Toechter Der Suende
die ihren Inhalt in der halben Kammer verteilt hatte, und auf die Wasserlache am Boden. Dann stieß er die Luft durch die Zähne.
»Ihr … du!«, korrigierte er sich. »Du bist ungeschickt und dumm. Deine Mutter müsste froh sein, dich loszuwerden.«
»Aber gewiss nicht an Euch!« Hildegard kehrte zu ihrem primitiven Lager zurück, setzte sich darauf und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand.
»Ihr werdet mir wohl etwas anderes zum Essen und Trinken holen müssen«, sagte sie dann mit spöttisch verzogener Miene.
»Meinetwegen kannst du verhungern!« Reckendorf verließ die Kammer und schlug die Tür hinter sich zu. Auf dem Weg in sein Zimmer fiel ihm ein, dass er ganz vergessen hatte, den Schlüssel umzudrehen und abzuziehen. Schnell kehrte er um und erreichte die Tür in dem Augenblick, in dem Hildegard hinausschlüpfen wollte.
Er schob sie in ihre Kammer zurück und grinste zufrieden, als er ihren enttäuschten Aufschrei vernahm. »So schnell lasse ich dich nicht aus den Händen, meine Liebe«, höhnte er und quittierte ihren zornigen Wortschwall mit einem schallenden Lachen.
Mit vor der Brust verschränkten Armen sah er zu, wie sie wieder zu ihrem Lager zurückkehrte und sich mit hängenden Schultern darauf niederließ. Dabei fiel ihm auf, dass sie noch immer das Kleid trug, in dem er sie entführt hatte. Trotz ihrer primitiven Unterkunft war es Hildegard gelungen, es halbwegs sauber zu halten.
In dem Augenblick wusste Reckendorf, wie er sie noch stärker treffen konnte als mit Drohungen und schlechtem Essen. Zufrieden schloss er die Tür ab und ging quer durch den Palas der Burg, bis er zu dem Raum kam, in dem die Mägde schliefen. Dort raffte er mehrere Kleidungsstücke an sich, die besonders schmutzig und abstoßend aussahen und auch so rochen.
Eine ältere Frau, die gerade hereinkommen wollte, prallte bei seinem Anblick zurück und presste sich die Hände auf den Mund, um keinen Laut von sich zu geben. Lautlos wich sie rückwärtsgehend zurück, bis sie den Seitengang erreichte, der zur Küche führte, und rannte ihn hinunter.
»Unser Herr kann nicht mehr bei Sinnen sein«, rief sie der Köchin und den anderen Mägden zu. »Er hat eben die schmutzigsten Kleider aus unserer Kammer geholt!«
Die Köchin verzog das Gesicht. »Als es hieß, Reckendorf würde die Burg erben, wusste ich, dass wir kein gutes Leben mehr haben würden. Doch er hat selbst meine schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen. Das arme Mädchen! Nur ein Schurke tut so etwas.«
»Sag das nicht zu laut! Die Kerle, die er mitgebracht hat, sind gleich mit Schlägen bei der Hand.«
»Dieser Bertschmann gleich gar! Der Kerl verteilt Ohrfeigen wie der Frühling Blüten. Außerdem ist er hinter jedem Weiberrock her. Und so was ist der Kastellan des Herrn. Pfui Teufel, sage ich da nur!«
Im nächsten Moment schlug sich die Köchin erschrocken die Hand vor den Mund, denn Bertschmann blickte gerade durch die halb offen stehende Tür in die Küche, ging aber mit einem obszönen Fluch weiter. Die Mägde, die bei ihrer Ankunft auf der Burg sauber und adrett gewesen waren, hatten sich in wahre Dreckspatzen verwandelt, um ihn und andere Männer abzuschrecken, denen es nach einer kurzen Zweisamkeit in einem verborgenen Winkel gelüstete.
Bertschmann stieg zu Reckendorfs Gemächern hoch und fand diesen dabei, wie er ekelhaft schmutzige Lumpen sortierte. »Was macht Ihr denn da?«, fragte er verblüfft.
»Die Gefangene hat mich lange genug geärgert. Jetzt bekommt sie diese Kleidung. Etwas Besseres verdient sie nicht!«, erklärte der Junker verbissen.
Bertschmann bedachte ihn mit einem angewiderten Blick. »Soll die Jungfer denn genauso stinken wie die anderen Weiber auf dieser Burg? Wenn ich sie unter mich zwinge, will ich mir dabei nicht die Nase zuhalten müssen.«
»Du kannst sie ja vorher waschen, wenn es so weit ist!« Diesmal sprach Reckendorf seinen Untergebenen nicht wie einen Edelmann, sondern wie einen schlichten Kriegsknecht an. Er hatte sich seit Hildegards Entführung allzu häufig über seinen Kastellan ärgern müssen. Daher packte er die ausgesuchten Kleider, kehrte Bertschmann wortlos den Rücken zu und verließ seine Kammer.
Erregt folgte ihm der Kastellan. »Ihr begeht einen Fehler, Herr, dieses Weibsstück so lange gefangen zu halten! Damit gebt Ihr nur der Mutter die Gelegenheit, ihre Freunde um sich zu sammeln. Ehe Ihr es Euch verseht, stehen zwei-, dreihundert Mann vor den Toren der Burg.«
Reckendorf drehte
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