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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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nicht im geringsten feminin, Gott sei Dank, obgleich er ein kurzärmeliges, geblümtes Hemd anhatte, daß einem die Tränen kamen. Er hatte einen Nacken wie ein runzliger Stier und kräftige, braune Arme, und er zuckte nicht mit der Wimper, als er all unser Gepäck auf dem Bürgersteig aufgetürmt sah. Allein Donna hatte sieben Koffer; Alma sechs; Annette und ich jeder drei; Mary Ruth Jurgens zwei. Dazu kamen die Hutschachteln und Kartons und Radios und ein Plattenspieler. Aber Harry machte das gar nichts aus. Er verstaute alles im Kofferraum, wobei er kicherte, als hätte ihm noch nie etwas solchen Spaß gemacht.
    Dann fuhren wir los, und ich sah Miami Beach zum erstenmal. Es versetzt einem einen Schock. Das muß ich zugeben. Ich bin ziemlich blasiert, was Modebäder anbelangt, nach all den Reisen, die ich mit meinem Vater gemacht habe. Ich habe die meisten Bäder am Mittelmeer gesehen, St. Tropez und Cannes und Nizza und Monte Carlo und Portofino und so weiter, und es war jedesmal aufregend, wenn auch mein Vater sie verabscheute und ich hin und wieder so tun mußte, als ob auch ich sie verabscheute. Miami Beach versetzte mich in eine ganz andere Art von Erregung. Wir näherten uns über den Venetian Causeway im frühen Abendlicht, und es war einfach unwahrscheinlich. Die Szenerie war geradezu aufregend, leuchtendes Weiß vor dem kristallenen Blau des Meeres und dem sich vertiefenden Blau des Himmels; unter uns üppige, grüne, kleine Inseln und geflügelte Segeljachten und schnittige Motorboote, all das brachte Licht und Schatten und Bewegung in das Bild.
    »Carola, es sein wie in Neapel, genauso wie Neapel«, rief Alma verzückt.
    »Du hast ‘nen Vogel. Es ist keine Spur wie Neapel.«
    »Ich meine die Farben. Und alles sehen so reich aus.«
    »Was meinst du damit, so reich?«
    »So viel Geld.«
    »Merk es dir ein für alle Mal«, sagte Donna. »In Amerika ist jeder ein Millionär. Selbst die Taxifahrer.«
    »Ja, ich weiß«, seufzte Alma glücklich.
    Wir bogen in die Collins Avenue ein und fuhren an einem riesigen Hotel nach dem anderen vorüber; und die Augen fielen uns fast aus dem Kopf, während wir aus dem Fenster schauten. Diese Hotels waren phantastisch — blitzblank, makellos, jedes wetteiferte mit dem benachbarten. Auf den Bürgersteigen drängten sich die Menschen. Auf der Straße wimmelte es von Cadillacs, Lincoln Continentals und Jaguars.
    »Ich kann’s einfach nicht fassen«, sagte Donna.
    »Ah«, seufzte Alma.
    Plötzlich schwenkte Harry in eine von Palmen — echten Königspalmen — gesäumte Auffahrt ein. Wir kurvten um einen makellosen Rasen, auf dem drei Springbrunnen hoch in die Luft sprühten, und dann hielten wir vor einem riesigen Portal voller Säulen und Glastüren und Chrombeschlägen und Pförtnern in prächtigen, blauen Livreen.
    »Da wären wir«, sagte Harry fröhlich, »alles aussteigen.«
    »Dies sein Hotel Charleroi?« japste Alma.
    »Ja, Madam. Das ist es.«
    »Junge! Junge!« sagte Donna.
    »Himmel!« sagte Annette. Mary Ruth Jurgens schwieg.
    Männer wie Harry sind das Salz der Erde. Sie sind wirklich die reizendsten und freundlichsten und hilfsbereitesten Menschen von der ganzen Welt. »Alle mal herhören«, sagte er. »Hier gibt’s haufenweise Burschen, die nichts Besseres zu tun haben, als in der Halle ‘rumzulungern. Am besten, ihr nehmt überhaupt keine Notiz von ihnen. Geht nur schnurstracks zum Fahrstuhl und fahrt geradewegs hinauf in den vierzehnten Stock, dort findet ihr Miß Pierce und Miß Webley hinter einem kleinen Tisch, die kümmern sich um euch. Ich und die Jungens kommen gleich mit eurem Gepäck, wir laden sofort aus.« Und so kletterten wir zitternd wie Espenlaub aus dem Bus. Zwei grinsende Pförtner halfen uns beim Aussteigen. Zwei grinsende Pförtner hielten uns die Glastüren auf. Innen, in der großen, prächtigen Halle, hingen ganze Trauben von Männern herum und grinsten uns an wie Idioten. Wir stelzten zum Fahrstuhl. Der Empfangschef, aufgeputzt wie ein französischer Admiral, grinste uns an; einer der Fahrstühle wartete auf uns mit offenen Türen, und der Liftboy steckte den Kopf heraus und grinste uns an. Ich wünschte zu Gott, irgend jemand erklärte mir in schlichten Worten, was so ungemein komisch ist an fünf Mädchen, die in einem Hotel ankommen. Grinsen, grinsen, grinsen — man sollte meinen, wir seien von Kopf bis Fuß mit anrüchigen Witzen tätowiert. »Vierzehnter Stock?« fragte der Liftboy und grinste uns an wie ein Esel. Ich hätte

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