Toechter Der Suende
elendes Stück Mist! Schere dich zu den d’Specchis! Dort gehört solcher Abschaum wie du hin!«, schrie Francesca außer sich vor Wut. Ein letzter, mit aller Kraft geführter Schlag trieb die Zofe rückwärts bis zur Treppe.
Annunzia versuchte noch, das Gleichgewicht zu bewahren, kippte jedoch nach hinten und stürzte schreiend hinab. Bevor sie ernsthaft Schaden nehmen konnte, fing ihr Herr sie auf und stellte sie auf die Beine.
»Suche dir eine andere Arbeit! Meiner Tochter solltest du heute nicht mehr zu nahe kommen«, sagte er.
»Und morgen nicht und übermorgen auch nicht. Ich will sie niemals mehr sehen! Dieses elende Biest hat mich verraten und verkauft, und das nicht nur ein Mal. Hätte ich Gift, würde ich es ihr einflößen, bis es ihr zu den Ohren wieder herausläuft!«
Francesca genoss es, ihre Zofe zu beschimpfen, zumal ihr Vater seiner Miene zufolge sich ebenfalls getroffen fühlte. Am liebsten hätte sie ihre Wut ja an den beiden d’Specchis ausgelassen, die ihr nun noch widerwärtiger waren als früher. Da es bereits eine Schande war, sie einem Nichts wie Cirio d’Specchi als Gattin zu versprechen, so war dessen Überfall in den Katakomben ihrer Ansicht nach ein Schurkenstück, für das nicht einmal der Heilige Vater diejenigen, die es geplant hatten, vom Höllenfeuer freisprechen konnte.
»Beruhige dich doch, mein Kind!«, rief der Conte zu seiner Tochter hoch. »Glaube mir, es geschah alles zu deinem Besten!«
Es war gut, dass Francesca gerade nichts in der Hand hielt, sonst wäre es ihrem Vater an den Kopf geflogen.
Da Ercole Orsini begriff, dass der Zorn seiner Tochter sich nicht so schnell legen würde, hob er begütigend die Arme. »Dein Zimmerarrest wird selbstverständlich aufgehoben, mein Kind. Du kannst auch wieder in Begleitung einer Magd und eines Dieners in die Stadt gehen.«
»Nicht mit Annunzia, dieser Schlange!«, unterbrach Francesca ihn scharf.
»Ich sagte mit einer Magd und nicht mit deiner Zofe«, antwortete ihr Vater lächelnd. »Obwohl ich dir vorwerfen könnte, ungerecht gegen Annunzia zu sein. Sie will doch nur dein Bestes!«
»So wie ihr alle, was? Doch was ich denke und fühle, kümmert euch nicht!« Francesca brach in Tränen aus.
Plötzlich schob sich das Gesicht des jungen deutschen Ritters in ihre Gedanken, und sie wischte sich mit dem Handrücken die Nässe von den Wangen. »Ich habe mich gestern nicht bei dem fremden cavaliere für meine Rettung bedanken können. Es würde mich freuen, wenn Ihr mir erlauben würdet, dies noch zu tun. Ladet ihn heute Abend zum Essen ein.«
Falko Adler war ungefähr der letzte Gast, den Conte Ercole in seinem Haus sehen wollte, und so suchte er verzweifelt nach einer Ausrede. »Mein liebes Kind, ich weiß nicht, wo dieser edle Herr in Rom abgestiegen ist!«
»Wenn ich mich recht entsinne, nannte er den Campo Santo Teutonico. Dies ist auch wahrscheinlich, denn dort steigen die meisten Edelleute aus Germanien ab. Schickt einen Diener mit einer Einladung hin. Er wird ihn gewiss finden.«
Ercole Orsini wusste aus Erfahrung, wann er gegen seine Tochter den Kürzeren gezogen hatte, und nickte widerwillig. »Ich werde es tun, mein Kind – wenn du dich bezähmst.«
»Gerne, Papa! Aber eigentlich war ich ja gar nicht zornig.« Francesca knickste und verschwand wieder in ihrem Zimmer.
Mit verbissener Miene sah der Vater ihr nach und sagte sich, dass sie statt Nachsicht eher eine kräftige Tracht mit dem Lederriemen auf den blanken Hintern verdient hatte. Doch da ihr dieses Schicksal bei den d’Specchis drohte, wollte er ihr in seinem Haus noch einige Tage der Freude gönnen. Mit diesem Gedanken drehte er sich um und ging in Richtung seines Schreibzimmers. Unterwegs kam er an der Kammer vorbei, von der aus seine Frau den Haushalt unter Kontrolle hielt. Die Tür stand offen, und er sah, wie Annunzia sich Rotz und Wasser heulend bei ihrer Herrin über Francesca beschwerte.
»Eure Tochter ist eine Bestie, Contessa Flavia! Sie ist wie eine tollwütige Wölfin über mich hergefallen und hat mich die Treppe hinabgestoßen!«
Obwohl die Zofe die Tatsachen nur wenig zu ihren Gunsten bog, ärgerte Conte Orsini sich und trat ein. »Ganz so war es wohl doch nicht. Francesca hat dich nicht die Treppe hinabgestoßen. Du bist gestolpert. Außerdem kann ich ihren Zorn verstehen! Was musstest du sie gestern auch im Stich lassen? Du hättest mit den Knechten und der Sänfte auf sie warten müssen. So aber blieb ihr nichts anderes übrig, als
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