde, und er spielt Karten und alles mögliche.«
    »Weißt du das genau?«
    »Nun, ich weiß es von Mr. Muirhead. Er sagt, Mr. Brangwyn versteht seinen Kram. Die Steuer versucht, ihm hundertfünfzigtausend Dollar aus der Nase zu ziehen, aber er ist ein schlauer Fuchs und geht ihnen nicht in die Schlinge.«
    »Toll«, sagte ich ohne Begeisterung. Immerhin, ich hatte recht gehabt. Er war kein Chirurg, nicht einmal ein Zahnarzt. Ein Spieler. Ein Spieler war mir noch nie über den Weg gelaufen, und da hatte ich nun zweieinhalb Stunden neben einem gesessen, ohne es zu merken.
    Im Flughafengebäude gingen wir geradewegs zum Counter der Magna International Airlines, wie Mr. Garrison uns in seinem Brief angewiesen hatte. Der Angestellte zeigte keinerlei Entzücken über unsere Ankunft. Er sagte: »Da kommt gleich ein Bus, der fährt Sie ins Charleroi. Warten Sie vor dem Eingang.«
    »Carola!« schrie Alma aus einer Entfernung von hundert Metern.
    Alles drehte sich um und starrte erst Alma an und dann mich. Sie kam auf uns zugeeilt, ihr Busen wogte vor Entrüstung.
    »Sie haben mich gesetzt in dritte Klasse Touristenabteilung, wie eine Tier, in eine Stall«, sagte sie. »Dann ihr laufen von mir fort, wie wenn ich stinken. Warum?«
    »Halt den Mund«, sagte ich zu ihr auf italienisch. »Ich bin doch da, oder nicht? Soll ich vielleicht auf dich warten wie deine Zofe?«
    Plötzlich traten ihr die Tränen in die schönen, haselnußgoldenen Augen. »Carola«, rief sie.
    Ich kehrte zurück zu meiner Muttersprache. »Okay. Wir gehen jetzt unser Gepäck holen. Komm mit.«
    Der Bus war ein Witz. Ich lache selten über Autobusse, aber als ich diesen sah, hielt ich mir die Seiten vor Lachen. Er war halb so groß wie ein gewöhnlicher Bus und sah aus, als käme er geradewegs aus dem Schönheitssalon, wo man ihm die Augenbrauen gezupft und eine Gesichtsmaske und eine Maniküre gemacht hatte. Angestrichen in den allerzartesten Tönen von Hellblau und Rosa trug er zu beiden Seiten in blaßgoldenen Lettern die Worte:

    Magna International Airlines
    Ausbildungsschule für Stewardessen

    damit auch jeder gleich sähe, warum das so ein hübscher, weiblich aussehender Autobus war. Die Fenster waren groß und blitzblank, man fragte sich geradezu, wieso die Fluggesellschaft vergessen hatte, geblümte Vorhänge aufzuhängen. Und wo waren die Rüschen?
    »Der sieht aus«, meinte Donna, »wie ein fahrendes Bordell.«
    »Pscht!« machte ich.
    »Was soll das Pscht? Hab’ ich recht oder nicht?«
    »Natürlich hast du recht.«
    »Junge! Junge! Wenn wir damit durch die Gegend fahren, können wir uns auf einige interessante Abenteuer gefaßt machen! Ich hab’ noch nie einen Bus gesehen, der eine so deutliche Aufforderung zur Vergewaltigung ist.«
    Der Fahrer war ein untersetzter, vierschrötiger Mann namens Harry. Er war

Weitere Kostenlose Bücher