Toechter Der Suende
er diese Bemerkung mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. »Mir schien Conte Orsini ein freundlicher Herr zu sein, der sich wenig für Politik interessiert. Ihn einen Feind zu nennen, halte ich für verwegen!«
»Du bist verwegen, dich in die Höhle des Löwen zu begeben! Gewiss war diese Begegnung inszeniert, um dich anzulocken. Vergiss dieses Mädchen. Es gibt genug andere.«
Aber Gisos Appell ging ins Leere, denn Falko dachte an die Umstände, unter denen er auf Francesca getroffen war. Sie war das einzige Mädchen, nach dem er sich sehnte, abgesehen von der neuen Äbtissin der Nonnen von Tre Fontane, deren Bild tief und fest in seinem Herzen verankert war. Da er keine Lust hatte, sich weiter mit seinem Freund zu streiten, kehrte er Giso den Rücken zu und betrat die Pilgerherberge.
Unterwegs traf er auf Edelgunde von Frammenberg und deren Nichte Margarete. Die beiden hatten Tuchhändler in der Stadt aufgesucht, um Stoffe zu kaufen, und waren nun von den Farben, der Qualität und auch von den Preisen sehr angetan.
Aufgeräumt begrüßte Frau Edelgunde Falko. »Ihr seid wohl auch in der Stadt gewesen, lieber Kibitzstein?«
»Ja, in den Katakomben, um zu beten«, antwortete Falko.
»Das habt Ihr auch nötig!« Margarete hatte nur eine spitze Bemerkung machen wollen, doch angesichts dessen, was dort geschehen war, wurde Falko rot.
»Gewiss habe ich das Gebet nötig, so wie jeder andere Christenmensch auch«, brachte er mühsam hervor.
»Nun, in Taten sündigt Ihr gewiss weniger als in Gedanken, aber auch diese gefährden Eure Seele.« Diesmal spielte Margarete auf Elisabeth an. Sie hatte die Blicke bemerkt, die diese mit Falko gewechselt hatte, und sich abwechselnd darüber amüsiert und geärgert.
»Jeder Mensch sündigt in Gedanken«, mischte sich Frau Edelgunde ins Gespräch. »Wenn ich daran denke, wie oft ich meinem Oskar in Gedanken den Holzteller oder meinen Becher an den Kopf geworfen habe, obwohl er der liebste Mensch ist, den ich kenne, muss ich noch etliche Male Buße tun.«
»Unser Herr Jesus wird es Euch gewiss vergeben«, sagte Falko.
Margarete hob in gespielter Verwunderung die Augenbrauen. »Ist das Gebet in den Katakomben Euch so zu Herzen gegangen, dass Ihr beschlossen habt, Euch dem geistlichen Stand zu verschreiben? Denn nur als Priester oder gelehrtem Mönch ist es Euch möglich, andere Menschen im Namen unseres Herrn Jesus Christus freizusprechen.«
»Nein, ich …, es war nur meine Meinung, denn ich glaube nicht, dass die Sünden Eurer Frau Tante so schwer wiegen, dass der Heiland sie ihr nicht verzeihen wird.«
Falko ärgerte sich über das Mädchen, das ganz vergessen zu haben schien, dass es ihm sein Leben zu verdanken hatte. Wenn Margarete mit ihm sprach, was selten genug geschah, lief es meist auf eine Stichelei oder gar offenen Spott hinaus. Wenn sie eine der anderen Frauen war, die Giso für ihn im Sinn hatte, dann wollte er gerne in Ercole Orsinis Haus zurückkehren und um Francesca werben.
12.
A n dem Ort, an den Falko sich sehnte, hing derzeit der Haussegen schief. Francesca wappnete sich erst einmal mit Trotz und sprach weder zu ihrem Vater und ihrer Mutter ein Wort über Cirio d’Specchi und dessen infamen Plan, denn sie hätte ihren gesamten Schmuck verwettet, dass ihre Eltern eingeweiht gewesen waren und Cirios Tat sogar gutgeheißen hatten. Am liebsten hätte sie wie eine Furie durchs Haus getobt, doch aus Erfahrung wusste sie, dass ihre Eltern sie danach umgehend in ihr Zimmer einsperren würden. Annunzia sollte jedoch ihren ganzen Zorn zu spüren bekommen, und so wartete sie ungeduldig auf die Gelegenheit dazu.
Zunächst ließ ihre Zofe sich wohlweislich nicht bei ihr blicken. Erst am Vormittag des nächsten Tages, als Francesca sich längst allein gewaschen und angezogen hatte, schlich Annunzia in ihr Zimmer und begann, ihre Kleider zu sortieren.
Francesca zählte in Gedanken bis drei, dann war sie mit schnellen Schritten bei ihrer Zofe und schlug ihr ohne Vorwarnung ins Gesicht. »Du elende Verräterin!«, zischte sie. »Du bist Hühnermist unter meinen Schuhen. Verschwinde und lass dich nie wieder sehen!« Jedes ihrer Worte wurde von einer heftigen Ohrfeige begleitet.
Verzweifelt versuchte Annunzia, aus dem Zimmer zu entkommen, doch Francesca folgte ihr bis auf den Flur und schlug weiter auf sie ein. Selbst als die Zofe um Hilfe schrie und Francescas Vater aus seinem Schreibzimmer eilte und verwirrt die Treppe hochblickte, hörte sie nicht auf.
»Du
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