Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toechter Der Suende

Toechter Der Suende

Titel: Toechter Der Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
Kunststücken die Burgbesatzung ablenken und mir damit die Zeit verschaffen, nach meiner Tochter zu suchen.«
    Unterdessen war Jossis Frau herangewalzt. Sie war beinahe noch dicker als die Mutter ihres Mannes, die Marie damals ebenfalls kennengelernt hatte. Doch das Gesicht und der Hals der Frau wirkten faltiger, als es bei ihrem Alter und ihrer Fülle zu erwarten gewesen wäre. Offenbar hatte sie ebenfalls eine Weile hungern müssen.
    Marie wartete gespannt darauf, was die Frau sagen würde. Auch wenn Jossi der Anführer war, würde er nicht gegen den Rat seines Weibes handeln.
    Die Frau stellte sich in Positur, um ihre Bedeutung für die Truppe zu unterstreichen. »Die Burgbesatzung abzulenken wird leichter sein, als Ihr Euch denkt, edle Dame. Wir haben ein paar Huren bei uns, und die sorgen schon dafür, dass die Kerle für nichts anderes mehr Augen haben.«
    Aus ihr sprach dieselbe Verachtung, die auch die Frau des älteren Jossi gezeigt hatte, fand Marie, und das machte ihr das Weib nicht sympathischer. Ihr Blick glitt unwillkürlich über die Gruppe, und sie entdeckte die beiden Huren auf Anhieb. Genau wie Hiltrud damals hielten auch diese sich abseits und kochten für sich selbst.
    Die beiden waren nicht mehr jung, aber auch noch nicht zu alt, leidlich hübsch, allerdings schlecht gekleidet und so mager wie die meisten Frauen im Lager, abgesehen von der Prinzipalin. Die Gruppe bot ihnen Schutz gegen vielerlei Gefahren, lieferte sie im Gegenzug jedoch den Begehrlichkeiten der Männer und der Ablehnung und der Verachtung der Frauen aus.
    Nur mühsam kämpfte Marie die Schatten der Vergangenheit nieder, die in ihr aufgestiegen waren, und nickte Jossis Weib zu. »Auch die Huren werden belohnt werden!«
    Einige Gauklerinnen sahen so aus, als dächten sie ebenfalls über diesen Nebenverdienst nach. Die Prinzipalin hingegen fragte Marie, was ihnen diese Sache einbringen würde.
    Da es Marie um die Rettung der Tochter ging, dachte sie nicht daran, lange zu feilschen, sondern nannte die Summe. »Einhundert Gulden für die gesamte Gruppe und noch einmal je drei Gulden für jeden von euch, vom Greis bis zum Säugling!«
    »Gilt das hier auch schon?«, fragte eine Frau und zeigte auf ihren Bauch, der sich bereits stark wölbte.
    Marie musste lachen. »Von mir aus! Wenn ihr mir helft, lasse ich heute noch Vorräte aus meiner Burg hierherschaffen. Morgen brechen wir auf. Wir werden drei Tage brauchen, um an unser Ziel zu gelangen, und dürfen dabei nicht verweilen.«
    Während die meisten der Gruppe keine Zweifel hegten, überlegte der Prinzipal, ob sie das Risiko auf sich nehmen sollten. Die Burgherrin hatte ihnen zwar genug Geld versprochen, um ein paar neue Wagen bauen zu lassen und Pferde kaufen zu können, aber was war, wenn der Ritter sie verfolgte? Er fragte nach.
    »Ich werde dafür Sorge tragen, dass wir rechtzeitig Unterstützung durch einen Trupp Waffenknechte erhalten«, antwortete Marie und stellte ihm nun die entscheidende Frage. »Bist du bereit, mir zu helfen?«
    Jossi fühlte sich wie ein auf eine Gabel aufgespießter Aal. Hilfesuchend sah er seine Frau und seine Leute an und erblickte nichts als freudige Erwartung in aller Augen.
    »Wir hatten in letzter Zeit viel Pech«, sagte er bedrückt. »Erst ging uns ein Wagen kaputt, dann verreckten zwei Pferde – und mein Ältester starb, als er auf einem Seil die Strecke zwischen zwei Türmen einer Burg überwinden sollte und einer der Männer des Burgherrn einen Stein nach ihm warf. Er verlor das Gleichgewicht und brach sich das Genick. Wenn wir je wieder auf die Beine kommen wollen, brauchen wir Euer Geld. Ich habe jedoch Angst, dass wir es zu teuer erkaufen müssen.«
    »Ich werde euch jeden Schaden ersetzen!« Marie hoffte, dass sie nicht auch für verlorene Leben würde zahlen müssen. Die Sache war gefährlich, aber in ihren Augen der einzig gangbare Weg, Hildegard zu retten. Mit entschlossener Miene wandte sie sich an ihre Töchter.
    »Wir reiten wieder nach Hause, damit ich mir ein Kleid nach der Art dieser Leute machen kann. Außerdem sollen sich vier oder fünf Waffenknechte als Gaukler verkleiden.«
    »Ich denke nicht daran, dich allein zu lassen«, rief Trudi aus. »Ich komme mit!«
    Lisa fasste Maries Arm und zerrte daran. »Ich auch!«
    »Nein, mein Kind! Du wirst auf Kibitzstein bleiben und auf deinen Mann warten. Ich werde ihm noch heute einen Brief schreiben und diesen mit einem Boten losschicken. Wir brauchen Henneberg und etliche wackere Kerle

Weitere Kostenlose Bücher