Toechter Der Suende
einen lumpigen Tedesco um Hilfe zu bitten. Ich werde ihn heute zum Abendessen einladen müssen, damit Francesca sich so bei ihm bedanken kann, wie es sich gehört.«
»Ihr wollt diesen Mann einladen?«, stieß seine Frau empört aus. »Der Kerl ist ein Knecht dieses elenden Friedrich, der sich anmaßt, sich zum Kaiser der Römer krönen lassen zu wollen.«
»Er ist der Mann, der unserer Tochter, als sie allein durch die Wildnis geirrt ist, eine helfende Hand geboten hat«, korrigierte Orsini und gab dann Annunzia einen Wink. »Lass dir von einer der Mägde das Blut abwaschen und ein Stück Kalbfleisch auf dein Gesicht legen, damit es nicht gar zu sehr anschwillt. Danach suchst du dir eine Arbeit, die dich so weit wie möglich von unserer Tochter fernhält. Bis Francesca sich wieder beruhigt hat, soll eine der Mägde ihr Zofendienste leisten.«
»Findet Ihr nicht, dass Ihr unserer Tochter zu viel nachgebt?«, fragte Contessa Flavia mit hörbarem Groll.
Orsini war nicht bereit, in Annunzias Anwesenheit über dieses Thema zu sprechen, und wartete, bis die Zofe das Zimmer verlassen hatte. Dann wandte er sich mit einer Miene an seine Gemahlin, die seine Autorität unterstreichen sollte. »Ich muss gestehen, dass ich Francescas Groll verstehe. Kein Mädchen macht das, was gestern mit ihr geschehen ist, gerne mit.«
»Ihr meint, Cirio d’Specchi ist zum Ziel gekommen?«, fragte seine Frau gespannt.
»Da bin ich mir sicher! Allerdings ist er in meiner Achtung gesunken, weil er hinterher nicht auf unser kleines Mädchen aufgepasst hat. Wie es aussieht, ist sie aus Scham und Wut vor ihm davongelaufen. Er hätte sie aufhalten und zu uns zurückbringen müssen. Stattdessen müssen wir einem schmutzigen Deutschen dankbar sein.« Beim letzten Satz klirrte Conte Ercole Stimme und verriet seinen Groll auf jenes Volk im Norden.
Contessa Flavia wischte sich nachdenklich über die Stirn. »Vielleicht ist es gar kein Schaden, dass Francesca diesen Tedesco getroffen hat. Wie es aussieht, steht er hoch im Rang und weiß sicher viel über die Pläne des deutschen Königs. Wenn Ihr es geschickt anfangt, wird er Euch davon erzählen, ohne dass er es selbst merkt.«
An diese Möglichkeit hatte Ercole Orsini noch gar nicht gedacht. »Ihr habt recht wie immer, meine Liebe. Das werde ich tun. Doch ich muss sagen, ich ärgere mich über die d’Specchis. Sie sind wirklich eine Sippe von Emporkömmlingen, die sich mit Diensten hochgearbeitet hat, über die ich besser nicht sprechen will.«
»Signore Cirio wird uns gewiss bald aufsuchen. Wahrscheinlich schämt er sich, weil er Francesca gestern verloren hat. Vielleicht solltet Ihr einen Diener in das Haus seines Vaters schicken und ihm mitteilen lassen, dass unsere Tochter wohlbehalten zu Hause angelangt ist.«
Ihr Mann kommentierte diese Worte mit einem verächtlichen Schnauben. »Wer bin ich, dass ich einem d’Specchi nachlaufen muss? Er soll gefälligst selbst kommen!«
Damit war für Ercole Orsini dieses Thema erledigt, und seine Frau war klug genug, es nicht wieder anzusprechen.
13.
W ährend Conte Orsini trotz der seltsamen Umstände glaubte, es wäre alles so gelaufen, wie Dario d’Specchi und er es geplant hatten, herrschte in der Casa d’Specchi das Gefühl vor, auf schwankendem Boden zu stehen. Cirio d’Specchi lag noch immer ohne Bewusstsein auf seinem Bett. Für seinen Vater war der Zustand kaum zu ertragen, und er hetzte seine Frau und seine Töchter von einer Kirche in die andere, um für den Verletzten zu beten und Kerzen für ihn anzuzünden. Er selbst wich kaum einen Augenblick von Cirios Bett und harrte voller Anspannung auf ein Zeichen, dass es seinem Sohn besserging.
Inzwischen hatte der Arzt erlaubt, das Gesicht des Verletzten mit Eis zu kühlen. Da d’Specchi selbst keins in seinen Kellern hatte, musste er es holen lassen. Bei der sommerlichen Hitze aber war es beinahe zerlaufen, als er es endlich auflegen konnte.
Verzweifelt dachte Dario d’Specchi darüber nach, wer Cirio so zugerichtet haben konnte. Die Auswahl war so groß, dass sein Hass sich beinahe in jedem neuen Augenblick gegen einen anderen vermutlichen Feind richtete. Daher war er froh, als sein Türhüter Gianni ankündigte.
Obwohl dieser nicht zu jenen Leuten zählte, mit denen er offiziell verkehrte, hieß er den jungen Mann überschwenglich willkommen.
» Buon giorno, Gianni, ich habe dich bereits schmerzlich vermisst. Bist du gestern noch bei Conte Orsini gewesen?«
Gianni nickte. »Das
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