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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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ihm am liebsten eine hinter die abstehenden Ohren gegeben.
    »Ja«, sagte ich.
    Die Türen des Fahrstuhls schlossen sich gleitend, als wären sie aus Seide. Der Fahrstuhl hob sich sehr schnell ohne das geringste Vibrieren, und es war still wie ein Grab. Dann öffneten sich die Türen wieder gleitend, und peng! Nachdem ich diese wenigen Sekunden in so etwas wie einem lautlosen Vakuum gesteckt hatte, kam es mir vor, als wäre ich in ein Irrenhaus geraten. Mädchen. Tausende von Mädchen, die hin und her und kreuz und quer eilten, die alle auf einmal schwatzten; Mädchen und Mädchen und Mädchen, wie der Harem eines Sultans. Sie waren alle jung, und sie sahen alle gut aus, sie hatten alle vollkommene Figuren, ich kriegte auf der Stelle einen Minderwertigkeitskomplex. Himmel, hier sich in einem Wettstreit zu behaupten, das würde hart sein.
    Donna sagte: »Die Hölle, bei allen Heiligen!«
    »Bleibe mit mir, Carola«, sagte Alma. »Nicht mich verlieren!«
    Ich wußte genau, was sie meinte. Annette und Mary Ruth Jurgens waren sprachlos, sie starrten nur.
    Ich sagte: »Zuerst heißt es mal, Miß Pierce und Miß Webley; finden.«
    Sie saßen an einem kleinen Tisch im Korridor, ein wenig schwitzend, ansonsten unerschüttert. Die eine, eine hübsche Brünette von ungefähr sechsundzwanzig Jahren, schaute zu uns auf und sagte: »Hallo, Kinder. Ihr seid eben angekommen? Gut. Ich bin Janet Pierce, und dies ist Peg Webley.«
    Miß Webley war so blond, wie man nur sein konnte, und so hübsch wie ein Gemälde. Sie hatte weiches, welliges, goldenes Haar und schmelzende Augen und einen Teint, wahrhaft Pfirsich und Sahne, und entzückende Grübchen. Sie war sanfter als Miß Pierce, aber auf ihre Art ebenso tüchtig. »Hallo«, rief sie. »Es ist ein Tollhaus, ich weiß, aber keine Angst. Das gibt sich bald. Sagt i mir eure Namen und woher ihr kommt, damit ich euch eintragen kann.«
    Wir wurden eingetragen. Alma di Lucca aus Rom, Italien (sie wurde stürmisch begrüßt), Annette Morris, Albany, New York; Mary Ruth Jurgens, Buffalo, New York; Donna Stewart, Handsbury Notch, New Hampshire; ich, Greenwich, Connecticut (weil das meine ständige Adresse war).
    »Nun«, sagte Miß Webley, »wollen wir mal sehen, wo wir euch unterbringen.« Sie und Miß Pierce steckten die Köpfe zusammen und brüteten über einem großen, lappigen Bogen Papier, der in Rechtecke eingeteilt war, wahrscheinlich einem Plan des Stockwerks.
    Alma sagte: »Bitte. Ich möchte mit Carola bleiben, Miß Thompson.«
    »Warum?« fragte Miß Pierce sogleich.
    »Weil ich eine Fremde sein in diese Land. Carola, Miß Thompson, mir verstehen, ich verstehen sie. Wir schon haben große Liebe füreinander.«
    Miß Pierce sah mich mißtrauisch an. Ich konnte es ihr nicht übelnehmen. Ich erklärte: »Was Alma sagen will, ist, daß ich ein wenig Italienisch spreche. Das ist alles. Ich glaube, ich könnte ihr bei den Sprachschwierigkeiten helfen.«
    »Möchten Sie mit ihr zusammen wohnen?« fragte Miß Pierce.
    »Ganz wie Sie meinen, Miß Pierce.« Ich ließ es so beiläufig wie möglich klingen, aber ich konnte mir nicht helfen, mir war scheußlich zumute. Es ist immer dasselbe. Ich falle immer gleich mit der Nase in den Dreck. Ich meine, kaum machte ich hier den Mund auf, und schon wurde ich lesbischer Neigungen verdächtigt. Meine alte Freundin Eena hätte sich halbtot gelacht.
    Miß Webley sagte mit ihrer klaren, süßen Stimme: »Ich glaube, es läßt sich einrichten, daß Alma und Carola zusammen wohnen. Wollen mal sehen: in 1412 haben wir bis jetzt erst ein Mädchen, das heißt, wir können noch vier von euch da unterbringen — fünf teilen sich immer ein Appartement. Alma, Carol, Annette und Mary Ruth, ihr bekommt Zimmer 1412. Und Sie, Donna, Zimmer 1401.«
    »Danke«, sagte Donna.
    »Okay, Kinder«, sagte Miß Pierce, »geht und sucht eure Zimmer. Euer Gepäck kommt mit dem Gepäckaufzug am Ende des Korridors. Übrigens, noch etwas, das ich besonders betonen möchte: ihr dürft das Hotel heute abend nicht verlassen. Ihr sollt nicht in der Gegend umherstrolchen, um die Sehenswürdigkeiten zu betrachten — dazu werdet ihr noch reichlich Zeit haben. Miami Beach wird auch im nächsten Monat noch vorhanden sein. Heute abend wird ausgepackt und sich eingerichtet; denn ihr habt, das könnt ihr mir glauben, eine schwere Woche vor euch. Und um halb acht heute abend findet euch bitte alle wieder hier ein. Werdet ihr es auch nicht vergessen? Pünktlich um halb acht.«
    »Halb

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